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Müllmann: Belastung wie im Leistungssport

  • 2 Minuten Lesezeit
Pia Löffler anwalt.de-Redaktion

[image]Sport ist eine tolle Sache und eigentlich gesund, wenn man ihn selbst betreibt und nicht nur auf dem Sofa im Fernsehen verfolgt. Aber Leistungssport ist, egal ob man ihn als Profi oder als Amateur betreibt, vor allem eine starke Belastung für den Körper. Viele Sportler leiden deswegen früh an körperlichen Verschleißerscheinungen wie z. B. kaputten Gelenken. Viele beenden deswegen relativ früh - gemessen an der durchschnittlichen Gesamtdauer eines Arbeitslebens - ihre aktive Sportlaufbahn.

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass die körperliche Belastung durch die langjährige Arbeit als Müllwerker mit der körperlichen Belastung eines Leistungssportlers vergleichbar ist. Zur gerichtlichen Klärung dieser Frage kam es, weil ein Müllwerker mit der Berufsgenossenschaft stritt, ob seine Meniskuserkrankung „Berufskrankheit\" im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB VII (Sozialgesetzbuch VII) ist.

Arbeitsunfall: Knie verdreht

Nach gut 10 Jahren Arbeit als „Müllmann\" hatte sich der spätere Kläger bei der Arbeit ein Knie verdreht. Als sein verletztes Knie gründlich untersucht wurde, wurde dabei „degenerative Meniskopathie\" festgestellt. Für den Laien: Meniskopathie ist ein Kniegelenksverschleiß, der Kniemeniskus war also stark abgenutzt. Da der Mann aber kein Leistungssportler, sondern Müllwerker war und so auch jahrelang aktiv eingesetzt worden war, führte er diesen Gelenksverschleiß auf seine Arbeit zurück und forderte von der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als „Berufskrankheit\".

Verschleiß: Berufskrankheit gemäß Berufskrankenverordnung?

Das sah die Genossenschaft anders: Der Verschleiß des Kniegelenks sei nicht auf seine Arbeit zurückzuführen, eine Berufskrankheit im Sinne der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) liege nicht vor und sei außerdem eine von dem akuten Arbeitsunfall unabhängige Erkrankung. Deswegen sah sich die Genossenschaft auch nicht zur Zahlung von Leistungen verpflichtet, die über die Leistungen für den akuten Arbeitsunfall hinausgehen. Diese Auffassung wurde damit begründet, dass der Müllwerker keiner gefährdenden Belastung im Sinne der BKV ausgesetzt sei, denn Müllwerker würden in der maßgeblichen BK 2102 („Berufskrankheiten Knie\") nicht ausdrücklich genannt.

Müllwerker: Vergleichbar mit Berufssportlern

Spitzfindig stellte das Gericht aber fest, dass eben in dieser Anlage beispielsweise Berufsfußballer und Handballspieler als Beispiele für Berufsgruppen genannt werden, die einer gefährdenden Belastung der Knie ausgesetzt sind. Auch stellte das Gericht fest, dass diese Auflistung nicht abschließend sei und dass die Belastung der Knie eines Müllwerkers mit der Kniegelenksbelastung eines Leistungssportlers vergleichbar ist. Die Arbeit des Müllwerkers sei eine überdurchschnittlich belastende Tätigkeit, denn die Belastung der Knie sei deutlich höher als durchschnittlich in der Gesamtbevölkerung: Sie würden tagtäglich beim Laufen, Springen und Heben massiven Knick-, Scher- und Drehbewegungen ausgesetzt.

Daran, dass diese Belastung der Grund für den Gelenksverschleiß sei, hatten die Richter im Ergebnis keine Zweifel und sprachen dem Kläger einen Anspruch auf Leistungen über die reinen Leistungen für den akuten Unfall zu.

(Hessisches Landessozialgericht, Urteil v. 07.05.2012, Az.: L 9 U 211/09)

(LOE)

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