Nachteile und Risiken der Entgeltumwandlung für Mitarbeiter

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Arbeitnehmer haben nach § 1a BetrAVG einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Sie können sich hierzu auf einen der fünf Durchführungswege (Pensionskasse, Direktversicherung, Pensionsfonds, Unterstützungskasse, Direktzusage) einigen. Erfolgt keine Einigung,  haben Arbeitnehmer zumindest Anspruch auf den Durchführungsweg der Direktversicherung.

Viele Arbeitnehmer stellen sich hier die Frage, welche Nachteile oder Risiken sich aus der Entgeltumwandlung für sie ergeben können.
Nachteile müssen hier differenziert betrachtet werden:

1. Nachteil der Einbuße von Rentenansprüchen, Krankengeldansprüchen und Arbeitslosengeldansprüchen
Jede Entgeltumwandlung - ob Lohnumwandlung oder Gehaltsumwandlung - reduziert den sozialversicherungspflichtigen Brutto-verdienst und damit natürlich auch den Nettoverdienst. Zwangsweise ergeben sich dadurch - unabhängig vom Durchführungsweg - Reduktionen bei der Rentenversicherung, da der umgewandelte Verdienst nicht mehr als Grundlage für die Beiträge für die gesetz-liche Altersrente dient und auch nicht für das Krankengeld und das Arbeitslosengeld, deren Höhe sich dann nur noch aus dem redu-zierten Nettoverdienst errechnet.
Auf diese Nachteile ist in jedem Beratungsgespräch - auch im Arbeitgeberinteresse, in dessen Auftrag die Beratungsgespräche durch-geführt werden - hinzuweisen. Sinnvollerweise sollte dies auch dokumentiert werden.

2.  Nachteil des Verlustes der Umwandlungsbeiträge
Soweit versicherungsförmige Durchführungswege, wie die Direktversicherung, die Pensionskasse oder der Pensionsfond zum Einsatz kommen, oder auch eine rückgedeckte Unterstützungskasse, werden von den meisten Arbeitgebern die nicht unerheblichen Kosten der Verträge auf die Mitarbeiter abgewälzt. Die Folge ist, dass in vielen Verträgen in den ersten Jahren häufig nur rund 50 % der eingezahlten Beiträge tatsächlich für die Anlage zur Verfügung stehen. Häufig dauert es 20 Jahre und mehr, bis die eingezahlten Beiträge überhaupt insgesamt wieder zur Verfügung stehen, d.h. die Summe der eingezahlten Beiträge dem Rückkaufswert der entspricht. Überprüfen kann dies jeder Arbeitnehmer leicht selbst, indem er die Rückkaufswerte  der Versicherung mit den bereits eingezahlten Beiträgen vergleicht.

3. Nachteil durch ineffiziente Verträge
Versicherungsförmige Systeme haben regelmäßig Rentenzusagen zum Inhalt. Der Arbeitgeber verspricht auf Basis eines bestimmten Beitrags eine bestimmte Rente. Häufig werden diese Renten von den Versicherungen auf eine Lebenserwartung von weit über 100 Jahren, zum Teil auch über 110 Jahren, kalkuliert. Auch hier kann man die eingezahlten bzw. bis um Rentenbeginn einzuzahlenden Beiträge ohne Zins schlicht aufaddieren und durch die Monatsrente teilen. Der Arbeitnehmer kann dann leicht errechnen, wie lange er leben müsste, um wenigstens die eingezahlten Beiträge zurück zu erhalten und wie hoch er diese Chance persönlich einschätzt. Bei dieser vereinfachten Berechnung sind weder Zinsen in der Ansparphase noch in der Rentenphase berücksichtigt. Diese würden die Berechnung natürlich noch zu Lasten des Arbeitnehmers verschlechtern. Für eine erste Einschätzung reicht jedoch diese einfache Berechnung.

