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Rechtstipp-Serie zu „Die Höhle der Löwen“: Fünf Fragen rund um die wettbewerbsrechtliche Abmahnung

  • 7 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Löwe Ralf Dümmel bereitete ein Investment in ein Produkt zu Beginn der neuen Staffel große Probleme. Vor wenigen Tagen wurde nämlich bekannt, dass der Verkauf des flüssigen Displayschutzgels „Protect Pax“ gestoppt werden musste. Der Grund: eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung und einstweilige Verfügung wegen der beiden Werbeaussagen „100 Prozent bruch- und kratzsicher“ und „zwölf Monate haltbar“. Die wettbewerbsrechtlichen Risiken werden gerade von jungen Start-ups und Firmengründern häufig unterschätzt. Der heutige Rechtstipp aus der Rechtstipp-Serie zur Höhle der Löwen klärt deshalb anhand des Falls der beiden populären Gründer aus „Die Höhle der Löwe“ folgende fünf Fragen rund um die wettbewerbsrechtliche Abmahnung:

Was ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bzw. eine einstweilige Verfügung?

Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ein juristisches Instrument, mit dem ein wettbewerbswidriges Verhalten gerügt und ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird. Rechtliche Grundlage für diese Form der Abmahnung ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dieses Gesetz stellt die Regeln für das Auftreten von Unternehmern am Markt (als einer von mehreren Wettbewerbern) auf und klärt, welche Verhaltensweisen als unlauter und damit verboten anzusehen sind. Mithilfe dieser Spielregeln sollen ein anständiger Leistungswettbewerb sichergestellt und Verbraucher geschützt werden.

Was wird mit der Abmahnung gefordert?

Mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung wird stets ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Hierzu wird der abgemahnte Unternehmer aufgefordert, sich in Zukunft anders zu verhalten und eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. In den meisten Fällen liegt diese Erklärung dem Abmahnschreiben bei. Wichtig ist für betroffene Unternehmer, diese Unterlassungserklärung vor der Unterzeichnung genauestens – am besten durch einen Rechtsanwalt – prüfen zu lassen. Eine gesetzliche Pflicht zur Unterschrift besteht nicht, ist aber ratsam, wenn man sich tatsächlich wettbewerbswidrig verhalten hat. Es ist aber penibel darauf zu achten, dass tatsächlich nur das falsche Verhalten Gegenstand der Erklärung ist. Vorgefertigte Erklärungen gehen häufig weit darüber hinaus. Unterschreibt man eine zu weit gefasste Unterlassungserklärung, ist man an diese gebunden und darf sämtliche darin monierte Verhaltensweisen nicht mehr an den Tag legen – auch wenn sie nach dem Gesetz erlaubt gewesen wären. Verstößt man gegen die Unterlassungserklärung, muss man in der Regel eine Vertragsstrafe zahlen, die ebenfalls in der Unterlassungserklärung geregelt ist. Es ist also Vorsicht geboten und genauestens auf den Inhalt einer solchen Erklärung zu achten.

Weitere Forderungen der Abmahnung sind klassischerweise die Übernahme der Abmahnkosten, die Zahlung von Schadensersatz oder die Erteilung von Auskünften, auf deren Basis die Höhe des Schadensersatzanspruchs berechnet wird.

Nächster Schritt: Einstweilige Verfügung

Auch wenn das schnelle und leichtfertige Unterschreiben einer Unterlassungserklärung nicht zu empfehlen ist, ist Abwarten und Teetrinken genauso falsch. Erfolgt keine Reaktion, droht eine einstweilige Verfügung. Die einstweilige Verfügung ist die kleine Schwester der Klage, die günstiger und schneller ist. Sie wird auf Antrag innerhalb weniger Tage ohne mündliche Verhandlung erlassen. Der abgemahnte Unternehmer erhält deshalb in der Regel eine solche Verfügung mit schwerwiegenden Folgen direkt zugestellt, ohne sich vorher zum Sachverhalt äußern zu können. Nur in wenigen Ausnahmefällen führen die zuständigen Richter vorher eine mündliche Verhandlung durch, wenn z. B. Zweifel an der Wettbewerbsverletzung bestehen. Da das Gründerteam mit Löwe Ralf Dümmel die Vorwürfe abstritt, ging der Streit vor Gericht. Das Landgericht (LG) Hagen untersagte zunächst die weitere Werbung mit den beanstandeten Werbeaussagen. Eine endgültige Klärung im ordentlichen Verfahren steht derzeit aber noch aus.

Wann droht eine Abmahnung?

Eine Abmahnung droht immer dann, wenn sich Unternehmen auf dem Markt im Wettbewerb mit ihren Konkurrenten nicht an die Spielregeln halten, die das UWG aufgestellt hat. Die meisten Spielregeln betreffen dabei die Werbung und den Internetauftritt. In diesen beiden Bereichen hat das Wettbewerbsrecht daher die größte Relevanz. Als Unternehmer sollte man deshalb bei der Firmenhomepage penibel darauf achten, dass sämtliche Informationspflichten (z. B. Impressumspflicht, Datenschutzerklärung, Hinweise auf ODR-Plattform) erfüllt sind. Bei jeder Werbemaßnahme ist zu prüfen, ob diese wettbewerbsrechtliche Risiken birgt, und muss abgewogen werden, ob sich die potenziell entstehenden Kosten im Worst Case mit dem Erfolg der Maßnahme rechnen.

Was sind die wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Stolpersteine?

