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Kündigung wegen Versorgung des kranken Hundes zulässig?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Hunde zählen in Deutschland zu den beliebtesten Haustieren. Sie gehen eine enge Beziehung zu „ihrem Rudel“ ein, bieten ausreichend Unterhaltung und können sogar für manche Menschen Seelentröster oder Kinderersatz sein. Allerdings benötigen sie auch viel Pflege – sie müssen z. B. regelmäßig Gassi gehen und können eine Wohnung bei Langeweile auch mal „auf den Kopf“ stellen. Berufstätige müssen daher abklären, wer sich um ihre Fellnase kümmert, wenn sie selbst auf der Arbeit sind. Doch muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten bezahlt freistellen, wenn dessen Haustier erkrankt ist und ärztlich versorgt werden muss?

Hundehalter bleibt Arbeit fern

Ein Beschäftigter befand sich noch in der Probezeit, als sein Hund einen Schlaganfall erlitt. Der Angestellte rief daher bei seinem Chef an und wollte unter Hinweis auf die anstehende ärztliche Behandlung des Hundes den Folgetag freinehmen. Obwohl der Arbeitgeber keinen Urlaub gewährte, blieb der Hundehalter am betreffenden Tag – ohne jegliche Entschuldigung oder Vorlage eines ärztlichen Attests – der Arbeit fern.

Der Arbeitgeber kündigte aus diesem Grund am nächsten Tag das Arbeitsverhältnis. Das ließ sich der Hundefreund aber nicht bieten. Er habe sich schließlich um sein krankes Tier kümmern müssen und sei deswegen vorübergehend an der Erbringung seiner Arbeit gehindert gewesen. Gemäß § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hätte der Arbeitgeber ihn daher bezahlt freistellen müssen. Stattdessen wurde er nun mit der Kündigung dafür bestraft, dass er von seinem Recht Gebrauch gemacht habe. Er hielt die Kündigung unter anderem aus diesem Grund für unwirksam und zog dagegen vor Gericht.

Grund für Freistellung muss bekannt sein

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg bejahte die Wirksamkeit der Kündigung.

Kündigungsschutz in der Probezeit?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) war vorliegend nicht anwendbar, weil der Hundefreund noch keine sechs Monate im Unternehmen angestellt war, vgl. § 1 I KSchG.

In solchen Fällen stehen Beschäftigte generell jedoch nicht schutzlos da – sie können vielmehr gerichtlich überprüfen lassen, ob die Kündigung z. B. sittenwidrig oder rechtsmissbräuchlich war. So ist eine Kündigung etwa unwirksam, wenn der Arbeitgeber nur deshalb kündigt, weil der Beschäftigte seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt hat. Denn darin ist ein Verstoß gegen das sog. Maßregelungsverbot nach § 612a BGB zu sehen. Somit werden auch Angestellte in der Probezeit in einem gewissen Maß vor ungerechtfertigten Kündigungen geschützt.

Freistellung wegen Versorgung des Haustieres?

Vorliegend lehnten die Richter einen Verstoß des Arbeitgebers gegen das Maßregelungsverbot ab. Denn der Angestellte hatte einen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB nicht nachweisen können. Der besteht nämlich nur, wenn man schuldlos, unerwartet und lediglich vorübergehend seine Arbeit nicht erledigen kann.

Muss das Haustier eines Beschäftigten während der Arbeitszeit ärztlich versorgt werden, kann zwar durchaus eine vorübergehende Verhinderung vorliegen. Dann aber muss der Tierhalter genau darlegen, warum ausgerechnet er – und nicht z. B. seine Ehefrau – das Tier während der Arbeitszeit zum Arzt bringen musste. Nur dann kann nämlich der Arbeitgeber entscheiden, ob ein Fall des § 616 BGB vorliegt oder nicht.

Diese Informationen fehlten dem Arbeitgeber im vorliegenden Fall jedoch. Er wusste nur, dass der Hund erkrankt war und ärztliche Hilfe benötigte. Somit konnte er mangels Kenntnis der genauen Umstände also gar nicht beurteilen, ob der Tierhalter wirklich nach § 616 BGB verhindert war oder nicht – und ihn daher auch nicht mittels Kündigung für das Fernbleiben von der Arbeit maßregeln. Damit lag kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB vor – die Kündigung war wirksam.

Fazit:

Ist ein Beschäftigter schuldlos, unvorhergesehen und nur vorübergehend an der Erbringung seiner Arbeit verhindert, kann er verlangen, bezahlt von der Arbeit freigestellt zu werden. Allerdings dürfen neben dem Angestellten nicht auch noch viele andere Personen ebenso betroffen sein – wer sich also auf § 616 BGB berufen möchte, weil er z. B. im Stau steht, hat Pech gehabt. Ferner muss der Arbeitgeber genau über die Umstände der Verhinderung aufgeklärt werden.

(LAG Nürnberg, Urteil v. 21.07.2016, Az.: 5 Sa 59/16)

(VOI)

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