Die „Coaching-Falle“ Teil 24: OLG Hamburg hebt Urteil der Vorinstanz auf – schlechte Nachrichten für Coaching-Kunden?

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Frage der Rechtmäßigkeit von hochpreisige Onlinecoachings wird zunehmend ein Fall für die Gerichte. Bisher hat sich die Rechtsprechung allerdings in fast allen Fällen auf die Seite der Coaching-Kunden gestellt und die Verträge aus verschiedenen Gründen für nichtig erklärt:


- So hatte das Landgericht Stade einen Coaching-Vertrag für sittenwidrig erklärt 

- Das Oberlandesgericht Celle hat dann in der Folge entschieden, dass Unternehmer ebenfalls ein Widerrufsrecht haben, wenn das Fernunterrichtsschutzgesetz Anwendung findet

- Das Landgericht Leipzig, das Landgericht Hamburg und das Landgericht Hannover haben das Fernunterrichtsschutzgesetz für anwendbar erklärt und gegen die Coachingunternehmen entschieden

- Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat gegen die CopeCart GmbH geurteilt

- Zudem hat das Landgericht Stuttgart nach einem Medienbericht die Sittenwidrigkeit eines Coaching-Vertrags des Bestseller-Verlags von Dirk Kreuter festgestellt


Jüngst hat allerdings das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg das Urteil des Landgerichts aufgehoben und für das Coaching-Unternehmen entschieden.


Worum geht es genau?

In erster Instanz hatte das LG Hamburg die Zahlungsklage des Coaching-Unternehmens abgewiesen und dieses außerdem zur Zahlung sämtlicher Anwalts- und Gerichtskosten verurteilt. Zur Begründung führte das Landgericht Hamburg aus, dass der Vertrag schon wegen eines Verstoßes gegen das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nichtig sei, weil keine Zulassung vorlag, obwohl Fernunterricht durchgeführt wurde. Wie das Gericht ausführt, war die Idee die Folgende:


„Insbesondere waren Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität angeboten wurden, die nicht geeignet waren, das in der Werbung genannte Lehrgangsziel zu erreichen.“


Dieser Schutz soll nach der Ansicht des Gerichts nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Unternehmer gelten, weil es nach wie vor wichtig ist,


„die teilweise mangelnde Seriosität der Fernlehrinstitute zu beheben“.


Hiermit meint das Gericht – aus unserer Sicht folgerichtig – ganz konkret auch die Anbieter aktueller Online-Coachings, die teils für mehrere Tausend Euro Videokurse mit mehr oder weniger umfangreichen Support per WhatsApp, Zoom-Call oder Telegram anbieten.

Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.


Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg

Das OLG in Hamburg hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und den Kunden zur Zahlung der vereinbarten Coaching-Gebühren verurteilt (OLG Hamburg, Urteil vom 20.02.2024, Az. 10 U 44/23). Konkret war das Obergericht der Meinung, dass der Vertrag eben nicht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz nichtig sei, weil „es sich bei dem geschlossenen Vertrag nicht um einen Vertrag i.S.d. § 1 FernUSG handelt“, also weil kein Fernunterricht vorlag. Dies vor allem deswegen, weil der Kunde nicht dargelegt hat, dass ihm laut Vertrag „bestimmte Kenntnisse vermittelt werden sollten“. Vereinbart sei vielmehr ein „Mentoring“, bei welchem der Kunde Fragen stellen könne.

Mit anderen Worten – nach dem OLG liegt kein Fernunterricht vor, weil das Coaching-Unternehmen nicht die Pflicht hatte, dem Kunden wissen zu vermitteln. Dementsprechend konnte natürlich auch keine Lernkontrolle erfolgen, die für das Vorliegen von Fernunterricht aber erforderlich ist. Hier dürften viele Kunden wohl eine andere Ansicht haben, je nachdem, was im Verkaufsgespräch vereinbart wurde und was im Vertrag steht.


Welche Folgen hat das Urteil?

Das Urteil des OLG Hamburg stellt für den dort entschiedenen Einzelfall fest, dass kein Fernunterricht vorgelegen habe. Die meisten anderen Gerichte – wie etwas das Oberlandesgericht Celle – legen den Begriff aber weiter aus, gerade weil aufgrund des Wildwuchses im Coaching-Bereich eine große Schutzbedürftigkeit der Kunden gegeben ist, die teils extrem hochpreisige Verträge abgeschlossen haben, was nicht selten sogar existenzbedrohend sein kann. Zu den teils mehr als zweifelhaften Methoden einiger Online Coaches erfahren Sie hier mehr.

Insofern sollte das Urteil aus Hamburg – auch wenn es von Seiten der Coaches aktuell gern anders dargestellt wird – nicht überbewertet werden. Nur weil in diesem konkreten Fall kein Fernunterricht vorlag und das Schutzgesetz daher nicht anwendbar war, heißt dies nicht, dass Kunden in anderen Fällen keinen Schutz genießen. Hier ist der jeweilige Einzelfall genau zu prüfen.


Fazit

Wenn auch Sie einen Coaching-Vertrag abgeschlossen haben und unzufrieden sind, beraten wir Sie mit unserer Erfahrung aus zahlreichen Coachingfällen gern dazu, mit welchen rechtlichen Mitteln Sie vorgehen können und welche Erfolgsaussichten in Ihrem Fall bestehen. Die rechtlichen Angriffspunkte in Coaching-Fällen sind vielfältig und keineswegs nur auf das Fernunterrichtsschutzgesetz beschränkt.

Melden Sie sich hierzu gern für ein unverbindliches Erstgespräch!


Direkt zum Telefontermin: https://calendly.com/kanzleiliebich/erstbesprechung

Website: http://www.ra-marko-liebich.de/

E-Mail: Kanzlei@RA-Marko-Liebich.de

Telefon: 03521 / 71 99 6 99

Foto(s): adobe stock photos


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marko Liebich

Beiträge zum Thema