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Studiengebühren: Studieren nur mit Sparschwein möglich?

  • 5 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion
Mit erfolgreichem Abi in der Tasche stehen in den nächsten Monaten viele Abiturienten vor der entscheidenden Frage: Studieren oder nicht?

Zunehmend spielt dabei nicht nur der Berufswunsch, sondern auch die Finanzierung eines eventuell langen Studiums eine Rolle. Nicht nur der allgemeine Lebensunterhalt will bestritten werden. Hinzu kommen Lehrmaterial, vor allem Lehrbücher, Fahrtkosten und in vielen Bundesländern inzwischen auch die umstrittenen Studiengebühren.

[image] Studiengebühr oder Semesterbeitrag?

Gleich vorweg: Studiengebühr und Semesterbeitrag sind nicht dasselbe. Den Semester- oder Studienbeitrag gibt es bereits seit vielen Jahren an den meisten Hochschulen. Er wird regelmäßig bei der Immatrikulation (Studieneinschreibung) und der Rückmeldung zum Anfang jeden Semesters erhoben. Mit ihm leisten die Studierenden einen Beitrag zu den für sie angebotenen Leistungen des Studentenwerkes (Mensa, psychologische Anlaufstellen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten u.v.m.). In manchen Bundesländern ist im Studienbeitrag auch ein Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr enthalten. Einzig die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein verzichten ganz auf Semesterbeiträge, Thüringen und Nordrhein-Westfalen teilweise.

Die Erhebung der heftig umstrittenen Studiengebühren ist erst seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.01.2005 (Az.: 2 BvF 1/03) möglich. Es gab den Bundesländern Recht, die gegen das Hochschulrahmengesetz (HRG) des Bundes geklagt hatten. Das HRG hatte bis dahin allgemeine Studiengebühren ausgeschlossen und griff damit zu weit in die Länderkompetenz zur Hochschulgesetzgebung ein. Es folgten zahlreiche Protestaktionen der Studierenden, die geltend machen, dass der Zugang zu Bildung wegen der Chancengleichheit kostenfrei sein muss.

Welche Kosten anfallen, hängt auch vom Studium ab

Als „allgemeine Studiengebühren" bezeichnet man solche, die für ein Erststudium erhoben werden. Studiengebühren für ihr erstes Studium müssen Studierende schon jetzt in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Niedersachsen zahlen (in der Regel 500 EUR pro Semester). Im Saarland und in Hessen gelten ab dem kommenden Wintersemester 2007/08 allgemeine Studiengebühren in Höhe von 500 EUR. Über die allgemeine Studiengebühr in Bremen, die nur für Studenten, die nicht in Bremen wohnen gelten sollte, muss noch entschieden werden. Das Verwaltungsgericht Bremen hatte die entsprechende Klausel im Eilverfahren wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz vorläufig für verfassungswidrig erklärt (VG Bremen, Beschluss vom 16.08.2006, Az.: 6 V 1583/06). Bis zur Entscheidung in der Hauptsache werden die Studiengebühren ausgesetzt. In Nordrhein-Westfalen ist die Erhebung von Erststudiengebühren bis maximal 500 EUR/Semester grundsätzlich möglich, wird jedoch den einzelnen Hochschulen freigestellt.

Wer sich nach einem bereits abgeschlossenen Studium für ein weiteres Studium einschreibt oder gar parallel zwei Studiengänge absolviert, muss in Bayern, Hessen und Sachsen Gebühren für das sogenannte Zweitstudium entrichten. Am niedrigsten sind sie in Sachsen mit 300-450 EUR/Semester, am höchsten in Hessen mit 500-900EUR/Semester. In Hamburg werden besonders Fleißige belohnt: Wer das Zweitstudium parallel zum ersten durchführt, zahlt keine Zweitstudiengebühr.

Studierende, die sich mit dem Studienabschluss lange Zeit lassen, werden zunehmend als sogenannte Langzeitstudierende ebenfalls zur Kasse gebeten: Ab dem vierten Semester über der Regelstudienzeit müssen Studierende in Hessen (500-900 EUR/Semester gestaffelt), Niedersachsen (600-800 EUR/Semester gestaffelt), Sachsen-Anhalt (500 EUR/Semester) und Thüringen (500 EUR/Semester) Langzeit-Studiengebühren entrichten. In Rheinland-Pfalz sind ab 1,75-facher Überschreitung 650 EUR fällig. In Bremen sind erst ab dem 15. Semester 500 EUR/Semester zu zahlen, während in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und dem Saarland Langzeitgebühren mit Einführung der allgemeinen Studiengebühren entfallen.

