„Workation“ als Mittel des „Employer Branding“ – Diese Problempunkte sollten Arbeitgeber prüfen!

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Aufgrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels sind Arbeitgeber zunehmend gezwungen, kreative Maßnahmen zu ergreifen, um offene Stellen überhaupt noch mit passenden Bewerbern besetzen zu können. Eine mögliche Maßnahme zum „Employer Branding“ – also zur Attraktivitätssteigerung der Arbeitgebermarke – kann die Ermöglichung einer „Workation“ sein.

Der folgende Rechtstipp soll zunächst kurz erläutern, was eine „Workation“ ist und warum „Workations“ attraktiv auf potenzielle Bewerber und Bewerberinnen wirken können. Im Anschluss sollen überblicksartig die verschiedenen, rechtlichen Problempunkte vorgestellt werden, die vor Ermöglichung einer „Workation“ vom Arbeitgeber rechtlich geprüft werden sollten, um böse Überraschungen (z.B. Bußgelder) zu vermeiden.

Was ist eine „Workation“ ?

„Workation“ ist ein Kofferwort aus den beiden englischen Worten „work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub). Konkret bezeichnet „Workation“ das ortsungebundene Arbeiten, womit in der Praxis überwiegend eine Ausübung der Tätigkeit aus dem Ausland gemeint ist.

Abzugrenzen ist der Begriff „Workation“ von Homeoffice-Tätigkeiten aus dem Inland und von der klassischen „Entsendung“ ins Ausland.

Woher kommt die Attraktivität einer „Workation“? 

Insbesondere in den sozialen Medien, die heutzutage von nahezu allen potenziellen Bewerbern und Bewerberinnen genutzt werden, wird eine „Workation“ als attraktiver Lebensentwurf angepriesen, bei dem man dort arbeitet, wo andere Leute nur Urlaub machen. Überspitzt gesagt, arbeitet man bei einer „Workation“ von einem Strand an einem sonnigen Urlaubsort aus, anstatt morgens mühsam zur Arbeitsstätte pendeln zu müssen.

Da derzeit nur vereinzelte Arbeitgeber „Workations“ ermöglichen, kann die Ermöglichung eines derartigen Lebensentwurfs die Attraktivität des Arbeitgebers für potenzielle Bewerber deutlich erhöhen.

Welche rechtlichen Problempunkte sollte der Arbeitgeber vor Ermöglichung einer „Workation“ prüfen bzw. berücksichtigen?

Im Einzelnen sollte ein Arbeitgeber die folgenden Problempunkte bzw. Risiken prüfen bzw. anwaltlich prüfen lassen:

           Risiko der Begründung einer Betriebsstätte im Ausland

Selbst wenn nur ein einzelner Arbeitnehmer im Rahmen einer „Workation“ aus dem Ausland arbeitet und selbst wenn der Arbeitgeber keinerlei Räumlichkeiten in diesem Land angemietet hat, besteht bereits das Risiko, dass das jeweilige Land von einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Ausland ausgeht. Insbesondere im Hinblick auf das Thema „Steuern“ ist dies riskant, da durch eine Betriebstätte im Ausland dort Körperschaftsteuer abgeführt werden müsste.


Risiko der Scheinselbstständigkeit

Arbeitgeber könnten auch auf die Idee kommen, eine „Workation“ zu ermöglichen, indem der betroffene Arbeitnehmer als „freier Mitarbeiter“ eingestellt wird. In diesem Fall droht dem Arbeitgeber jedoch das Risiko, dass diese Konstruktion als „Scheinselbstständigkeit“ eingestuft wird. Insbesondere wenn der Arbeitgeber der einzige Auftraggeber ist oder der ehemalige Arbeitnehmer weiterhin Zugriff auf IT-Systeme des Arbeitgebers hat, ist eine Einschätzung als „Scheinselbstständigkeit“ wahrscheinlich. Bei einer derartigen Einstufung drohen dem Arbeitgeber sowohl Nachzahlungen an die Sozialversicherungsträger (möglicherweise auch im Ausland) als auch die Verhängung empfindlicher Bußgelder.


Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

In der Regel wird gerade bei längeren oder dauerhaften „Workations“ das Sozialversicherungsrecht des Landes anwendbar sein, in dem die „Workation“ stattfindet. Als Arbeitgeber sind Sie damit gezwungen, sich mit den Details eines ausländischen Sozialversicherungssystems auseinanderzusetzen und dort alle notwendigen Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Weiterer Aufwand resultiert daraus, dass Sie auch über mögliche Änderungen des dortigen Sozialversicherungsrechts informiert bleiben müssen.


Arbeitserlaubnis, Meldepflichten und steuerliche Pflichten des Arbeitnehmers

Eine weitere mögliche Problemquelle ist die Notwendigkeit der Einholung einer Arbeitserlaubnis bzw. sonstige Meldepflichten und steuerliche Pflichten des Arbeitnehmers in dem Land, in dem die „Workation“ stattfindet. Zumindest im Hinblick auf eventuell abzuführende Lohnsteuern, dürfte dieses Problem in vielen Ländern auch den Arbeitgeber betreffen.


Datenschutzrecht

Weitere Probleme ergeben sich in der Praxis auch aus dem Datenschutzrecht. Bei einem eventuellen Datenschutzverstoß sind grundsätzlich Sie als Arbeitgeber in der Haftung und nicht der im Rahmen der „Workation“ arbeitende Arbeitnehmer, da der Arbeitgeber der „Verantwortliche“ im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bleibt. Bei einer „Workation“ in einem Nicht-EU-Staat ist die rechtliche Situation noch komplizierter, da zunächst geprüft werden muss, ob der Drittstaat über einen Angemessenheitsbeschluss im Sinne des Art. 45 DSGVO verfügt. Wenn der Drittstaat über keinen derartigen Angemessenheitsbeschluss verfügt, ist eine rechtssichere „Workation“ praktisch kaum umsetzbar.


Arbeitsrechtliche Gesetze

In der Regel wird zudem bei einer „Workation“ das Arbeitsrecht des jeweiligen Landes anzuwenden sein und nicht mehr das deutsche Arbeitsrecht. Das bedeutet konkret, dass etwa die lokalen Höchstarbeitsgrenzen eingehalten werden müssen, die sich teilweise von den deutschen Regelungen unterscheiden.


Sie merken bereits, dass die Ermöglichung einer „Workation“ zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt noch ein „rechtliches Minenfeld“ ist. Klar ist jedoch bereits jetzt, dass Sie keinesfalls die Möglichkeit zur „Workation“ einführen sollten, ohne die oben skizzierten Problempunkte im Detail geprüft zu haben.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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