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Bewerbung nicht ohne Schwerbehindertenvertretung

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Berühren betriebliche Belange behinderte Menschen, ist regelmäßig die Schwerbehindertenvertretung einzubinden - so etwa bei Bewerbungen auf freie Stellen. Die Beteiligungsrechte sind selbst dann zu beachten, wenn Mitglieder der Vertretung sich selbst um eine angebotene Stelle bewerben.

Rechte auf Beteiligung an Einstellungsverfahren

Bei allen Angelegenheiten, die einen einzelnen Schwerbehinderten oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe berühren, ist die Vertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. So verlangt es das Neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX), das insbesondere die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben regelt. Unter anderem müssen Arbeitgeber demnach, bevor sie freie Arbeitsplätze besetzen, diese auf die Eignung für schwerbehinderte Menschen überprüfen. Für die Schwerbehindertenvertretung besteht dabei ein Recht auf Beteiligung an dieser Prüfung. Ein Recht auf Information besteht zudem hinsichtlich eventueller Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur sowie vorliegender Bewerbungen. Nicht zuletzt darf die Schwerbehindertenvertretung bei vorliegenden Bewerbungen entscheidungsrelevante Bewerbungsunterlagen einsehen und an allen Vorstellungsgesprächen schwerbehinderter Kandidaten teilnehmen. Will ein schwerbehinderter Bewerber das nicht, muss er die Mitwirkung ausdrücklich ablehnen. Vor der beabsichtigten Einstellung ist der Schwerbehindertenvertretung zudem eine Anhörung zu ermöglichen. Verstöße können eine Ordnungswidrigkeit darstellen, für die Arbeitgebern ein Bußgeld droht. Die Schwerbehindertenvertretung kann zudem beantragen, die Einstellung auszusetzen. Neben der Schwerbehindertenvertretung hat außerdem ein eventuell bestehender Betriebsrat Mitwirkungsrechte. Eine Zusammenarbeit ist daher immer sinnvoll , wenn gerade eine Behinderung im Mittelpunkt steht.

Vertretungsmitglieder hatten sich selbst beworben

Eine Spielbank, die zwei Beförderungsstellen mit Schwerbehinderten besetzen wollte, nahm das zum Anlass, zwei Mitglieder ihrer Schwerbehindertenvertretung vom Bewerbungsverfahren auszuschließen. Der Ausschluss der selbst schwerbehinderten Mitarbeiter sei gerechtfertigt, da sie sich ebenfalls auf die Stelle beworben hatten. Die Beteiligung der Vertrauensperson und ihres Stellvertreters an ihren eigenen Bewerbungen führe zu einem Interessenkonflikt. Die Spielbank stellte daraufhin zwei andere Bewerber ein. Der betroffene Stellvertreter klagte deshalb auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sein Arbeitgeber habe ihn aufgrund seiner Behinderung bei der Bewerbung benachteiligt. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht sahen das jedoch anders. So gelangte der Fall im Rahmen der Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Arbeitgeber haben kein Recht auf Ausschluss

In ihrer Entscheidung gingen die Erfurter Richter dabei nicht nur auf die Frage einer Diskriminierung ein. Sie entschieden insbesondere über den Ausschluss der Schwerbehindertenvertretung durch den beklagten Arbeitgeber. Dabei machten sie klar, dass Arbeitgeber kein Recht dazu haben, über das Verfahren zu entscheiden. Ein Recht, die Schwerbehindertenvertretung auszuschließen, steht allenfalls einem betroffenen Bewerber zu - in diesem Fall also dem Stellvertreter selbst.

Für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitgebers ihn auch benachteiligt habe, wären weitere Tatsachen nötig. Diese zu ermitteln und eine daraus folgende Diskriminierung sowie Entschädigung festzustellen, ist nun Sache der Vorinstanz, an die das BAG den Rechtsstreit zurückverwiesen hat.

(BAG, Urteil v. 22.08.2013, Az.: 8 AZR 574/12)

(GUE)

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