Austritt aber doch nicht ausgetreten: Die Tücken des fehlerhaften Gesellschafteraustritts in der GbR.

  • 4 Minuten Lesezeit

1. Einleitung

In der Welt des Unternehmertums gibt es viele Situationen, in denen ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausscheiden möchte. 

Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen, wie zum Beispiel wegen Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern, finanziellen Schwierigkeiten oder einfach aufgrund einer Veränderung der persönlichen oder beruflichen Umstände. In solchen Fällen ist es wichtig, den Austritt korrekt zu handhaben, um rechtliche Komplikationen zu vermeiden. Doch was passiert, wenn der Austritt fehlerhaft ist? 

In diesem Artikel werde wird das Problemthema des fehlerhaften Gesellschafteraustritts aus einer GbR umrissen.


2. Was ist ein fehlerhafter Gesellschafteraustritt und woraus wird dieser Rechtsgedanken konstruiert?

Ein fehlerhafter Gesellschafteraustritt in einer GbR kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. 

Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? 

Ein fehlerhafter Gesellschafteraustritt tritt auf, wenn ein Gesellschafter glaubt, aus der GbR ausgetreten zu sein, dies aber tatsächlich nicht der Fall ist (aus formellen und/oder materiellen Gründen). Damit ein Austritt aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wirksam wird, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese richten sich primär nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag und sodann nach dem materiellen Recht. Beispielsweise muss die Kündigung des Gesellschaftsvertrags formell und materiell durchgeführt werden.

Es findet in diese Konstellation der vom BGH begründete Rechtsgedanke zur fehlerhaften Gesellschaft Eingang. Er besagt, dass eine Gesellschaft, die formell nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, dennoch als de facto existent angesehen werden kann, wenn die Gesellschafter sie als solche behandeln und sie im Geschäftsverkehr als solche auftritt. 

Dieser Rechtsgedanke wird auf den fehlerhaften Gesellschafteraustritt analog angewendet, um die Rechte und Pflichten der verbleibenden Gesellschafter und des ausscheidenden Gesellschafters zu klären.


3. Rechtsfolgen eines fehlerhaften Gesellschafteraustritts

Wenn ein Gesellschafter fälschlicherweise annimmt, aus der GbR ausgeschieden zu sein, entstehen zahlreiche Unklarheiten und Unsicherheiten. Die Gesellschaft besteht weiterhin, und der vermeintlich ausgetretene Gesellschafter bleibt an den Verpflichtungen und Rechten der GbR gebunden. Dies bedeutet, dass er weiterhin haftet und unter Umständen auch für etwaige Verbindlichkeiten der GbR aufkommen muss.

Es entstehen problematische Rechtsfolgen für alle (!) Gesellschafter im Zivilrecht, im Steuerrecht und ggf. sogar im Strafrecht.

Eine fehlerhafte Austrittserklärung kann zum Beispiel dazu führen, dass der Austritt nicht wirksam wird und der Gesellschafter trotz seiner Erklärung weiterhin Mitglied der Gesellschaft bleibt. In diesem Fall ist der ausgeschiedene Gesellschafter weiterhin zur Mitwirkung und Teilnahme an den Geschäften der GbR verpflichtet. Darüber hinaus kann es zu einer außerordentlichen Kündigung kommen, wenn die Gesellschaft den fehlerhaften Austritt als vertragswidrig ansieht. 

Auch die Auflösung der Gesellschaft kann eine Konsequenz eines fehlerhaften Gesellschafteraustritts sein. Wenn durch den fehlerhaften Austritt die Anzahl der verbliebenen Gesellschafter unter die gesetzlich oder vertraglich festgelegte Mindestanzahl fällt, kann dies zur Auflösung der GbR führen. Diese Auflösung kann sowohl wirtschaftliche als auch rechtliche Folgen haben, da unter anderem die Geschäftstätigkeit eingestellt werden muss und Vermögenswerte aufgelöst werden müssen.

Steuerrechtlich kann weiter eine Mitunternehmerschaft nach § 15 EStG angenommen werden.


4. Handlungsansätze zur Vermeidung eines fehlerhaften Gesellschafteraustritts

Im Rahmen eines fehlerhaften Gesellschafteraustritts in der GbR ist es von großer Bedeutung, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, um solch unerwünschte Situationen zu vermeiden. Durch eine sorgfältige Planung und Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen können potenzielle Fehlerquellen minimiert werden. 

So sollte der Austritt eines Gesellschafters in Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag und einem hierin konkret festgelegten Prozedere einhergehen. Diese Regelung kann quasi als "Marschroute" für einen ordnungsgemäßen Austritt zugrunde gelegt werden. 

Selbstverständlich ist auch immer bei einem Gesellschafterwechsel anzuraten, einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen, zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Verflechtungen ist es für einen Nichtjuristen nahezu unmöglich, die jeweiligen Rechtsfolgen im Gesamten zu überschauen.


5. Fazit: Der fehlerhafte Gesellschafteraustritt birgt Risiken - Prävention ist besser als Nachsorge

Abschließend lässt sich festhalten, dass ein fehlender Gesellschafteraustritt erhebliche Risiken mit sich bringt. Eine präventive Herangehensweise, die eine juristisch fundierte Gestaltung des Gesellschaftsvertrags sowie eine umfassende rechtliche Beratung beinhaltet, ist daher unumgänglich.

Denn im Falle eines fehlerhaften Austritts ist die Nachsorge oft mit erheblichem Aufwand und möglicherweise langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen verbunden. Daher gilt es, die Risiken zu minimieren und einen gesetzeskonformen Gesellschafteraustritt zu gewährleisten.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für eine rechtliche Beurteilung und Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung und vertrete durchsetzungsstark und resolut auch Ihre Interessen ggü. der Gesellschaft und den (Mit)Gesellschaftern. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch oder schreiben Sie mich an.

Ich berate bundesweit vor Ort oder via Zoom als Fachanwalt in den Rechtsgebieten Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Insolvenzrecht, insbesondere in den Städten und Großräumen um Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Freiburg, Ulm, Augsburg, München, Frankfurt, Wiesbaden, Saarbrücken, Kaiserslautern, Bonn, Wuppertal, Duisburg, Nürnberg, Münster, Saarbrücken, Düsseldorf, Köln, Dortmund, Hannover, Kassel, Leipzig, Dresden, Bremen, Hamburg und Berlin.


#Personengesellschaft #Personengesellschaften #Gesellschaftsrecht #Beschlüsse #GbR #Nachfolge #Rechtsnachfolge #fehlerhafteGesellschaft #Gesellschafteraustausch #Gesellschaftsanteil #Gesellschaftsvertrag #fehlerhafterGesellschafteraustritt #Mitunternehmerschaft #Ausscheiden #Gesellschafterstreit #FachanwaltGesellschaftsrecht #FachanwaltHandelsrecht #FachanwaltSteuerrecht #FachanwaltInsolvenzrecht #Rechtsanwalt #Anwalt #Spezialist #Fachanwalt

Foto(s): Dr. Holger Traub


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.

Beiträge zum Thema