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Firma geschlossen wegen Coronavirus: Müssen Arbeitgeber weiter Lohn zahlen?

  • 4 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Das Coronavirus trifft Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen hart. Die Ausnahmesituation kann Arbeitgeber jedoch berechtigen, ihren Mitarbeiter keine Vergütung zu zahlen, wie sich aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergibt.

Erhalten Arbeitnehmer bei einer Schließung des Unternehmens wegen des Coronavirus weiterhin Lohn?

Während des sogenannten Lockdowns war der Betrieb vieler Arbeitsstätten behördlich untersagt. Auch im Falle einer solchen hoheitlich angeordneten Betriebsschließung gingen insbesondere weite Teile der Rechtsprechung davon aus, dass dies dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers unterfalle. Infolgedessen sei dieser weiterhin verpflichtet, Arbeitnehmern Vergütung zu zahlen, beziehungsweise sozialversicherungsrechtliche Möglichkeiten wie insbesondere der Kurzarbeit zu nutzen.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch in einem Fall entschieden, dass eine staatlich angeordnete Schließung zum Infektionsschutz infolge der Coronapandemie kein Betriebsrisiko darstelle (Urteil v. 14.10.2021, Az.: 5 AZR 211/21). Dieses Risiko sei nicht im Betrieb angelegt, sondern zähle vielmehr zum allgemeinen Lebensrisiko.

Der Arbeitgeber musste wie viele andere im vorliegenden Fall sein Ladengeschäft schließen aufgrund der Allgemeinverfügung der Freien Hansestadt Bremen vom 23. März 2020. Seine geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin, die deshalb nicht arbeiten konnte, klagte mit Verweis auf das Betriebsrisiko auf weitere Lohnzahlung. Ihre Klage blieb nach Erfolgen in den Vorinstanzen in der Revision zum Bundesarbeitsgericht letztlich erfolglos. Insbesondere dass ihr als Minijobberin keine Lohnersatzleistung wie insbesondere Kurzarbeitergeld zustehe, führe dem höchsten Arbeitsgericht zu keiner Zahlungspflicht ihres Arbeitgebers.

Für Arbeitgeber, die sich auch aus freien Stücken zur Schließung ihrer Betriebe entschlossen haben, gilt das nicht.

Arbeitgeber müssen das Betriebsrisiko nicht immer in Kauf nehmen

Das sogenannte Betriebsrisiko des Arbeitgebers ist in § 615 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Kann ein Arbeitgeber danach die von seinem Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht in Anspruch nehmen, ist der Arbeitgeber weiterhin zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Das gilt auch für Fälle, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Dieses Risiko wird als Betriebsrisiko bezeichnet.

Zum Betriebsrisiko werden dabei solche Fälle gezählt, in denen ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer aufgrund eines im Betrieb angelegten Risikos nicht beschäftigen kann. Beispiele sind etwa ein Feuer oder fehlende Produktionsmittel wie Maschinenausfälle oder Bauteilmangel, aufgrund der Arbeitnehmern die weitere Erbringung ihrer Arbeitsleistung unmöglich wird.

Nicht zum Betriebsrisiko zählt dagegen, wenn eine Behörde aufgrund der Coronapandemie die Betriebsschließung anordnet.  Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist hier dem Bundesarbeitsgericht zufolge vielmehr die Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen.

Homeoffice als Alternative zur Betriebsschließung

Bei Unternehmen ohne Kundenkontakt, in denen alle Arbeitsabläufe in Büros stattfinden, können andere Voraussetzungen vorliegen. Zum Beispiel bietet es sich für Arbeitgeber solcher Betriebe an, für ihre Belegschaft die Arbeit im Homeoffice anzuordnen, damit er erst gar keine Schließung und damit fehlende Beschäftigungsmöglichkeit seiner Beschäftigten riskiert. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Rechtstipp Coronavirus: Unter welchen Voraussetzungen ist Homeoffice möglich?

