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Pflichtpraktikum vs. freiwilliges Praktikum – wo liegt der Unterschied?

  • 5 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Ohne Praktikum steigen heute nur noch wenige Studenten ins Berufsleben ein, denn die meisten Studenten absolvieren während ihres Studiums mindestens ein Praktikum. 

Für den Praktikumsrahmen ist es entscheidend, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder um ein freiwilliges Praktikum handelt, denn es bestehen z. B. in puncto Vergütung und Urlaub gewichtige Unterschiede.

Definition: Was ist ein Pflichtpraktikum bzw. wann spricht man von einem freiwilligen Praktikum?

Als Pflichtpraktikum bezeichnet man Praktika, die Studien- und Prüfungsordnungen als Teil des Studiums zwingend vorschreiben. Ohne Absolvierung des Praktikums – das vom Prüfungsausschuss anerkannt werden muss – fehlt eine wichtige Vorleistung, ohne die ein erfolgreicher Studienabschluss ausgeschlossen ist. Rechtsgrundlage für das Pflichtpraktikum ist die jeweilige Studien- und Prüfungsordnung des entsprechenden Studiengangs in Verbindung mit dem Praktikumsvertrag.

Das freiwillige Praktikum ist das Gegenstück zum Pflichtpraktikum. Damit ist jedes Praktikum, das kein Pflichtpraktikum ist, ein freiwilliges Praktikum. Von einem freiwilligen Praktikum spricht man daher immer dann, wenn der Student das Praktikum – wie der Name schon sagt – freiwillig absolviert. Freiwillige Praktika sind nicht Bestandteil des Studiums, sondern werden von den Studierenden zusätzlich absolviert. Rechtsgrundlage ist hier einzig und allein der Praktikumsvertrag.

Inhalt und Ziel des Praktikums

Unabhängig davon, um welche Art von Praktikum es sich handelt, beabsichtigen Studenten mit dem Praktikum immer, einen Einblick in ein bestimmtes Arbeitsfeld zu erhalten und erste praktische Erfahrungen zu sammeln. Im Detail können die Praktikumsziele aber dennoch sehr unterschiedlich sein. Weitere typische Praktikumsziele können sein:

  • Erbringung der erforderlichen Studienleistung (beim Pflichtpraktikum)
  • Erste berufliche Orientierung
  • Ausprobieren eines bestimmten Berufs- oder Tätigkeitsbereichs, der mit dem Studiengang angestrebt werden könnte
  • Aufbesserung des eigenen Lebenslaufs

Der Praktikumsinhalt richtet sich einerseits danach, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges Praktikum handelt. Anderseits spielen aber auch die Studieninhalte, die bisherigen Studienleistungen und die Einsatzbereitschaft des Praktikanten eine große Rolle. Je engagierter, wissbegieriger und leistungswilliger ein Praktikant ist, desto mehr wird er vom Unternehmen gefördert und eingesetzt.

Praktikumsinhalt beim Pflichtpraktikum

Beim Pflichtpraktikum sind Inhalt, Art und Dauer des Praktikums häufig detailliert in der entsprechenden Studien- und Prüfungsordnung vorgegeben. Diese geben auch genau vor, welche Pflichten der Praktikant hat und ob er z. B. einen Praktikumsbericht (z. B: am Ende des Praktikums oder wöchentlich) erstellen muss, ob er ein Praktikumstagebuch führen muss oder gar eine Praktikumsarbeit verfassen muss. Oft schreibt die Studien- und Prüfungsordnung vor, dass der Praktikant das im Studium bereits erworbene Wissen praktisch einsetzen muss.

Die genauen Vorgaben können sich je nach Studienfach, Universität und Hochschule sehr stark unterscheiden. Vor der Bewerbung um einen Praktikumsplatz bzw. vor dem Vorstellungsgespräch sollte man daher einen genauen Blick in die Studien- und Prüfungsordnung werfen. Dies ist nicht nur essenziell für die Anerkennung des gewählten Praktikums, sondern viele Unternehmen erkundigen sich spätestens beim Vorstellungsgespräch genau nach den Vorgaben der Universität oder Hochschule.

