Ausschluss von Beförderung wegen Disziplinarverfahren gegen Beamte?

  • 4 Minuten Lesezeit

Ist der Dienstherr berechtigt, Beamte nach ihrer Bewerbung um eine Beförderung bzw. einen Beförderungsdienstposten aus dem Auswahlverfahren auszuschließen, weil ein Disziplinarverfahren läuft? Ist unter Umständen trotz eines laufenden Disziplinarverfahrens die Einbeziehung der Bewerbung des Beamten geboten?

Mit der Antwort auf diese Fragen beschäftigt sich der nachfolgende Beitrag zu einer aktuellen Entscheidung des BVerwG zum Beamtenrecht (BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2021 – 2 VR 1/21 –, juris).

Sachverhalt

Hintergrund des Verfahrens am BVerwG war der Konkurrentenschutzantrag eines Beamten, der als Regierungsdirektor (BesGr. A 15 BBesO) im Dienst der BRD beim BND steht und den dieser nach Ablehnung seiner Bewerbung um ein Beförderungsamt der BesGr. A 16 gestellt hatte (a. a. O.).

Der Beamte war zuvor langjährig auf verschiedenen Dienstposten als Sachgebietsleiter tätig und übernahm im Juli 2019 kommissarisch die Leitung eines Referats (a. a. O.).

Gegen ihn wurde ebenfalls im Juli 2019 ein Disziplinarverfahren wegen seines Verhaltens gegenüber ihm unterstellten Mitarbeitern in den Jahren 2014 bis 2019 eingeleitet (a. a. O.). Ende September 2019 wurde er wieder von der kommissarischen Referatsleitung entbunden und auf den Dienstposten eines Referenten (Besoldunsgruppe A 15) umgesetzt (a. a. O.). Dies begründete der Dienstherr damit, dass die im Disziplinarverfahren erhobenen Vorwürfe Zweifel an seiner Eignung als Führungskraft begründen würden (a. a .O.).

Anfang 2020 schrieb der BND den nach BesGr. A 16 BBesO bewerteten Dienstposten eines Referatsleiters als Beförderungsdienstposten aus (a. a. O.). Darauf bewarb der Beamte sich (a. a. O.). Die Bewerbung wurde abgelehnt, weil das zu diesem Zeitpunkt noch immer laufende Disziplinarverfahren unmittelbar die für die Übernahme einer Referatsleitung maßgebliche Führungseignung betreffe (a. a. O.). Da das Disziplinarverfahren auch nicht offenkundig aussichtslos sei, könne derzeit keine uneingeschränkt positive Eignungsprognose getroffen werden (a. a. O.).

Gegen die Ablehnung der Bewerbung hat der Beamte Eilrechtsschutz beim BVerwG ergriffen (a. a. O.).

Entscheidung des BVerwG

Das BVerwG ist gem. § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für Verfahren im Geschäftsbereich des BND in erster und letzter Instanz zuständig und hat die Sichtweise des Dienstherrn bestätigt und den Eilantrag mangels Anordnungsanspruchs abgelehnt (a. a. O.).

Der Dienstherr ist demnach berechtigt, einen Beamten für die Dauer eines gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens wegen der damit begründeten Zweifel an dessen Eignung aus einem Auswahlverfahren um einen förderlichen Dienstposten auszuschließen (a. a. O.).

Dies ist nach Auffassung des BVerwG gerichtlich nur dann zu beanstanden, wenn angesichts der gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe offensichtlich kein Anlass bestand, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Verdacht eines Dienstvergehens nicht mehr gegeben ist oder wenn der Abschluss des Disziplinarverfahrens rechtsmissbräuchlich verzögert wurde (a. a. O.).

Davon war in dem vorliegenden Verfahren nach Auffassung des BVerwG nicht auszugehen, so dass kein Anordnungsanspruch zu Gunsten des Beamten bestand (a. a. O.). Der Ausschluss des Beamten aus dem Auswahlverfahren sei ermessensfehlerfrei (a. a. O.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde daher vom BVerwG abgelehnt (a. a. O.).

Rechtliche Bewertung

Die Entscheidung des BVerwG bestätigt die herrschende Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Demnach ist der Dienstherr grundsätzlich berechtigt, einen Beamten für die Dauer eines gegen diesen geführten Disziplinarverfahrens wegen der damit einhergehenden Zweifel an dessen Eignung von einer möglichen Beförderung auszunehmen. Alles andere wäre nicht zuletzt widersprüchlich im Verhältnis zu Vorschriften im Disziplinarrecht, wonach zahlreiche Disziplinarstrafen auch mit Beförderungsverboten einhergehen.

Auf der anderen S. ist im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG klar, dass die bloße Einleitung eines Disziplinarverfahrens schon aus Fürsorgegründen aber auch wegen der Beschleunigungsgebote im Disziplinarverfahren nicht pauschal in allen Fällen zum Ausschluss der Bewerbung führen kann.

So ist dem BVerwG selbstverständlich zuzustimmen, dass ein Ausschluss der Bewerbung ausscheidet und selbst rechtsmissbräuchlich/widersprüchlich wäre, wenn schon die Einleitung des Disziplinarverfahrens haltlos war oder sich der Verdacht gegen den Beamten zwischenzeitlich nicht erhärtet hat. Gleiches gilt für die unnötige Hinauszögerung des Abschlusses des Disziplinarverfahrens. Auch ein Disziplinarverfahren kann schließlich abseits der gesetzlich normierten Vorgaben im jeweiligen Disziplinargesetz grds. nicht zur sachgrundlosen Einschränkung des Bewerbungsverfahrensanspruchs im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG herhalten.

Gerade deshalb sollte bei Fragen zu laufenden Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst, bei Ablehnung der Bewerbung und erst recht bei drohender oder erfolgter Einleitung eines Disziplinarverfahrens regelmäßig unverzüglich die Hilfe eines im Beamtenrecht spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.

Sie haben Fragen zum Beamtenrecht, zum Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, zum öffentlichen Dienstrecht bzw. speziell zu der für Sie ratsamen Vorgehensweise bei Bewerbung um eine Beförderung? Nutzen Sie die „Nachricht senden“-Funktion oder kontaktieren Sie uns telefonisch bzw. direkt über das Kontaktformular unserer Homepage. Gern bieten wir Ihnen auch die Möglichkeit der telefonischen Beratung oder der Videoberatung über das Internet.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Matthias Wiese

Beiträge zum Thema