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Wichtige Winterurteile zu Räumen, Straßenverkehr & Co.

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Die Räumpflicht bestimmt Stadt oder Gemeinde per Satzung und besteht oft von 7 bis 20 Uhr.
  • Gestürzte können bei nicht erfolgter Räumung Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen.
  • Verletzt sich jemand, ist zudem eine Bestrafung der räumpflichtigen Person wegen Körperverletzung möglich.

Am Wochenende zeigte sich der Winter wieder in weiten Teilen Deutschlands von seiner unangenehmen Seite. Glatte Straßen und Wege sind dabei nicht die einzigen winterlichen Herausforderungen, die nach Autounfall oder Ausrutscher vor Gericht enden können. Das zeigen die folgenden Winterurteile.

Räumpflicht von 7 bis 20 Uhr

Stürze aufgrund nicht oder nur unzureichend geräumter und gestreuter Wege und Plätze landen besonders häufig vor Gericht. Bei der Räumpflicht kommt es in erster Linie auf die örtliche Satzung der Stadt oder Gemeinde an. Mit lokalen Abweichungen besteht dadurch oft eine Räumpflicht des jeweiligen Grundstückseigentümers von 7 Uhr bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen meist ab 8 Uhr.

Räumzeiten entscheidend

Personen, die außerhalb den Räumpflichtzeiten unterwegs sind, können bei einem Sturz meist keinen Schadenersatz verlangen. Außerdem kommt es darauf an, ob man mit ihrem Kommen rechnen musste. So ging eine gestürzte Pflegedienstmitarbeiterin leer aus, weil ihr Besuch bei der beklagten Grundstückseigentümerin sonntags um 10 Uhr nicht vorgesehen war (BGH, Urteil v. 12.06.2012, Az.: VI ZR 138/11).

Bahn an Bahnhöfen mitverantwortlich

Auch Bahnsteige sind zu räumen. Häufig überträgt die Deutsche Bahn den Winterdienst dabei anderen Unternehmen. Damit entgeht sie aber nicht ihrer Haftung, wenn jemand stürzt. Denn mit dem Ticketverkauf schließt sie mit dem Fahrgast einen Personenbeförderungsvertrag. Und der verpflichtet sie unter anderem, für den sicheren Weg zum Zug Sorge zu tragen (BGH, Urteil v. 17.01.2012, Az.: X ZR 59/11).

Mehr Anstrengung an Eingängen

In bestimmten Fällen muss es auch nicht schneien oder frieren. Vor Eingängen zu Gebäuden oder U-Bahn-Stationen liegt etwa oft viel durch die Besucher bzw. Fahrgäste herangetragener Schneematsch. In solchen Fällen kann bei viel Verkehr sogar eine Vor-Ort-Kraft zur ständigen Reinigung notwendig sein, um einer Haftung zu entgehen (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 31.10.2012, Az.: 215 C 116/10).

Parkplätze nicht ganz zu räumen

Auf Parkplätzen ist es anders. Diese sind nicht vollständig zu räumen. Es reicht, sichere Wege von geparkten Fahrzeugen zum Eingang eines Gebäudes zu schaffen. Diese Wege müssen auch die Personen nutzen, die nicht per Auto, sondern per Fuß oder per Fahrrad den Parkplatz überqueren. Stürzt jemand, weil er abseits der geräumten Wege unterwegs war, hat er keine Ansprüche gegen die zur Parkplatzräumung verpflichtete Person (AG Augsburg, Urteil v. 05.09.2018, Az: 74 C 1611/18).

Mangelhaftes Räumen strafbar

Bei mangelhaftem Räumen droht nicht nur ein Bußgeld. Es ist auch eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung möglich. Das hat das Amtsgericht Berlin Tiergarten entschieden, weil ein Winterdienstmitarbeiter Eisbuckel nicht entfernt hatte, über die ein Rentner später gestürzt war und sich die Schulter brach (AG Berlin Tiergarten, Urteil v. 07.01.2011, Az.: (277 Cs) 3012 PLs 4836/10 (274/10)).

