Amtsärztliche Untersuchung - Aufforderung anfechtbar

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Mit seinem Urteil vom 26.01.2022 (1 B 3115/20) hat der Verwaltungsgerichtshof Hessen entschieden, dass der Anspruch auf Rücknahme einer Anordnung auf amtsärztliche Untersuchung ein Anordnungsanspruch ist, der durch einstweilige Anordnung sicherbar ist. In diesem Sinne hat auch kürzlich das Bundesverfassungsgericht entschieden. Welche Folgen die Entscheidungen für das Verfahren haben werden, muss sich noch zeigen. Wenn die Anordnung aber isoliert anfechtsbar ist, dann heißt es noch nicht, dass die Anordnung in jedem Falle rechtswidrig ist.

Im zugrundeliegenden Fall ging der Antragsteller gegen eine Anordnung vor, die ihn zur Untersuchung bei einem Amtsarzt aufforderte.

Der Antragsgegner ordnete diese an, da der Antragsteller im Jahr 2020 bis Oktober an 78 Werktagen fehlte. Laut einem privatärztlichen Attest leide er unter anderem an Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und solle nach Möglichkeit nicht mehr im Wechselschichtdienst arbeiten.

Die angeordnete Untersuchung beim Amtsarzt solle seine Dienst- und Vollzugsdienstfähigkeit feststellen, § 26 I S. 1, 4 BeamtStG i.V.m. §§ 114 S. 2, 111 I HBG. Zu prüfen sei, ob er noch für den Vollzugsdienst geeignet sei.   Explizit solle die Auswirkung der Wechselschicht auf den Gesundheitszustand des Antragstellers beurteilt werden.

Der VGH Hessen entschied, dass die Beschwerde zwar zulässig, aber unbegründet sei.

Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, noch habe er einen (Folgenbeseitigungs-)Anspruch auf Rücknahme der Anordnung auf Untersuchung durch einen Amtsarzt, der durch die einstweilige Anordnung gesichert werden könne. Ein solcher sei gegeben,  wenn „sich dich Untersuchungsanordnung im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung [...] als fehlerhaft erweist oder aber nach diesem [...] Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Untersuchsungsanordnung weggefallen bzw. Umstände eingetreten sind, die ihre Aufrechterhaltung mit dem konkreten Inhalt nicht (mehr) zulassen.“

Der Gerichtshof entschied, dass die Anordnung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig sei. Sie sei auf §§ 36 I S. 1, 111, 114 HBG i.V.m. § 26 I S. 1, 4 BeamtStG gestützt.

§ 36 I S.1 HBG verpflichtet den Beamten, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, wenn an seiner Dienstfähigkeit gezweifelt wird. Dienstfunfähigkeit liege vor, wenn man aufgrund des körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Dienst zu erfüllen, § 26 I S. 4 BeamtStG.

§ 111 I S. 1 HBG regelt, dass eine Dienstunfähigkeit auch gegeben ist, wenn man nach einer amtsärztlichen Untersuchung den „besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt“ und diese innerhalb der nächsten 2 Jahre nicht mehr erlangt.

Grund für die amtsärztliche Untersuchung seien aus Sicht des VGH Zweifel an der Dienst- und Vollzugsdienstfähigkeit des Antragstellers. Auch die Suche nach einer „alternative[n] Verwendungsmöglichkeit“ sei unbedenklich, denn wenn der Antragsteller sich als vollzugsdienstunfähig erweise, aber noch dienstfähig sei, könne er in einem anderen Bereich eingesetzt werden.

Des Weiteren konnte der Antragsteller nicht mit seiner Argumentation überzeugen, nach welcher die Ausführung des Schichtdienstes nicht zwingend für die Vollzugsdienstfähigkeit notwendig sei. Denn ein Vollzugsdienstbeamter im Polizeidienst müsse rund um die Uhr, auch nachts, einsetzbar sein. Könne der Wechselschichtdienst einem Beamten nicht mehr zugemutet werden, so sei er nicht mehr vollumfänglich einsetzbar und damit vollzugsdienstunfähig.

Insoweit empfiehlt es sich vor einer Anordnung diese prüfen zu lassen, insbesondere inwieweit es sinnvoll ist, dagegen vorzugehen. Eine solche Anordnung zu ignorieren, auch wenn sie rechtswidrig ist, hat schwerwiegende Folgen. Dann kann der Dienstherr nämlich in der Regel auf die Dienstunfähigkeit - auch ohne amtsärztliches Zeugnis - schließen.



Foto(s): Janus Galka


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