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Kein Hartz IV für Hauseigentümer?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Arbeitslosengeld 2 (ALG II) – vor allem als Hartz IV bekannt – bekommt man nur unter bestimmten Voraussetzungen. So muss man unter anderem hilfebedürftig sein – das ist man aber nur, wenn man weder Einnahmen noch Vermögen hat, um sich damit selbst zu versorgen, vgl. § 9 I Sozialgesetzbuch 2 (SGB II). Eine Immobilie beispielsweise muss veräußert werden – mit dem Erlös kann man einige Zeit über die Runden kommen. Erst wenn das Vermögen vollständig aufgebraucht ist, kann man Hartz IV fordern. Doch gilt das auch für das selbstbewohnte Eigenheim?

Darlehen statt Zuschuss

Ein Ehepaar errichtete im Jahr 1996 ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 143,93 m² und bezog es zusammen mit seinen vier Kindern. Einige Jahre später – die Eheleute erhielten mittlerweile Hartz IV – hatten sich drei Kinder eine eigene Bleibe gesucht. Lediglich der jüngste Sohn wohnte noch mit seinen Eltern in dem Haus.

Als die Eheleute beim zuständigen Jobcenter einen Fortzahlungsantrag stellten, lehnte es eine Hartz-IV-Zahlung als Zuschuss ab – es gewährte die Leistungen vielmehr nur als Darlehen. Schließlich stelle das Eigenheim Vermögen dar, das vorrangig zu verwerten sei. Darin sahen die Eheleute jedoch eine besondere Härte. Sie hätten die Immobilie selbst gebaut und lebten nach wie vor dort. Das Gebäude sei daher Schonvermögen und müsse nicht verwertet werden, vgl. § 12 III Nr. 4 SGB II. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.

Eheleute sind nicht bedürftig

Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) hatte das Jobcenter die Leistungen zu Recht nur als Darlehen gewährt. Schließlich waren die Eheleute nicht hilfebedürftig.

Gemäß § 12 III Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Eigenheim in der Regel als sog. Schonvermögen zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob jemand Anspruch auf ALG-II-Leistungen hat, bleibt dieses Vermögen also unberücksichtigt. Der Hilfebedürftige muss daher sein Eigenheim nicht veräußern, sondern kann darin wohnen bleiben.

Allerdings gilt diese Regel nur, wenn das Haus bzw. die Wohnung eine angemessene Größe hat. Hiervon ist nicht mehr auszugehen, wenn jemand z. B. allein in einem „Luxuspalast“ mit zehn Schlafzimmern lebt.

Laut BSG ist es z. B. noch angemessen, wenn vier Personen in einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 m² leben. Pro Person ist dabei ein Abzug bzw. eine Hinzurechnung von 20 m² vorzunehmen. Somit ist bei einem Dreipersonenhaushalt zur Zeit des Leistungsbezugs nur noch eine Wohnfläche von 110 m² als angemessen anzusehen.

Im vorliegenden Fall betrug die Wohnfläche des Einfamilienhauses jedoch 143,93 m² – die zulässige Grenze von 110 m² war damit erheblich überschritten. Aus diesem Grund gehörte die Immobilie nicht mehr zum Schonvermögen.

Auch konnten die Richter in der Pflicht der Hartz-IV-Empfänger zum Hausverkauf vor Leistungsbezug keine besondere Härte erkennen. Ferner war die Verwertung des Hausgrundstücks nicht offensichtlich unwirtschaftlich, es könnte theoretisch innerhalb weniger Monate und ohne erhebliche wirtschaftliche Verluste veräußert werden.

Fazit: Die Arbeitsagentur bzw. das Jobcenter wird Hartz IV nur bewilligen, wenn der Antragsteller hilfebedürftig ist. Das ist in der Regel jedoch nicht der Fall, wenn er über Barvermögen, Einkommen oder Grundbesitz verfügt. So ist etwa ein Hausgrundstück zu verkaufen und der Erlös für den Lebensunterhalt zu verwenden. Anderes kann aber bei einer selbst bewohnten Immobilie mit angemessener Wohnfläche gelten.

(BSG, Entscheidung v. 12.10.2016, Az.: B 4 AS 4/16 R)

(VOI)

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