Bewährungshilfe: Auf Bewährung verurteilt – und jetzt?
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Wenn Gerichte bei Straftätern eine günstige Sozialprognose erkennen, wobei die Familien-, Arbeits- und Lebensverhältnisse dabei besonders berücksichtigt werden, können Freiheitsstrafen und Restfreiheitsstrafen unter bestimmten Bedingungen (§ 56 StGB, Strafgesetzbuch) zur Bewährung ausgesetzt werden. Die meisten Straftäter sind dann natürlich erleichtert, weil sie diese Zeit nicht in einer geschlossenen Justizvollzugsanstalt (JVA) verbringen müssen, sondern in ihr Umfeld zurückkehren können.
Allerdings bedeutet Bewährung nicht gleich Freispruch. Vielmehr wird die Freiheitsstrafe so lange auf Eis gelegt, bis die ausgesprochene Bewährungszeit vollständig vorüber ist. Vorbestraft – mit Eintragung im polizeilichen Führungszeugnis – ist der Straftäter auch trotz einer Bewährungsstrafe, sofern die Bewährungszeit mehr als drei Monate beträgt. Für die Zeit der Bewährung verfügt das Gericht in den meisten Fällen sogenannte Bewährungsauflagen und Weisungen, die vom Straftäter unbedingt eingehalten werden müssen.
Wann bekommt man einen Bewährungshelfer?
Im Strafgesetzbuch (StGB) § 56d heißt es dazu unter anderem:
„(1) Das Gericht unterstellt die verurteilte Person für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um sie von Straftaten abzuhalten.“
Folgende Personen können von Amts wegen einem Bewährungshelfer unterstellt werden:
Verurteilte, die unter Führungsaufsicht stehen (§§ 68, 68a StGB)
Straftäter, die nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurden (§ 29 Jugendgerichtsgesetz, JGG)
Verurteilte, die unter 27 Jahre alt sind und deren ausgesetzte Freiheitsstrafe mehr als neun Monate beträgt
Bei erwachsenen Straftätern, die älter als 27 Jahre sind, wägt das Gericht ab, ob eine Bewährungshilfe angeordnet werden sollte oder nicht.
Welche Aufgaben hat die Bewährungshilfe?
Die Bewährungshilfe hat eine unterstützende und gleichzeitig auch eine kontrollierende Funktion. Der Verurteilte muss die gerichtlichen Vorgaben erfüllen und soll die Möglichkeit erhalten, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Es soll eine sogenannte Resozialisierung des Straftäters erfolgen.
Dabei unterstützt und kontrolliert die Bewährungshilfe den Verurteilten dahingehend, dass sie Probleme des Straftäters wahrnimmt und Lösungswege mit ihm zusammen entwickelt. Oft hilft die Bewährungshilfe auch umfangreich bei der Suche nach einer Wohnung und der Vermittlung einer Berufstätigkeit.
Auch mit der Vermittlung von Beratungsstellen bei etwaig vorliegenden Suchterkrankungen steht die Bewährungshilfe dem Verurteilten zur Seite und bietet Hilfe beim Umgang mit verschiedenen Behörden an. Der Bewährungshelfer ist zudem Ansprechpartner bei allen sozialen oder finanziellen Schwierigkeiten des Straftäters.
Jedoch kontrolliert die Bewährungshilfe ebenso, dass der Verurteilte keine neuen Straftaten begeht und sich an die gerichtlichen Vorgaben und Bewährungsauflagen hält. Bewährungshelfer unterstehen als Mitarbeiter der Justiz der Aufsicht des Gerichts und teilen diesem regelmäßig mit, wie sich der Verlauf der Bewährungszeit gestaltet.
Auch über Verstöße gegen die Vorgaben und Bewährungsauflagen des Verurteilten wird das Gericht in Kenntnis gesetzt. Unter Umständen kann so ein Verstoß zum Widerruf der ausgesprochenen Bewährungsstrafe (§ 56f StGB) und damit zum direkten Einzug in die Justizvollzugsanstalt führen.
Welche Bewährungsauflagen gibt es?
