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Mindestlohn: angemessene Nachtzuschläge für Zeitungszusteller

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Wer Nachtzuschläge bekommt, ist gesetzlich geregelt – die konkrete Höhe der Zulagen dagegen nicht. Daher müssen immer wieder Gerichte entscheiden, wie viel Geld nachts arbeitende Menschen am Ende tatsächlich erhalten.

Nächtliches Austragen von Zeitungen

Ein Zeitungszusteller arbeitete regelmäßig sechs Tage – oder besser gesagt Nächte – pro Woche, damit die zu verteilenden Druckwerke immer bereits frühmorgens in den Briefkästen aller Kunden stecken konnten. Für jede zugestellte Zeitung erhielt er gemäß seinem Arbeitsvertrag 1,87 Euro plus eine steuerfreie Zulage von 0,47 Euro – also noch mal 25 Prozent extra.

Wegen des Mindestlohngesetzes (MiLoG) wollte der Arbeitgeber den Vertrag ändern und zukünftig statt des Lohns pro Zeitung einen pauschalen Stundensatz nebst einem nur noch 10-prozentigen Nachtzuschlag zahlen. Der Austräger war damit nicht einverstanden und unterschrieb den geänderten Vertrag nicht.

8,50 Euro Mindestlohn plus Zulagen

Als sein Arbeitgeber trotzdem darauf bestand, nach dem neuen Vergütungsmodell abzurechnen, klagte der Beschäftigte vor dem zuständigen Arbeitsgericht (ArbG) Trier. Er wollte für die vergangenen Monate weitere 15 Prozent Nachtzuschlag erhalten und hatte damit auch Erfolg.

Laut Urteil war der Arbeitgeber durch das MiLoG verpflichtet, dem Kläger den regelmäßigen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu bezahlen. Außerdem hat der Beschäftigte Anspruch auf angemessene Nachtzuschläge, die nicht bereits in den 8,50 Euro enthalten sind, sondern vielmehr zusätzlich gezahlt werden müssen.

Streit über Höhe der Nachtzuschläge

Die Frage, wie hoch in diesem Fall die Nachtzulage sein muss, ist damit allerdings noch nicht beantwortet. In § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist lediglich von einem angemessenen Zuschlag auf das Bruttogehalt die Rede.

Der Arbeitgeber war der Meinung, 10 Prozent müssten genügen. Schließlich soll der gesetzlich vorgeschriebene Zuschlag in erster Linie dazu dienen, die grundsätzlich gesundheitsschädliche Nachtarbeit teurer zu machen, und damit Arbeitgeber anhalten, sie möglichst zu vermeiden. Bei Tätigkeiten, die zwingend oder jedenfalls nur sinnvoll in der Nacht erbracht werden können, würde dieser Zweck ohnehin nicht erreicht.

Einseitige Vertragsänderung unzulässig

Das Trierer ArbG sprach dem Kläger trotzdem Nachtzuschläge in Höhe der vollen 25 Prozent zu. Zum einen war der Arbeitgeber nicht berechtigt, die arbeitsvertraglich vereinbarte Zuschlagsregelung einseitig zu ändern. Vielmehr musste er weiterhin die 25 Prozent auf den – wenn auch nun im Rahmen des MiLoG geänderten – Grundlohn aufschlagen.

Zum anderen gelten im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG regelmäßig 25 und nicht etwa nur 10 Prozent Nachtzuschlag als angemessen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in mehreren Entscheidungen bestätigt, wobei im Einzelfall sehr wohl Abweichungen nach oben oder unten möglich bleiben.

Nachtarbeit für Zusteller nicht zwingend

Der Argumentation des Arbeitgebers folgte das Gericht nicht. Stattdessen bezweifelte es, dass die Zustellung von Zeitungen aus zwingenden Gründen nur während der Nachtzeit erledigt werden kann.

Es mag für Zeitungsleser üblich und gewohnt sein, ihr Blatt bereits frühmorgens im Briefkasten vorzufinden. Erforderlich ist das in einer modernen Informationsgesellschaft, in der rund um die Uhr Nachrichten aus verschiedenen Medien konsumiert werden können, aber keineswegs.

Erhöhter Zuschlag für dauerhafte Nachtarbeit

Außerdem arbeitet der Kläger in diesem Fall dauerhaft nachts, wofür das BAG regelmäßig statt 25 sogar 30 Prozent Zuschlag für angemessen hält. Selbst wenn man also wegen der Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit einen Abzug von 5 Prozent vornehmen würde, käme der Arbeitgeber am Ende um die Zahlung der 25 Prozent Nachtzuschlag nicht herum.

Fazit: Nachtzuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG erhalten Arbeitnehmer ggf. zusätzlich zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Die übliche Höhe beträgt 25 Prozent des Bruttolohns, wobei im Einzelfall Abweichungen nach oben oder unten möglich sind.

(ArbG Trier, Urteil v. 21.06.2016, Az.: 3 Ca 1527/15)

(ADS)

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