Neue Rechtsprechung verhindert Verjährung aller Ansprüche aufgrund Beweisverfahren!

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"Gerichtliche Verfahren zur Mängelprüfung können die Verjährung von Ansprüchen aufhalten"

In diesem Fall ging es darum, dass ein Auftraggeber (AG) Ansprüche gegen einen Auftragnehmer (AN) wegen zweier Mängel an einer Betonfertigteilfassade hatte: Risse in den Betonelementen und Durchbiegungen der Fensterlamellen. Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist leitete der AG ein gerichtliches Verfahren zur Beweissicherung ein. Während der Stellungnahmefrist zum ersten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen äußerten sich die Parteien nicht mehr zu den Rissen. Das Verfahren zur Überprüfung der Lamellen wurde fortgesetzt und endete 2015. Der AG reichte 2015 eine Klage ein, die auch die Risse betraf.

Das OLG Stuttgart entschied in einem Berufungsverfahren, dass die Klage bezüglich der Lamellen abgewiesen wurde, aber hinsichtlich der Risse erfolgreich war. Die Verjährung der Ansprüche bezüglich der Risse war durch das Verfahren zur Beweissicherung bis zu dessen Abschluss 2015 gehemmt gewesen.

Der AN legte dagegen Revision ein und berief sich auf ein älteres Urteil des BGH von 1992. Dieses Urteil besagte, dass die Verjährungshemmung durch ein Beweisverfahren für mehrere Mängel mit der Beweisaufnahme für jeden einzelnen Mangel endet.

Die Entscheidung des BGH in diesem Fall lautet, dass die Revision des AN erfolglos ist. Der BGH ändert seine Rechtsprechung und stellt klar, dass die Verjährungshemmung durch ein gerichtliches Verfahren sechs Monate nach dessen Beendigung endet. Das Verfahren zur Beweissicherung ist normalerweise mit der Beendigung der Beweisaufnahme abgeschlossen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Sicherung eines Mangels oder mehrerer, auch voneinander unabhängiger Mängel handelt und unabhängig davon, ob dies durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt. Der BGH argumentiert, dass dies dem Wortlaut des Gesetzes entspricht und auch aus Gründen der Prozessökonomie sinnvoll ist. Es wäre unpraktisch und zeitaufwändig für die Parteien, Ansprüche bezüglich einzelner Mängel, deren Begutachtung abgeschlossen ist, getrennt geltend zu machen. Eine gütliche Einigung wird eher erzielt, wenn alle behaupteten Mängel geklärt sind und der Streit umfassend beigelegt werden kann. Die rechtliche Selbstständigkeit der Mängel und ihrer resultierenden Ansprüche ändert nichts an dieser Regel. Die Verjährungshemmung durch gerichtliche Geltendmachung hängt nicht von jedem einzelnen Anspruch ab, sondern von der Einleitung des Verfahrens.

In der Praxis bedeutet dies, dass der BGH die formale Einheitlichkeit des Beweisverfahrens betont. Die Verjährungshemmung muss an klaren und leicht nachvollziehbaren Umständen festgemacht werden können. Die Entscheidung des BGH berücksichtigt auch den Aspekt der Prozessökonomie. Niemand hat ein Interesse daran, Ansprüche wegen mehrerer Mängel desselben Bauvorhabens in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten geltend zu machen.

Foto(s): Udo Kuhlmann


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