Das Paradoxon der betrieblichen Altersversorgung

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Betriebliche Altersversorgung gerade bei mittelständischen Unternehmen ist in der Vergangenheit häufig versicherungsförmig dominiert. Direktversicherungen und Pensionskassen sind als gewählte Durchführungswege häufig anzutreffen.
Bei Pensionskassen zeigten sich die größten Probleme in jüngster Zeit. 29 Pensionskassen soll die BaFin eine Rentenkürzung genehmigt haben, mit der Folge der Arbeitgeberhaftung, wie sie bei Kassen wie der Caritas Pensionskasse oder der Kölner Pensionskasse bereits erfolgt sind. (siehe meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/koelner-pensionskasse-caritas-pensionskasse-geschaeft-mit-fragwuerdigen-und-unserioesen-empfehlungen_184521.html)

Direktversicherungen gelten irrtümlich häufig als problemlos. Auch hier passieren allerdings in der Praxis eine Reihe von Fehlern und Irrtümern, die zu Haftungsthemen führen (siehe: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-20-groessten-irrtuemer-der-arbeitgeber-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185244.html und https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-25-groessten-bav-fehler-und-maengel-der-betrieblichen-altersversorgung-in-versorgungswerken_185712.html)

Die reine Entscheidung zu versicherugsförmigen Systemen aus Bequemlichkeit oder aufgrund eindimensionaler, wenig nutzenorientierter betriebswirtschaftlicher Beratung führt in der Praxis zu paradoxen und bei näherer Betrachtung oft ungewünschten Situationen.

1. Liquiditätsabfluss bei versicherungsförmigen Durchführungswegen

Viele - gerade kleine und mittelständische - Unternehmer setzen für die Durchführung ihrer betrieblichen Altersversorgung versicherungsförmige Durchführungswege wie die Direktversicherung, die Pensionskasse oder auch den Pensionsfond, ein. Selbst interne Durchführungswege wie die Unterstützungskasse werden oft durch Versicherungen rückgedeckt.

Unabhängig davon, ob die betriebliche Altersversorgung über Entgeltumwandlung arbeitnehmerfinanziert ist oder rein arbeitgeberfinanziert oder auch mischfinanziert ist, die Überweisung an jede dieser Versorgungseinrichtungen ist ein Liquiditätsabfluss. Oft dringend notwendige Liquidität wird dem Unternehmen Monat für Monat endgültig entzogen. Betriebswirtschaftlich ist dies häufig nicht nur nachteilig, sondern zum Teil auch gar nicht verantwortbar, wenn jeder Euro Liquidität entweder gebraucht oder als Reserve unternehmerisch sinnvoll wäre. Liquidität geht vor Rentabilität, was viele Unternehmer gerade in der Coronakrise erfahren durften, wenn die Bezahlung der Rechnungen schleppend verlief oder ausfiel.

2. Keine Enthaftung für den Arbeitgeber trotz Überweisung

Noch mehr Grund zum Nachdenken haben die Unternehmer, wenn man weiß, dass diese monatlichen Überweisungen an Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds weder für den Unternehmer eine Enthaftung bedeuten, noch ihn von einer Verpflichtung gegenüber dem Mitarbeiter befreit. Pay & Forget gibt es nur im Sozialpartnermodell bei der sogenannten Nahles-Rente. Bei allen anderen Durchführungswegen haftet der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG für die von ihm gemachten Zusagen.

3. Bankengespräche zur Aufrechterhaltung des Kontokorrents, zusätzliche Sicherheiten

Betriebswirtschaftlich paradox wird eine derartige Handhabung insbesondere dann, wenn man parallel zur Überweisung an Versicherungsgesellschaften Bankgespräche führt, um den Kontokorrentkredit aufrecht zu erhalten oder auszuweiten. Die Banken stellen häufig Forderungen nach zusätzlichen und höheren Sicherheiten und nehmen dem Unternehmer damit immer mehr liquiditätsmäßigen Spielraum. Die Anforderungen an Kreditgewährungen beginnen derzeit bereits höher zu werden und der Erhalt von Darlehen schwieriger.
(siehe meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/coronakrise-banken-vergeben-darlehen-restriktiver-bedeutung-der-innenfinanzierung-steigt_184667.html)

4. Fazit

Unternehmer werden zukünftig mehr denn je den Weg von Außenfinanzierung zu Innenfinanzierung suchen müssen. Langfristig sichere und planbare Finanzierungen schaffen Sicherheit und Bankenunabhängigkeit.
Die betriebliche Altersversorgung mit monatlich oft erheblichen Beträgen, die das Unternehmen verlassen, stellt einen sehr guten Ansatzpunkt für die Schaffung langfristiger Liquidität dar. Die Vorteile daraus genießt nicht nur der Arbeitgeber (siehe meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-unternehmenseigene-bank-mit-dem-mitarbeitersparbuch_186198.html), auch der Mitarbeiter sichert dadurch seinen Arbeitsplatz, stärkt sein Unternehmen und baut sich eine effektive Altersversorgung auf.

Gerne helfe ich Ihnen bei einer rechtssicheren Umstellung Ihrer betrieblichen Altersversorgung.


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Foto(s): AUTHENT

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