Der „Klassiker": BAföG

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde 1971 eingeführt und hat zum Ziel, die Chancengleichheit bei der Ausbildung zu gewährleisten. Kinder aus finanziell schwachen Familien sollen die gleichen Ausbildungsmöglichkeiten erhalten. Anspruchsberechtigte Studierende erhalten BAföG-Leistungen zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses Darlehen vom Staat für die Dauer der Regelstudienzeit. Die Rückzahlung des Darlehensanteils erfolgt ab dem fünften Jahr nach Studienende einkommensabhängig in vierteljährlichen Raten. Besonders erfolgreiche Studierende, die zu den besten 30% ihres Prüfungstermins zählen, werden bis zu 25% erlassen. Wer vorzeitig seine Rückzahlung leistet, erhält ebenfalls einen Teilerlass, abhängig von der ursprünglichen Darlehenssumme. Wer nach dem 01.03.2001 sein Studium begonnen hat, muss in keinem Fall mehr als 10.000 EUR zurückzahlen.

Nach dem BAföG werden Ausbildungen an allgemeinbildenden Schulen („Schüler-BAföG"), Berufsfachschulen, Schulen des Zweiten Bildungsweges, Fachhochschulen, Hochschulen und Akademien gefördert.

Wer kann BaföG-Leistungen beantragen?

Von der Studienförderung profitieren können sowohl deutsche als auch ausländische Studierende, die bei Antritt des Studiums noch nicht das 30. Lebensjahr vollendet haben und für die das Studium die Erstausbildung ist. Die Förderung eines Studiums ist nach Studienwechsel- oder abbruch nach dem zweiten Semester in der Regel nur sehr eingeschränkt möglich.

Die Leistungen, die der Studierende erhält, richten sich nach seinem persönlichen Bedarf. Dieser wird anhand seines eigenen Einkommens (Freibetrag 400 EUR/Monat) und Vermögens sowie das seines Ehegatten oder seiner Eltern ermittelt. Berücksichtigt wird auch, ob der Studierende eine eigene Wohnung unterhalten muss. Für das Vermögen eines unverheirateten Studierenden gilt ein Freibetrag von 5.200 EUR, für Verheiratete von 7.000 EUR. Für jedes Kind kommt ein Freibetrag von 1.800 EUR dazu.

Das Einkommen von unterhaltspflichtigen Ehegatten oder Eltern des Anspruchstellers wird nach deren Einkommensverhältnissen zwei Jahre vor BAföG-Beantragung angerechnet. Dem Ehegatten und getrennt lebenden Elternteilen wird dabei ein monatlicher Grundfreibetrag von 960 EUR gewährt, den nicht getrennt lebenden Eltern ein Freibetrag von 1440 EUR.

Der Antrag auf BAföG-Leistungen ist beim BAföG-Amt am Ort der Hochschule zu stellen. Nach vier Semestern muss man seine Studienleistungen nachweisen, um zu belegen, dass man das Ausbildungsziel erreichen wird. Gleiches gilt, wenn erst ab dem vierten Semester BAföG beantragt wird.

Weitere Finanzierungsmöglichkeiten

Auch wer nicht BAföG-berechtigt ist, kann Finanzierungshilfe finden. So bieten etwa die Landesbanken unabhängig von Einkommen und Vermögen Studiendarlehen, für die keine Sicherheiten zu leisten sind. Wer ein Stipendium sucht, kann ebenfalls fündig werden. Die elf Begabtenförderungswerke vergeben zahlreiche Stipendien, teilweise auch als Vollstipendien.

Lohnenswert ist es auch, sich über das vielfältige Stipendienangebot von parteinahen Stiftungen zu informieren. Sie bieten ebenso wie die kirchlichen Studentenwerke (Evangelisches Studentenwerk, Cusanuswerk) Stipendienprogramme an. Für Auslandsstipendien kommen ferner der Deutsche Akademische Auslandsdienst, die Fulbright-Stiftung oder auch die Stiftung der Deutschen Wirtschaft in Betracht.

Aktuelle Rechtsprechung

Mit einer Abschaffung von Studiengebühren ist nach den aktuell erst am 20.06.2007 verkündeten Urteilen des VG Freiburg nicht zu rechnen. Es hatte in drei Verfahren über Klagen von Studenten gegen Studiengebühren zum Sommersemester 2007 in Baden-Württemberg zu entscheiden. Das Gericht führte aus, dass es nur über die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen im Landeshochschulgebührengesetz entscheiden dürfe, nicht aber über die Zweckmäßigkeit oder Gerechtigkeit der Vorschriften. Nach Ansicht der Verwaltungsrichter verstößt das Gesetz weder gegen den UN-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte noch gegen das Grundrecht auf Berufswahlfreiheit. Das dadurch verbürgte Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zum Hochschulunterricht unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen sei nicht verletzt. Auch stellten die Gebühren keine Zugangshürde für Einkommensschwache dar, weil das Bundesland für die Bezahlung der Gebühren Darlehen zur Verfügung stelle, die es den Studierenden ermöglichten, die Studiengebühren auch ohne Nebenjob oder Verwendung ihrer BAföG-Leistungen zu zahlen (VG FReiburg, Urteile vom 20.06.2007, Az.: 1 K 2274/06; 1 K 2324/06; 1 K 121/07). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Entscheidungen für mehr als 500 gleichartige Verfahren am VG Freiburg, hat das Gericht die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen. 

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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