Strafbarkeit von häuslicher Gewalt – welche Strafe droht? wie kann ich mich als Opfer schützen?

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Laut Duden bedeutet Zuhause „Wohnung, in der jemand zu Hause ist und sich wohlfühlt“  (Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/Zuhause). Zu Hause fühlen wir uns sicher und geborgen. Doch es gibt Menschen, für die bedeutet zu Hause genau das Gegenteil. Diese Personen sind Opfer häuslicher Gewalt. 


Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt ist im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2022 gab es laut des Bundeskriminalamtes 240.547 Opfer häuslicher Gewalt: „Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt"  (Quelle: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/zahl-der-opfer-von-haeuslicher-gewalt-steigt-deutlich-an-228266).


Laut Bundeskriminalamt beinhaltet häusliche Gewalt „alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen oder sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht“.

(Quelle: Bundeslagebild Häusliche Gewalt 2022 vom BKA https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/HaeuslicheGewalt/HaeuslicheGewalt2022.html?nn=219004)


Wann mache ich mich wegen Häuslicher Gewalt strafbar?


Die in Betracht kommenden Straftatbestände im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt sind aufgrund der verschiedenen Formen und Ausmaße der häuslichen Gewalt vielfältig.


Bei körperlicher Gewalt spielen vor allem die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit eine Rolle. Dazu zählen vor allem die Körperverletzung (§ 223 StGB), gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) sowie schwere Körperverletzung (§ 226 StGB). Sollte die Gewalt ein größeres Ausmaß erreichen und durch die Körperverletzung der Tod verursacht werden, kann eine Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB vorliegen.


Die körperliche Gewalt kann auch das schwerwiegendste Ausmaß annehmen: Mord und Totschlag aus §§ 211, 212 StGB.  


Sowohl innerhalb der familiären als auch partnerschaftlichen Gewalt können die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine Rolle spielen.

Vor allem ist der sexuelle Übergriff, die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung nach § 177 StGB und die sexuelle Belästigung nach § 184i StGB von Bedeutung. 

Innerhalb innerfamiliärer Gewalt kann der Vorwurf sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB), sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) und sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 StGB), Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 StGB und die Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen nach § 180 StGB bestehen.


Auch Straftaten gegen die persönliche Freiheit, wie Zwangsprostitution (§ 232a StGB) und Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), sind möglich.


Im Rahmen von psychischer Gewalt spielen vor allem die Nachstellung (§ 238 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB) und die Bedrohung (§ 241 StGB) eine Rolle.


Zusätzlich können Zwangsheirat (§ 237 StGB) und Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a StGB) bei innerfamiliärer Gewalt auftreten.


Welche Strafe droht für Häusliche Gewalt?


Da je nach Einzelfall unterschiedliche Straftatbestände in Betracht kommen, können keine genauen Angaben hinsichtlich einer Strafandrohung gemacht werden.


Laut des Bundeslagebildes des Bundeskriminalamtes zur häuslichen Gewalt aus dem Jahr 2022 treten die Delikte der vorsätzlichen einfachen und gefährlichen Körperverletzung, der Bedrohung, des Stalkings und der Nötigung am häufigsten auf.


Strafe für Körperverletzung bei häuslicher Gewalt


Die einfache Körperverletzung wird gemäß § 223 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe und die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.


Strafe für Bedrohung bei häuslicher Gewalt


Hinsichtlich einer Bedrohung nach § 241 Abs. 1 StGB ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe zu erwarten. Unter den Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe zu rechnen.


Strafe für Nachstellung und Nötigung bei häuslicher Gewalt


Die Nachstellung bzw. das Stalking nach § 238 Abs. 1 StGB und die Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB werden mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Unter den Voraussetzungen von § 238 Abs. 2 oder Abs. 3 StGB bzw. von § 240 Abs. 4 StGB kann die Strafe auch höher ausfallen.


Vorladung wegen häuslicher Gewalt erhalten?


Bei Erhalt einer Vorladung mit dem Vorwurf eines auf die häusliche Gewalt zurückzuführenden Deliktes zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Straftatbestände ist eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.

Einer Vorladung müssen Sie nicht folgen. Sie haben das Recht zu schweigen.


Sind nur Frauen von häuslicher Gewalt betroffen? 


NEIN, von häuslicher Gewalt sind eindeutig nicht nur Frauen betroffen, sondern auch Männer. Rund ein Drittel der Opfer häuslicher Gewalt sind männlich. Vor allem männliche Personen unter 21 Jahren und zwischen 30 und 40 Jahren sind betroffen.


Sie sind Opfer häuslicher Gewalt?


Sind Sie Opfer von häuslicher Gewalt, so gibt es mehrere Möglichkeiten, hiergegen vorzugehen. Insbesondere in akuten Situationen sollten Sie direkt die Polizei kontaktieren.

Auch gibt es Beratungs- und Interventionsstellen für häusliche Gewalt.

Die Polizei kann den Täter/die Täterin der Wohnung verweisen und ein Rückkehrverbot für einige Tage aussprechen. 

Bei jeder Polizeidienststelle können Sie die Straftat anzeigen. Sollte ein Strafantrag zur Verfolgung der Tat erforderlich sein, so können sie diesen grundsätzlich zu drei Monate nach der Tat stellen.


Bereits beim Stellen einer Strafanzeige können Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten und unterstützen lassen. Dieser kann für Sie prüfen, welche Strafbarkeiten gerade in Ihrer konkreten Situation im Raum stehen und kann bereits die Strafanzeige gegenüber der Polizei entsprechend argumentativ formulieren. 

Auch kann Ihnen der Anwalt für Strafrecht bei Bedarf dabei behilflich sein, einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz beim Familiengericht zu stellen und schlüssig Ihr Begehren darzulegen und zu begründen.

Bei Erfolg, kann das Familiengericht kann sodann ein sofort geltendes langfristiges Verbot hinsichtlich des Betretens der gemeinsamen Wohnung sowie ein Näherungs- und Kontaktverbot aussprechen. 


Sollte es zu einem Strafprozess kommen, können Sie sich bei bestimmten Delikten als Nebenkläger dem Verfahren anschließen und sich hierbei auch anwaltlich vertreten lassen. Anwaltliche Unterstützung ist auch in Gestalt eines Zeugenbeistands ggf. möglich. 

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