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8 Punkte in Flensburg: Ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Wer sich als ungeeignet zum Führen eines Fahrzeugs erwiesen hat, muss mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Das ist etwa der Fall, wenn zulasten eines Verkehrssünders mindestens 8 Punkte in die Flensburger Verkehrssünderkartei eingetragen wurden. Hier kommt es aber immer wieder zu Streitigkeiten. So stellt sich vielen Autofahrern z. B. die Frage, ob sie ihre Fahrerlaubnis auch verlieren, wenn sie die 8-Punkte-Grenze zwar erreicht haben, dies der Fahrerlaubnisbehörde aber nicht bekannt war, als sie den jeweiligen Verkehrssünder verwarnte. Die anwalt.de-Redaktion klärt auf.

Verwarnung trotz Erreichen der 8-Punkte-Grenze?

Ein Autofahrer hatte insgesamt 7 Punkte im sog. Fahreignungs-Bewertungssystem angesammelt. Er wurde daraufhin erneut von der Fahrerlaubnisbehörde angeschrieben und verwarnt. Was sie zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wusste: Noch vor dieser Verwarnung hatte der Verkehrssünder nochmals wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vor Gericht gestanden, sodass der Punktestand nunmehr neun Punkte aufwies.

Als die Behörde hiervon erfuhr, zog sie die Fahrerlaubnis des Rasers unverzüglich ein. Der hielt dieses Vorgehen für unzulässig. Vielmehr müsse sein Punktestand auf sieben Punkte reduziert werden, weil die Reihenfolge der sog. Maßnahmestufen des Fahreignungs-Bewertungssystems nicht eingehalten worden war. Denn er habe die Verwarnung erst erhalten, nachdem er die letzte Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte, die letztlich zum Erreichen der 8-Punkte-Grenze geführt habe. Die „Warnung“ durch die Behörde sei daher zu spät gekommen. Der Streit endete vor Gericht.

Ermahnung – Verwarnung – Entzug der Fahrerlaubnis

Seit Mai 2014 ist die Fahrerlaubnis eines Verkehrssünders einzuziehen, wenn zu seinen Lasten mindestens 8 Punkte in die Flensburger Verkehrssünderkartei eingetragen wurden. Zuvor muss die Fahrerlaubnisbehörde jedoch den Verkehrssünder nach § 4 V Straßenverkehrsgesetz (StVG) ermahnen, wenn der Punktestand 4 oder 5 Punkte erreicht. Der Verkehrssünder ist ferner zu verwarnen und auf den drohenden Verlust der Fahrerlaubnis hinzuweisen, wenn der Punktestand 6 oder 7 Punkte beträgt. Bei Erreichen von 8 oder mehr Punkten ist die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Punktereduzierung möglich?

Die Reihenfolge dieser sog. Maßnahmestufen des Fahreignungs-Bewertungssystems ist zwingend einzuhalten. Ansonsten kann es tatsächlich passieren, dass der Punktestand nach § 4 VI StVG zu verringern ist. Maßgeblich ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) jedoch, welchen Kenntnisstand die Fahrerlaubnisbehörde über den Punktestand hat, wenn sie eine derartige Maßnahme ergreift. Nur wenn sie zur Zeit der Maßnahme von weiteren Verkehrsverstößen weiß, die eigentlich zur nächsthöheren Maßnahmenstufe führen würden, ist eine Punktereduzierung möglich – ansonsten nicht.

Vorliegend hatte die Fahrerlaubnisbehörde nichts von dem erneuten Verkehrsverstoß gewusst. Die Verwarnung war daher laut der BVerwG-Richter rechtmäßig – eine Punktereduzierung somit nicht vorzunehmen.

Hier ist das BVerwG deutlich von dem bislang geltenden sog. Tattagprinzip abgerückt. Maßgeblich war danach nicht die Kenntnis der Fahrerlaubnisbehörde, sondern vielmehr der Punktestand, der an dem Tag galt, als der Verkehrssünder seine letzte Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit beging, die erst zur Ergreifung der betreffenden Maßnahme – z. B. einer Verwarnung – führte.

Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern

Früher wurde mit dem Punktesystem und den dazugehörenden Maßnahmestufen bezweckt, den Verkehrssünder zu warnen und ihn – vor Entzug der Fahrerlaubnis – zur Änderung seines Verhaltens zu animieren.

Zu der Rechtsänderung im Jahr 2014 und der jetzigen Abkehr vom Tattagprinzip kam es jedoch, weil vielmehr die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern, die immer wieder gegen Verkehrsregeln verstoßen, geschützt werden soll. Weil nun nämlich der Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde über den Punktestand maßgeblich ist und gerade nicht mehr der Tattag, können Verkehrssünder keine Punktereduzierung mehr erreichen, indem sie behaupten, dass die Verwarnung zu spät kam, weil sie davor bereits einen weiteren Verkehrsverstoß begangen haben, der längst zum Erreichen der 8-Punkte-Grenze geführt hat.

Somit konnte der Raser im vorliegenden Fall auch nicht mehr auf eine Punktereduzierung hoffen – denn die Verwarnung und der darauffolgende Entzug der Fahrerlaubnis waren rechtmäßig.

Fazit: Wer mindestens 8 Punkte in Flensburg erreicht hat, muss mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. Ob und wann die Fahrerlaubnisbehörde den Verkehrssünder zuvor ermahnt bzw. verwarnt und letztlich die Fahrerlaubnis entzieht, hängt jedoch davon ab, welcher Punktestand ihr bei Ergreifung dieser drei Maßnahmen bekannt ist.

(BVerwG, Urteil v. 26.01.2017, Az.: 3 C 21.15)

(VOI)

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