Warnpflicht vor Dachlawinen

Eine andere Gefahr droht von oben in Form von Dachlawinen. Hauseigentümer müssen hier, sofern die örtliche Satzung nichts anderes sagt, nicht immer reagieren. Vielmehr kommt es auf die allgemeine Schneelage des Ortes, die besondere Beschaffenheit und Lage des Gebäudes und den ortsüblichen Umgang bei schneebedeckten Dächern an (OLG Hamm, Beschluss v. 14.08.2012, Az.: I-9 U 119/12).

Vereiste Scheiben am Fahrzeug

Bei einer vereisten Scheibe droht ein Bußgeld von zehn Euro. Kommt es zu einem Unfall, sind es sogar 35 Euro. Allerdings soll das nicht gelten, wenn bloß die Heckscheibe vereist ist, solange die Seitenspiegel frei sind (OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.06.1986, Az.: 3 Ss 12/86). Scheiben sollten dennoch so weit wie möglich frei sein. Sonst erhöht sich bei einem Unfall schnell die Mitschuld. Und wer lediglich Gucklöcher freikratzt, dem droht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit und somit Ärger mit der Versicherung.

Fahrzeugdach von Schnee befreien

Bei alldem sollten Fahrer Scheinwerfer, Rücklicht, Blinker und Kennzeichen sowie insbesondere Schneemassen, unter denen sich manchmal Eisplatten verbergen, nicht vergessen. Letztere können einerseits beim Bremsen vom Dach auf die Windschutzscheibe rutschen und so plötzlich die Sicht versperren. Andererseits können sie beim Herunterfallen auch andere Fahrzeuge beschädigen. Wer sein Autodach nicht von Schnee und Eis befreit, muss mit 25 Euro Bußgeld rechnen. Für Fahren mit zugeschneitem Nummernschild werden 5 Euro Bußgeld fällig.

Winterreifenpflicht und Schneeketten

Wenn man bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nicht mit sogenannten M+S (Matsch + Schnee) Reifen unterwegs ist, droht ein Bußgeld von 60 Euro und ein Punkt, bei Verkehrsbehinderung sogar 80 Euro und ein Punkt. Bei Gefährdung oder einem Unfall erhöht sich das Bußgeld nochmals auf 100 Euro bzw. 120 Euro. Die Winterreifenpflicht gilt seit Juni 2017 nicht mehr für Motorräder. Für bestimmte Nutzfahrzeuge gelten Ausnahmen und Einschränkungen.

Falsche Bereifung kostet Versicherungsschutz

Nicht zuletzt kann falsche Bereifung auch den Versicherungsschutz kosten. So blieb ein Autofahrer auf seinen Kosten sitzen, weil er mit seinen Sommerreifen im Winter bergabwärts ins Rutschen geraten war. Die aufgezogenen Schneeketten halfen da auch nicht mehr, weil sie Winterreifen voraussetzten (OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.07.2003, Az.: 3 U 186/02).

Schäden durch Räumfahrzeug

Schäden, die ein Fahrzeug des Winterdiensts durch von ihm hochgeschleuderte Eisbrocken an einem Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn verursacht, sind zu ersetzen. Denn diese Gefahr ist nicht unabwendbar. Das Räumfahrzeug kann nämlich seine Geschwindigkeit anpassen (OLG Koblenz, Urteil v. 09.09.2013, Az.: 12 U 95/12).

Schneeballschlachten in der Schule

Schneeballschlachten machen Spaß. Sie können aber auch böse ins Auge gehen, wie ein Schüler leidvoll erfahren musste. Den darauf vom Werfer verlangten Schadensersatz bekam er jedoch nicht. Bei schulbezogenen Raufereien sei dieser ausgeschlossen, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 15. Juli 2008, Az.: VI ZR 212/07).

Dienstunfall durch Schneeballwurf

Die Verletzung eines Lehrers, der sich an einer Schneeballschlacht mit seinen Schülern beteiligt hatte, wurde hingegen als Dienstunfall anerkannt. Denn Schneeballschlachten gehören selbst bei einem schulischen Verbot zu seinen Arbeitsaufgaben (Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil v. 04.12.2012, Az.: 5 K 1220/11).

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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