Eine Freiheitsstrafe kann für einen Zeitraum von zwei bis zu fünf Jahren auf Bewährung ausgesetzt werden. Für diese Zeit, in der sich der Straftäter in Freiheit bewähren soll, gibt es verschiedene gerichtliche Vorgaben. Diese hängen vom jeweiligen Einzelfall ab. Typische Auflagen, die angeordnet werden, sind beispielsweise:
Zahlung eines bestimmten Geldbetrages für eine gemeinnützige Einrichtung oder zugunsten der Staatskasse
Wiedergutmachung des Schadens, der durch die Tat entstanden ist
Ableisten gemeinnütziger Arbeit
Das Gericht kann dem Straftäter auch Weisungen für die Zeit der Bewährung erteilen, wie zum Beispiel:
regelmäßiges Vorsprechen beim Bewährungshelfer
regelmäßiges Melden bei der zuständigen Polizeidienststelle
Fernhalten von den Mittätern (Kontaktverbote), um nicht erneut straffällig zu werden
Regulieren der Schulden durch das Aufsuchen einer Schuldnerberatung
Nachweisen von regelmäßigen Arbeitsbemühungen
Absolvieren einer geeigneten Therapie (Alkohol, Drogen, Spielsucht usw.)
Wie oft muss man zum Bewährungshelfer?
Wie häufig man mit dem Bewährungshelfer in Kontakt treten muss, ist nirgends genau festgelegt, es gibt auch kein spezielles Bewährungshilfegesetz. Die rechtlichen Grundlagen zur Bewährungshilfe finden sich in § 56d StGB.
Eine erste Entscheidung, wie oft man zur Bewährungshilfe muss, trifft das Gericht immer fallbezogen. Es betrachtet dabei sowohl das Strafmaß als auch die Weisungen und Auflagen für die Zeit der Bewährung.
Der Bewährungshelfer kontaktiert nach Rechtskraft des Urteils – wenn also keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden können – den Straftäter. Beim ersten Termin lernen sich Bewährungshelfer und Straftäter kennen und erstellen aufgrund der jeweils angeordneten Auflagen eine Art Plan, um diese Auflagen zu erfüllen. Verhält der Straftäter sich zuverlässig und entsprechend den gerichtlichen Vorgaben, werden die Termine beim Bewährungshelfer seltener und unregelmäßiger.
Was passiert, wenn man nicht zum Bewährungshelfer geht?
In diesem Fall drohen ernsthafte Konsequenzen, da der Bewährungshelfer die Aufsicht und Kontrolle während der Bewährungszeit hat. Bewährungshelfer müssen dem Gericht regelmäßig mitteilen, ob und wie der Straftäter seine Freiheit auf Probe nutzt.
Dabei spielen das Einhalten der Auflagen und das Bemühen zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft eine wichtige Rolle. Berichtet der Bewährungshelfer dem Gericht von Verstößen gegen die Auflagen oder bescheinigt er dem Straftäter eine ungünstige Sozialprognose, muss dieser mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, die auch zum Widerruf der Bewährung führen können.
Gibt es das Ehrenamt in der Bewährungshilfe?
Ja, sozial engagierte Bürger dürfen ehrenamtlich in der Bewährungshilfe unterstützend tätig werden. Sie übernehmen damit eine sehr wichtige Aufgabe: Mutig und engagiert unterstützen sie Straftäter bei der Resozialisierung und arbeiten dabei eng mit den Gerichten und den hauptamtlichen Bewährungshelfern zusammen, um diese zu entlasten.
Vor allem, wenn es um weniger schwerwiegende Straftaten geht, können ehrenamtliche Mitarbeiter den Verurteilten bei vielen Herausforderungen, wie beispielsweise der Strukturierung des Alltags, hilfreich zur Seite stehen. Die gesetzliche Grundlage für das Ehrenamt in der Bewährungshilfe bilden das Jugendgerichtsgesetz (§ 24) und das Strafgesetzbuch (§ 56).
Natürlich gibt es auch gewisse Verhaltensanforderungen, die an ein Ehrenamt in so einem sensiblen Bereich gestellt werden. Unter anderem sind soziales Engagement, Einfühlungsvermögen, Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit und Verschwiegenheit Voraussetzungen, um als ehrenamtlicher Bewährungshelfer arbeiten zu können. Zudem ist ein erweitertes Führungszeugnis gemäß § 30a BZRG (Bundeszentralregistergesetz) für dieses Amt notwendig.
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