Im Wettbewerbsrecht gibt es viele geschäftliche Handlungen, die wegen ihrer Unlauterkeit verboten sind. Es gibt aber vier große Bereiche, die besonders kritisch und abmahnanfällig sind:

Nichtbeachtung von Schutzvorschriften

Es gibt eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften, die Unternehmer zum Schutz von Verbrauchern, anderen Marktteilnehmern oder der Allgemeinheit erfüllen müssen. Die Verletzung solcher Pflichten ist abmahnfähig, weil dadurch die gesetzestreuen Wettbewerber einen Nachteil erleiden. Der juristische Fachbegriff für diese Kategorie lautet „Vorsprung durch Rechtsbruch“. Typische Beispiele hierfür sind eine fehlende oder falsche Widerrufsbelehrung, eine fehlende Verlinkung auf die ODR-Plattform oder ein Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz.

Täuschung & Irreführung

Der zweite große Klassiker unter den wettbewerbsrechtlichen Stolpersteinen ist die irreführende Werbung. Diese wurde auch den Gründern aus „Die Höhle der Löwe“ zum Verhängnis. Sie warben damit, dass ihr Handydisplayschutz zu 100 Prozent bruchsicher ist und zwölf Monate hält. Beweisen konnten sie diese Werbeaussagen aber nicht. Unter dem Gesichtspunkt der Täuschung und Irreführung ist die Werbung mit Superlativen und Tatsachenbehauptungen nur erlaubt, wenn diese nachweisbar richtig sind. Es darf daher z. B. auch nur dann mit der Spitzenposition Nummer eins geworben werden, wenn diese nachweislich besteht. Ein anderes typisches Beispiel ist die Werbung mit einem sog. Stattpreis. Unter einem Stattpreis versteht man eine Preisvergünstigung. Bei dieser Werbung muss stets der teurere Normalpreis mit angeben werden, der vorab für einen längeren Zeitraum gültig war.

Vergleichende Werbung

Grundsätzlich ist vergleichende Werbung mit anderen Produkten erlaubt, wenn bestimmte Spielregeln eingehalten werden. Wird das eigene Produkt werbetechnisch mit Konkurrenzprodukten verglichen, muss es sich tatsächlich um ähnliche Produkte handeln, der Vergleich nachprüfbar sein und das andere Produkt darf nicht schlechtgemacht werden. Unzulässig sind deshalb z. B. Vergleiche mit Produkten, die sich nicht auf den gleichen Bedarf beziehen bzw. die nicht den gleichen Zweck verfolgen. Ebenso unzulässig ist ein Vergleich, der nicht objektiv nachprüfbar ist. Daneben ist es verboten, mit einer Werbemaßnahme eine Verwechslungsgefahr zu erzeugen oder den guten Ruf einer starken Marke auszunutzen.

Unzumutbare Belästigung 

Ebenfalls gefährlich sind Handlungen, die unabhängig von ihrem Inhalt als Belästigung aufgefasst werden. Das ist immer dann der Fall, wenn die Werbung dem Empfänger in besonderem Maße aufgedrängt wird. Werbung ist daher immer dann unzulässig, wenn der Empfänger sie nicht will. Diese Rubrik betrifft vor allem die Werbung mit Prospekten, Briefen, E-Mails, Newsletters, Anrufen usw. Bei diesen Marketinginstrumenten ist besondere Vorsicht geboten und häufig eine explizite Einwilligung des Verbrauchers erforderlich.

Wer darf eine Abmahnung aussprechen? 

Wer eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aussprechen darf, ist ebenfalls gesetzlich geregelt. Dieses Recht steht nicht jedermann zu, auch wenn die Vorschriften dem Verbraucherschutz dienen. Nach § 8 UWG darf eine Abmahnung nur von beeinträchtigten Konkurrenten, Verbänden (z. B. Einzelhandelsverband, Verbraucherschutzverband) oder Kammern ausgesprochen werden. Einzelne Verbraucher oder Kunden sind hingegen nicht abmahnberechtigt. Sie können sich lediglich bei einem Verbraucherschutzverband beschweren.

Im Fall der aus „Die Höhle der Löwen“ bekannt gewordenen Gründer hat der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb e. V. die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausgesprochen und das Gründerteam mit Löwe Ralf Dümmel zur Unterlassung der wettbewerbswidrigen Werbung aufgefordert.

Welche Folgen hat die wettbewerbsrechtliche Abmahnung? 

Welche Folgen die wettbewerbsrechtliche Abmahnung hat, hängt davon ab, ob es sich um eine berechtigte oder unberechtigte Abmahnung handelt. Im Fall der beiden Gründer aus „Die Höhle der Löwen“ hat der abmahnende Verband vom Gericht Recht erhalten und eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der die Werbung mit den bemängelten Werbeaussagen verboten wurde. Da sich die Aussagen auch auf der Produktverpackung befanden, mussten die Gründer mit ihrem Löwen Ralf Dümmel sämtliche im Handel befindlichen Produkte zurückrufen und neu verpacken. Hinzu kommt der erhebliche Vertrauens- und Imageverlust beim Kunden. Wie der Wettbewerbsstreit ausgeht, ist bisher offen, da das Hauptverfahren noch nicht entschieden ist.

Bei einer berechtigten Abmahnung muss der abgemahnte Unternehmer zudem die Kosten der Abmahnung übernehmen und unter Umständen Schadensersatz zahlen. Berechtigt ist die Abmahnung immer dann, wenn der geltend gemachte Unterlassungsanspruch tatsächlich besteht und man sich wettbewerbswidrig verhalten hat. Liegt hingegen kein Wettbewerbsverstoß vor, handelt es sich um eine unberechtigte Abmahnung. In diesem Fall macht sich dann der Abmahnende schadensersatzpflichtig. Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung kann damit schwerwiegende finanzielle Folgen haben. Insgesamt handelt es sich um eine sehr komplexe Materie, sodass juristischer Rat durch einen Experten stets zu empfehlen ist.

Foto(s): MG RTL D

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