Praktikumsinhalt beim freiwilligen Praktikum

Beim freiwilligen Praktikum gibt es keine inhaltlichen Vorgaben, sondern der Praktikumsinhalt wird vom Praktikanten und Unternehmen festgelegt. Beide Seiten sind daher bei einem freiwilligen Praktikum sehr frei in der Ausgestaltung. Wichtige Anhaltspunkte für den genauen Einsatz des Praktikanten ergeben sich aus der Stellenausschreibung und dem späteren Praktikumsvertrag.

Vergütung des Praktikums

Obwohl Praktikanten grundsätzlich unter das Mindestlohngesetz (MiLoG) fallen, sind die meisten Praktika von Studenten nicht mindestlohnpflichtige Ausnahmen. Grundsätzlich ist der Praktikumslohn Verhandlungssache und Studenten haben gute Chancen, wenigstens eine geringe Aufwandsentschädigung oder andere finanzielle Beteiligungen zu erhalten. Ausführliche Informationen zum Thema Praktikumsvergütung finden Sie in unserem Rechtstipp „Praktikumsvergütung: Welchen Lohn können Praktikanten verlangen?“.

Praktikumsvergütung beim Pflichtpraktikum

Pflichtpraktika sind nach § 22 Abs. 1 MiLoG nicht vom Mindestlohn erfasst. Dennoch können die meisten Pflichtpraktikanten eine gute Praktikumsvergütung zwischen durchschnittlich 800 und 1200 Euro aushandeln. Grund dafür ist der Personalwettbewerb der anbietenden Unternehmen. Pflichtpraktikanten sind in der Regel bereits gut vorgebildet und leisten nach der Einarbeitung einen guten und wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Häufig sind Pflichtpraktikanten zwischen vier bis sechs Monate im Betrieb und bleiben danach nicht selten länger, um auch noch ihre Abschlussarbeit im Unternehmen zu schreiben. Bei dieser – für Praktikanten – langen Betriebszugehörigkeit rechnet sich die Einarbeitung für Unternehmen. Dies führt zusammen mit personalmarketingtechnischen Erwägungen dazu, dass die meisten Unternehmen gern bereit sind, eine angemessene und faire Praktikumsvergütung zu zahlen.

Praktikumsvergütung beim freiwilligen Praktikum 

Beim freiwilligen Praktikum hängt die Praktikumsvergütung von der Dauer des Praktikums ab. Bei einer Praktikumsdauer von mehr als drei Monaten müssen Unternehmen den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde zahlen. Freiwillige Praktika unter drei Monate sind nicht mindestlohnpflichtig und werden häufig nur mit einer sehr geringen Aufwandsentschädigung oder überhaupt nicht vergütet. Hier entstehen den Unternehmen bereits durch die Einarbeitung des Praktikanten Kosten, die sie durch die kurze Praktikumsdauer kaum oder nur in sehr geringem Maß zurückbekommen. Deshalb fällt die Vergütung dieser Praktikanten entsprechend gering aus.

Urlaubsanspruch für Praktikanten

Praktikanten arbeiten zwar in der Regel wie „normale“ Arbeitnehmer bis zu vierzig Stunden die Woche, einen Urlaubsanspruch haben sie aber dennoch nicht immer. Ob und wie viel Erholungsurlaub Praktikanten haben, hängt davon ab, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder um ein freiwilliges Praktikum handelt.

Urlaubsanspruch beim Pflichtpraktikum

Pflichtpraktikanten steht grundsätzlich kein Urlaubsanspruch zu. Sie gelten urlaubsrechtlich nicht als Arbeitnehmer, sondern als Studenten, die im Rahmen eines Praktikums berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erwerben. Pflichtpraktikanten haben zwar dennoch auf vertragsrechtlicher Ebene grundsätzlich die Möglichkeit, einige Urlaubstage auszuhandeln, jedoch verbieten viele Studien- und Prüfungsordnungen dies.

Urlaubsanspruch beim freiwilligen Praktikum

Anders sieht es beim freiwilligen Praktikum aus. Hier haben Praktikanten ab einer Praktikumsdauer von einem Monat einen Anspruch auf zwei Urlaubstage pro Monat. Das gilt auch, wenn Pflichtpraktikanten freiwillig länger im Unternehmen bleiben, als nach der Studien- und Prüfungsordnung vorgesehen.

Dauert das freiwillige Praktikum länger als sechs Monate, steht dem Praktikanten ein Urlaubsanspruch von 24 Tagen zu.

Foto(s): fotolia.com

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