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Gerichtstermine verschoben und Fristen verlängert – was Kläger und Beklagte wissen müssen

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Die Fristen im Prozessrecht gelten weiterhin, z. B. die dreiwöchige Frist für die rechtzeitige Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht.
  • Die Gerichte sind jetzt gefragt, Anwälten und Bürgern durch Fristenlockerungen und Terminverschiebungen entgegenzukommen.
  • Es ist mit Ersatzterminen, schriftlichen Verfahren und Videokonferenzen zu rechnen.

Nicht nur die Wirtschaft, auch die Justiz ist mittlerweile von der Corona-Krise betroffen. Ausgangsbeschränkungen, Ausgangsperren und weitere Maßnahmen führen dazu, dass der Rechtsstaat verlangsamt wird. Dennoch gelten bestimmte Grundsätze weiterhin. Wie die Situation für Betroffene ist und welche Möglichkeiten bestehen:

Fristen bleiben weiterhin bestehen

Auch in Zeiten der Corona-Krise sind gesetzliche und vertragliche Fristen einzuhalten. Das bedeutet, dass Kläger und Beklagte weiterhin fristwahrende Maßnahmen vorzunehmen haben. Verpasst man Fristen trotz rechtzeitiger Möglichkeit, ist eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand meist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.

Zu empfehlen ist daher, die Fristen unbedingt zu wahren und die dafür notwendigen Schritte rechtzeitig zu vollziehen.

Kündigung erhalten? – ein Blick auf das Arbeitsrecht

In der jetzigen wirtschaftlichen Situation ist vermehrt mit Kündigungen durch Arbeitgeber zu rechnen. Doch nicht immer ist eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt und wirksam. So müssen auch hier bestimmte Dinge berücksichtigt werden. Wenn Sie demnach eine Kündigung von Ihrem Arbeitgeber erhalten und Zweifel an der Wirksamkeit haben, können Sie im Rahmen einer Kündigungsschutzklage gegen diese vorgehen.

Es gilt hier weiterhin die Dreiwochenfrist nach § 4 und § 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Möchte man sich demnach gegen eine Kündigung zur Wehr setzen, muss man innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Lässt man die Frist untätig verstreichen, wird die Kündigung unmittelbar wirksam und die Überprüfung der Kündigung durch das Arbeitsgericht entfällt. Die zwischenzeitlich geplante Verlängerung auf fünf Wochen wurde verworfen. Schließlich können Gerichte bei unverschuldeter Verhinderung die Klage nachträglich zulassen, wovon aufgrund der aktuellen Lage auch auszugehen ist.

Auch wenn bei den Entscheidungen der Gerichte derzeit mit Verzögerungen zu rechnen ist, muss die Frist dennoch eingehalten werden.

Daneben sind auch weiterhin die Ausschlussfristen zu beachten. Wenn also zuvor Ausschlussfristen wirksam vereinbart wurden, müssen Ansprüche innerhalb der Zeit, die die Ausschlussfristen vorsehen, geltend gemacht werden, da sie andernfalls verfallen.

Fristen im Gewährleistungsrecht

Auch Fristen rund um die Gewährleistungsrechte sind weiterhin zu beachten. Verjährungsfristen bleiben weiterhin bestehen und sind auch trotz der Corona-Krise hinreichend zu berücksichtigen, wenn man seine Ansprüche nicht verlieren möchte.

Im Kaufrecht heißt dies, dass Gewährleistungsrechte weiterhin von einem bis zu zwei Jahren ab Gefahrübergang geltend zu machen sind.

Dasselbe gilt im Werkvertragsrecht. Hier beginnt die Frist weiterhin zum Zeitpunkt der Abnahme des Werkes zu laufen. Abhängig davon, ob es um ein Bauwerk oder einen anderen Gegensteht geht, beträgt die Gewährleistungsfrist zwei, vier oder bis zu fünf Jahre.

Auch hier sind die Fristen immer zu prüfen und einzuhalten und verjährungshemmende Maßnahmen vorzunehmen.

Wie gestaltet sich die Rechtslage im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht?

Auch im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht bleiben die gesetzlichen Fristen bestehen. Erhält man einen Bußgeldbescheid oder einen Strafbefehl, hat man zwei Wochen Zeit, gegen die jeweilige Entscheidung vorzugehen. Man muss form- und fristgerecht Einspruch einlegen, da sonst der Bescheid bzw. der Strafbefehl wirksam wird und nicht mehr angreifbar ist.

Fristen bei einem Mahnbescheid

Gegen Mahnbescheide kann man vorgehen, doch auch hier ist die gesetzliche Frist von zwei Wochen ab Zugang des Mahnbescheides zu beachten. Legt man nicht innerhalb der zwei Wochen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, ergeht ein Titel gegen den Schuldner, mit dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.

Gerichtliche Fristen

Auch die gerichtlichen Fristen gelten weiterhin, soweit nichts anderes festgelegt wurde.

So muss man z. B. weiterhin die zweiwöchige Frist zur Verteidigungsanzeige einhalten. Andernfalls muss man mit einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten rechnen.

Hiergegen kann im Zuge eines Einspruchs vorgegangen werden, wofür ebenfalls bestimmte Fristen gelten. Im Arbeitsrecht gilt eine Woche ab Zugang des Urteils; ansonsten haben Betroffene zwei Wochen Zeit, dagegen vorzugehen. Wird die Frist versäumt, kann das Versäumnisurteil vollstreckt werden.

Auch Fristen zur Klageerwiderung und für weitergehende Rechtsmittel müssen eingehalten werden.

Fristen unbedingt beachten!

Es wird deutlich, dass unabhängig vom Verfahren Fristen auch in Zeiten von Corona eingehalten werden müssen, um Nachteile zu vermeiden. Das gilt sowohl für die soeben aufgezeigten als auch für alle weiteren, hier nicht aufgeführten Fristen.

Mögliche Ersatzlösungen: schriftliches Verfahren oder Videokonferenz

Wenn einer der Beteiligten erkrankt ist oder unter Quarantäne steht, gestaltet sich die Wahrnehmung eines Gerichtstermins schwierig oder unmöglich.

Die Zivilprozessordnung (ZPO) bietet Möglichkeiten an, gerichtliche Entscheidungen auch ohne mündliche Verhandlung zu treffen. So können die Gerichte zu schriftlichen Verfahren übergehen, was gerade bei eiligen Angelegenheiten durchaus sinnvoll erscheint. Voraussetzung ist allerdings die Zustimmung der beteiligten Parteien.

Auch ist vermehrt mit mündlichen Verhandlungen per Videokonferenz zu rechnen, die § 128a ZPO bereits seit dem Jahr 2013 grundsätzlich ermöglicht. Voraussetzung dafür ist, dass das Gericht über die notwenige technische Ausstattung verfügt. Dadurch wird auch die Möglichkeit eröffnet, Zeugen, Sachverständige und Parteien per Videokonferenz zu vernehmen.

Von der Verhandlung per Videokonferenz machen immer mehr Gerichte Gebrauch. Das Landgericht Hannover hat nach eigenen Angaben bereits 50 Zivilprozesse per Videokonferenz verhandelt. Bayern möchte seine Gerichte mit der notwendigen Technik ausstatten, nachdem ein Test am Landgericht München I erfolgreich verlief. Am 6. Mai verhandelt auch das Landgericht Düsseldorf seinen ersten Zivilprozess per Videokonferenz.

(MAM) (GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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