4. Nachteil der Belastung durch Krankenversicherungsbeiträge und Steuern
Wenn auch in der Ansparphase in den gesetzlichen Grenzen die über die Entgeltumwandlung gewonnenen Beiträge von Steuer und Sozialabgaben befreit sind, (bei versicherungsförmigen Systemen in Höhe von bis zu 4 % der BBG), fällt bei der Auszahlung regel-mäßig Steuer an. Durch persönliche Verhältnisse kann möglicherweise keine Steuerpflicht entstehen, wenn die Rentenzahlungen bestimmte Freibeträge nicht übersteigen. Die Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner fallen jedoch bei allen Durchführungs-wegen mindestens an. Der Arbeitnehmer hat hier nicht nur den Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung, sondern auch den Arbeitgeberanteil zu tragen, soweit die Rente den Freibetrag von € 160,00 übersteigt.
Der Arbeitgeber ist nicht grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitnehmer zu diesen Punkten aufzuklären. Erfolgen allerdings Hinweise und Informationen durch den Arbeitgeber bzw. durch den für den Arbeitgeber tätigen Berater, so müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet er für eingetretene Schäden (siehe auch Entscheidung des BAG vom 18.2.2020, Az. 3 AZR 206/18).

5. Fazit
Es gibt in der Praxis somit durchaus Fälle, in denen Entgeltumwandlung trotz Umwandlung aus dem unversteuerten und unverbei-tragten Bruttoentgelt für den Arbeitnehmer mit finanziellen Verlusten und Nachteilen verbunden ist. Umso wichtiger ist es, dass das Versorgungssystem effizient ausgestaltet ist.

Interne Durchführungswege wie die pauschaldotierte Unterstützungskasse oder die Direktzusage verzinsen eine Entgeltumwandlung vom ersten Euro an, weil das Unternehmen regelmäßig die Kosten trägt.
Die Verzinsung der Beiträge wird vom Unternehmen meist mit 1,00 bis 2,00 % festgelegt und deshalb verzinst sich nicht nur der gesamte Betrag statt einem Teilbetrag, sondern darüber hinaus erfolgt die Verzinsung in der Regel auch mit einem höheren Zins.

Durch den für das Unternehmen vermiedenen Liquiditätsabfluss und die steuerlichen Vorteile fällt es dem Unternehmen bei internen Durchführungswegen auch leichter, den Arbeitgebern entsprechende Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung zu gewähren.  

Die internen Systeme sehen meisten eine Kapitalzahlung zum Rentenbeginn vor, die steuerlich mit der 1/5-tel Regelung gemäß § 34 Abs. 3 EStG begünstigt ist und von vielen Mitarbeitern einer Rente vorgezogen wird. Sagt ein Unternehmen mit seinem internen System dennoch eine Rente zu, wird hier meist eine Lebenserwartung von lediglich 86 bis 92 Jahren durchschnittlich zugrunde gelegt, was zugunsten des Arbeitnehmers zu einer höheren monatlichen Rente führt.

Effiziente Systeme sind vor allem auch deshalb wichtig, um die Nachteil bei der Höhe der gesetzlichen Rente, dem Krankengeld und dem Arbeitslosengeld zumindest gedanklich zu kompensieren, auch wenn diese Nachteile bleiben.

Bei versicherungsförmigen Wegen zeigt sich dagegen, dass der Mitarbeiter bei entsprechender Aufklärung  auf die Entgeltumwand-lung verzichtet hätte, wenn ihm klar wird, dass er lediglich eine relativ geringe Rente erhält und zusätzlich noch die Einbußen in der gesetzlichen Rentenversicherung, beim Krankengeld und bei der Arbeitslosenversicherung erfährt.

Versicherungsfreie Systeme wie die pauschaldotierte Unterstützungskasse bringen regelmäßig sowohl für Mitarbeiter als auch Arbeitgeber mehr Vorteile (siehe mein Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-aus-arbeitnehmersicht_181298.html)

Die derzeitige Zinssituation (02.2021) stellt sich wie folgt dar: https://www.anwalt.de/rechtstipps/kopfkissen-schlaegt-lebensversicherung-die-zinsen-der-lebensversicherer-sinken-weiter_185328.html

Bei weiteren Fragen zu den Nachteilen und Risiken der Entgeltumwandlung stehen wir Ihnen gerne telefonisch oder per E-Mail zur Seite. Gerne stellen wir Ihnen auch eine Übersicht über die Auswirkungen der Durchführungswege auf die Entgeltumwandlung unentgeltlich zur Verfügung.

 


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