Lärmbelästigung in Ihrer Eigentumswohnung – Ihre Rechte gegenüber Miteigentümern

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Lärm aus der Nachbarwohnung. 

Was kann ich tun, wenn mein Nachbar und Miteigentümer zu laut ist.

Sie besitzen seit Jahren eine schöne Eigentumswohnung in einem im Jahre 1962 gebautem Haus mit mehreren Miteigentümern. Das Dachgeschoss direkt über Ihrer Wohnung wurde in den neunziger Jahren zu einer Wohnung ausgebaut. Als Bodenbelag ist in der Wohnung Teppich verlegt worden. 

Jahre später wird durch den Eigentümer der Dachgeschosswohnung der zwischenzeitlich ziemlich abgetretene Teppichboden ersetzt. Ihr Nachbarn findet mittlerweile einen Fliesenbelag besser und lässt einen solchen verlegen. 

Jetzt stellen Sie fest, dass sich die Geräusche aus der Wohnung – für Sie unerträglich – erhöht haben. Sie beantragen auf der nächsten Eigentümerversammlung, dass ein Trittschallgutachten erstellt werden soll. Dieser Antrag wird beschlossen und der Verwalter gibt ein entsprechendes Gutachten in Auftrag. Dieses Gutachten ergibt, dass die Trittschalldämmung der Wohnungstrenndecke mit dem Fliesenbelag nicht den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspricht.

Sie bitten nun  Ihrem Nachbarn, dass er wieder Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag verlegen lässt. Erklären sich aber auch einverstanden, wenn  durch geeignete Maßnahmen ein Normtrittschallpegel des Fußbodens hergestellt wird, der als erträglich anzusehen ist.

Ihr Nachbar stellt sich aber leider stur. Er möchte aus Gründen leichterer Pflege den Fliesenbelag behalten. Sein Hauptargument:

Das Gebäude sei alt und würde ohnehin die heute geltenden Schallschutznormen nicht einhalten. 

Dämm-Maßnahmen, die dem heutigen Schallschutz entsprächen, könne man auch nachträglich nicht mehr herstellen. 

Was Sie verlangen käme einem Neubau des Gebäudes gleich und im Übrigen seien Sie über das übliche Mass hinaus lärmempfindlich.

Ihnen bleibt nun leider keine andere Wahl und Sie kommen zu mir, um sich entsprechenden juristischen Rat zu holen.

Trotz freundlichster Ansprache und Appelle von mir, den Hinweis auf gute nachbarschaftliche Verhältnisse, lässt sich Ihr Nachbar nicht überzeugen.

Was bleibt, ein Gericht muss nun entscheiden. Eine entsprechende Klage wird vorbereitet und eingereicht.

Wie erwartet entscheidet das Amtsgericht zu Ihren Gunsten. 

(vergl. hierzu auch das Urteil des AG Mönchengladbach – Urteil vom 28. November 2018 – 36 C 438/17, der hier beschriebene Fall ist auf diesem Sachverhalt aufgebaut)

Dies will Ihr Nachbar aber nicht hinnehmen und er legt gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes Berufung ein. Nun muss das Landgericht entscheiden und auch dort stellen die Richter fest, (vergl. hierzu auch das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.06.2019, Aktenzeichen 19 S 152/18), "dass ein grundsätzlicher Anspruch für Sie darauf besteht, dass Sie auf die Fortdauer des infolge des Bauzustands vorgeprägten Schallschutzniveaus vertrauen dürfen."

Diesen Vertrauensschutz hatte auch bereits das Oberlandesgericht in Schleswig in seinem Beschluss v. 08.08.2007, Aktenzeichen 2 W 33/07 festgestellt.

Ihr Nachbar ist aber hartnäckig und greift die Urteile mit einer Revision vor dem Bundesgerichtshof an.

Und dieser hat am 26. Juni 2020 – mit seinem Urteil zum Aktenzeichen V ZR 173/19 nunmehr endgültig und klarstellend für Sie entschieden, dass Ihr Nachbar zumutbare Maßnahmen ergreifen muss, um  keinem anderen der Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Mass hinaus einen Nachteil zuzufügen.

Keinem dürfen Nachteile zugefügt werden, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Mass hinausgehen.

Im einzelnen hat der BGH noch einmal klar hervorgehoben, dass der rechtliche Maßstab der § 14 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten. Jeder Eigentümer darf von  seinem Sondereigentum, wozu auch der Oberbodenbelag in seiner Wohnung gehört, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass seinem Nachbar kein Nachteil entsteht. Ein Nachteil ist in dem Fall, der deutlich höhere Lärmpegel durch den neu verlegten Fliesenbelag.

Sollte also bereits der Schallschutz vorher nicht ausgereicht haben, ist dies kein Freibrief jetzt noch einen „oben draufzusetzen“ und auch keine Ausrede  sich auf den bereits vorhanden mangelhaften Schallschutz zu berufen. Der BGH stellt klar, dass im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander die DIN 4109 die Norm ist, nach der sich die Nachbarn zu richten haben.

Er führt hierzu im Einzelnen aus:

„Zwar muss der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden, insbesondere durch die Art und den Aufbau der Geschossdecke und des Estrichs. Daraus folgt aber nur, dass das mittels der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile bislang erreichte Schallschutzniveau bei Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum im Prinzip erhalten bleiben muss und jedenfalls nicht signifikant verschlechtert werden darf. Das ändert nichts daran, dass der Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 1 WEG gehalten ist, insbesondere bei der Änderung des Bodenbelags darauf zu achten, dass die durch die DIN 4109 vorgegebenen schallschutztechnischen Mindestanforderungen eingehalten werden.

Anders kann es sein, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümer keine zumutbare Abhilfemöglichkeit hat. Solange er aber mit zumutbaren Maßnahmen an seinem Sondereigentum die Mindestanforderungen an den Trittschallschutz einhalten kann, wie etwa durch die Verlegung eines schalldämpfenden Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags, kann der andere Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB und § 15 Abs. 3 WEG i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG von ihm die Beseitigung der Beeinträchtigungen seines Wohneigentums verlangen.“

Fazit: Lärm aus der Nachbarwohnung müssen Sie nicht dulden, wenn Ihr Nachbar mit zumutbaren Mitteln diesen Lärm abstellen oder wenigstens auf ein erträgliches Mass reduzieren kann.



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