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Erbverzicht für einen Sportwagen?

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Der Tod kommt oft unerwartet und so versuchen viele Menschen, ihr Erbe frühzeitig und umfassend zu regeln, beispielsweise per Testament, Vermächtnis oder Erbvertrag. Oft werden auch zu Lebzeiten schon Teile des Vermögens an die zukünftigen Erben überschrieben, die im Gegenzug dafür einen Erbverzicht erklären. Dabei ist allerdings nicht alles zulässig, wie ein vom Oberlandesgericht (OLG) entschiedener Fall zeigt.

Zahnarztsohn in Ausbildung

Ein Zahnarzt hatte sich im Jahr 1997 von seiner Frau scheiden lassen. Ihr gemeinsamer Sohn war daraufhin zunächst bei der Mutter aufgewachsen, zog 2013 allerdings zu seinem Vater, um eine Ausbildung zum Zahntechniker zu beginnen.

Dort interessierte sich der junge Mann auch für den rund 100.000 Euro teuren Sportwagen, den sich der Zahnarzt in diesem Zeitraum gekauft hatte. Kurz nach seinem 18. Geburtstag fuhren Vater und Sohn dann zu einem Notar und unterzeichneten dort eine Vereinbarung.

Verzicht auf Erbe und Pflichtteil

In dem notariell beurkundeten Vertrag erklärte der 18-Jährige einen umfassenden Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchsverzicht. Kurz gesagt, er sollte nach dem Tod seines Vaters, obwohl er als Sohn eigentlich sein gesetzlicher Erbe wäre, von dessen Vermögen rein gar nichts mehr bekommen.

Als Gegenleistung dafür sollte er den Sportwagen des Vaters bekommen, allerdings frühestens zu seinem 25. Geburtstag und auch nur, wenn er seine Gesellen- und Meisterprüfung jeweils mit der Note 1 bestehen würde.

Unsichere Gegenleistung

Noch am selben Nachmittag, nach einem Telefongespräch mit seiner Mutter, erkannte der junge Mann, dass er möglicherweise „über den Tisch gezogen“ worden war. Er versuchte daraufhin mithilfe eines Anwalts, den Erbverzicht rückgängig zu machen, und hatte damit auch Erfolg. Das OLG Hamm bestätigte nun, dass die zwischen Vater und Sohn geschlossenen Vereinbarungen in ihrer Gesamtwürdigung sittenwidrig und damit nichtig waren.

So gab es zum einen ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen dem Erbrecht, auf das der Zahnarztsohn verzichtet hatte, und dem zum angepeilten Übergabetermin bereits rund sieben Jahre alten Sportwagen. Außerdem schränkte die Klausel, dass der junge Mann dafür eine Ausbildung zum Zahntechniker mit Bestnote abschließen musste, dessen Berufswahl erheblich ein.

Sittenwidrigkeit der Vereinbarung

Die Aussage des Vaters, er habe seinen Sohn mit der Vereinbarung nur motivieren wollen, seine Ausbildung schnell und mit guten Noten abzuschließen, schenkten die Richter keinen Glauben. Dafür wäre ein Erbverzicht, der auch dann eintreten sollte, wenn der Sohn die Ausbildungsziele nicht erreicht und damit den Sportwagen gar nicht bekommt, schließlich nicht notwendig.

Auch weitere äußere Umstände – beispielsweise dass der junge Mann vorher keinen Vertragsentwurf erhalten hatte und sich so über die Tragweite der Vereinbarung gar nicht richtig bewusst war – sprachen für die Sittenwidrigkeit des Erbverzichts. So bekommt der junge Mann nun zwar nicht den Sportwagen des Vaters, behält dafür aber sein gesetzliches Erbrecht.

Fazit: Auch notariell beurkundete Verträge können sittenwidrig sein, nämlich dann, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen.

(OLG Hamm, Urteil v. 08.11.2016, Az.: 10 U 36/15)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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