Weitere Möglichkeiten sind der Abbau von Überstundenkonten. Denkbar ist auch die Anordnung von Urlaub, die allerdings engen Grenzen unterliegt. wie der folgende Rechtstipp zeigt: Urlaubsregelungen in Zeiten von Corona – was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen?

Muss der Arbeitgeber weiterhin Lohn zahlen, wenn es zu einem Einbruch der Aufträge kommt oder Lieferanten ausfallen?

Hier ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die Lohnzahlungen einzustellen, weil ein solcher Fall in den Bereich seines Betriebsrisikos fällt. Ähnlich wie bei einer Schließung des Betriebs bieten seine Beschäftigten weiterhin ihre Arbeitsleistung an, während er sie nicht annehmen kann.

Müssen Mitarbeiter ausgefallene Arbeitsstunden nacharbeiten?

In der Regel Nein. Ist die Schließung des Betriebs flächendeckend durch die Behörden angeordnet worden, erhalten sie mangels Betriebsrisiko ohnehin keine Vergütung. Andernfalls unterfällt die Vergütungspflicht dem Betriebsrisiko der Arbeitgebers. 

Allerdings ist es möglich, dass in bestimmten Arbeits- oder Tarifverträgen abweichende Regelungen festgelegt worden sind. Voraussetzung ist jedoch, dass die betreffenden Klauseln wirksam sind.

Pflicht zur Lohnfortzahlung trotz Verdienstausfall – wie überbrücken Arbeitgeber den finanziellen Verlust?

In allererster Linie sind Arbeitgeber auch gefordert staatliche Angebote in Anspruch zu nehmen. Das gilt insbesondere für die Kurzarbeit. Deren Bedingungen wurden infolge der Pandemie erleichtert: Kurzarbeit - was Sie wissen und beachten müssen! 

Die Bundesregierung und die Landesregierungen haben zahlreiche finanzielle Hilfen beschlossen, um Unternehmen und Selbstständige vor der finanziellen Schieflage zu bewahren. Folgende Maßnahmen wurden unter anderem eingeführt: Kurzarbeit ‒ Was gilt in Zeiten von Corona?

Arbeitnehmer, die Kurzarbeit infolge der Pandemie ablehnen und auf weitere volle Lohnzahlung bestehen, kann dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zufolge rechtmäßig gekündigt werden (Urteil v. 18.03.2021, Az.: 4 Sa 413/20).

Genauso st an die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen zu denken. 

  • Der KfW-Unternehmerkredit für Betriebsmittel und Investitionen: Berechtigt sind Unternehmen, die mindestens 5 Jahre auf dem Markt aktiv sind. 
  • Der ERP-Gründerkredit: Dieser ermöglicht eine zinsgünstige Finanzierung von Gründungen für Unternehmen, die mindestens 3 Jahre am Markt sind. Diese gilt für Gründungen in allen Branchen und alle Formen der Existenzgründung.
  • Bürgschaftserleichterungen: Der Bürgschaftshöchstbetrag wird auf 2,5 Millionen verdoppelt und der Risikoanteil des Bundes steigt um 10 Prozent. Bürgschaftsbanken können ab jetzt bis zu einem Betrag von 250.000 EUR die Entscheidung zur Gewährung einer Bürgschaft innerhalb von drei Tagen treffen.
  • Finanzielle Soforthilfen für betroffene Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer: Diese gelten für alle Wirtschaftsbereiche und ermöglichen eine Einmalzahlung von bis zu 15.000 EUR.
  • Steuererleichterungen wie die Möglichkeit zur Stundung von Steuerzahlungen und die Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer.
  • Überbrückungshilfe für KMU bei coronabedingten Umsatzrückgängen.
  • Ausbildungsprämie zum Schutz von Ausbildungsplätzen.

Einen Überblick über die Hilfen geben die folgenden Rechtstipps:

Bei Fragen zu den genannten Hilfspaketen hilft Ihnen ein Anwalt weiter. Bestimmte Hilfen lassen sich zudem nur mit Hilfe bestimmter Berufsträger beantragen, zu denen insbesondere Rechtsanwälte zählen.

(JSC, GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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