BAG: Benachteiligung schwerbehinderter Bewerber durch öffentlichen Arbeitgeber

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Geht dem öffentlichen Arbeitgeber die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zu, muss er diese zu einem Vorstellungsgespräch einladen (vgl. § 82 Satz 2 SGB IX a. F. bzw. § 165 S. 3 SGB IX n. F.). Unterlasse er dies, sei er dem erfolglosen Bewerber allerdings nicht bereits aus diesem Grund zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verpflichtet.

Das Unterlassen einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch sei lediglich ein Indiz i.S.v. § 22 AGG, das die Vermutung begründe, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nicht eingestellt wurde. Diese Vermutung könne der Arbeitgeber, nach § 22 AGG widerlegen. Dies hat das BAG in seinem Urteil vom 23.1.2020 entschieden (vgl. BAG-Pressemitteilung Nr. 5/20 unter Hinw. auf: BAG, U. v. 23.1.2020 – 8 AZR 484/18).

Dem lag die Klage eines Bewerbers auf eine für den Oberlandesgerichtsbezirk Köln ausgeschriebene Stelle als Quereinsteiger für den Gerichtsvollzieherdienst zugrunde (a.a.O.). Diese Bewerbung war mit dem deutlichen Hinweis auf seinen Grad der Behinderung von 30 und seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen versehen (a.a.O.). Der Kläger wurde, obwohl er fachlich für die Stelle nicht offensichtlich ungeeignet war, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen (a.a.O.).

Mit seiner Klage hat er vom beklagten Land eine Entschädigung i. H. v. 7.434,39 Euro verlangt. Das beklagte Land hatte eingewandt, die Bewerbung des Klägers sei aufgrund eines schnell überlaufenden Outlook-Postfachs und wegen ungenauer Absprachen unter den befassten Mitarbeitern nicht in den Geschäftsgang gelangt (a.a.O.). Schon aus diesem Grund sei der Kläger nicht wegen der (Schwer-)Behinderung bzw. Gleichstellung benachteiligt worden (a.a.O.).

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte ihr teilweise stattgegeben und dem Kläger eine Entschädigung i. H. v. 3.717,30 Euro zugesprochen. Die Revision des beklagten Landes vor dem BAG blieb nun erfolglos (a.a.O.).

Der Kläger habe Anspruch auf eine Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG in der zugesprochenen Höhe (a.a.O.). Das beklagte Land hätte den Kläger, dessen Bewerbung ihm zugegangen war, nach § 82 Satz 2 SGB IX a. F. zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen (a.a.O.). Die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch begründe die Vermutung, dass der Kläger wegen seiner Gleichstellung mit einer schwerbehinderten Person benachteiligt wurde (a.a.O.). Diese Vermutung sei nicht widerlegt worden (a.a.O.). Insoweit habe das beklagte Land sich nicht mit Erfolg darauf berufen können, die Bewerbung sei nicht in den Geschäftsgang gelangt (a.a.O.). Dass ihm trotz Zugangs der Bewerbung ausnahmsweise eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht möglich war, habe es nicht vorgetragen (a.a.O.). Auch die Höhe der Entschädigung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden (a.a.O.).

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