Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung für Beamte – Droht die Versetzung in den Ruhestand?

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Von der amtsärztlichen Untersuchung zur Versetzung in den Ruhestand

Insbesondere nach vielen Krankheitswellen oder einer längeren Dauererkrankung können Beamte Adressaten einer Untersuchungsanordnung werden. Sie erhalten dann ein Schreiben des Dienstherrn, wonach sie vom Amtsarzt untersucht werden müssten.

Nach § 53 Abs. 1 S. 1 Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg (LBW BW) sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, sich nach dienstlicher Weisung ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel an der Dienstfähigkeit oder über die Dienstunfähigkeit bestehen oder Dienstunfähigkeit ärztlich festzustellen ist. Entsprechende Regelungen enthalten auch das Bundesbeamtengesetz (BBG) sowie andere landesrechtliche Regelungen.

Feststellung der Dienstunfähigkeit

Auf Grundlage dieses amtsärztlichen Gutachtens kann die Feststellung der Dienstunfähigkeit erfolgen. Gem. § 43 Abs. 1 LBG BW können Beamtinnen und Beamte als dienstunfähig nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nur angesehen werden, wenn die Aussicht auf Wiederherstellung voller Dienstfähigkeit auch innerhalb weiterer sechs Monate nicht besteht.

Eine Versetzung in den Ruhestand aufgrund einer Dienstunfähigkeit gilt jedoch im Beamtenrecht als letztes zur Verfügung stehendes Mittel. Zuvor hat der Dienstherr anderweitige Verwendungen nach § 26 Abs. 2 oder 3 BeamtStG (anderes Amt oder ggfs. auch eine geringwertigere Tätigkeit) oder § 27 Abs. 1 BeamtStG (begrenzte Dienstfähigkeit in Form herabgesetzter Arbeitszeit) zu erwägen. Dem/der betroffene/n Beamtin/Beamten wird zuvor bekannt gegeben, dass die Versetzung in den Ruhestand oder die Verwendung in begrenzter Dienstfähigkeit beabsichtigt ist, § 44 Abs. 1 S.1 LBG.

Zu diesem Zeitpunkt besteht dann die Möglichkeit Einwendungen zu erheben, die bei der Entscheidung des Dienstherrn zu berücksichtigen sind, § 44 Abs. 1 S. 3 LBG.

Was können betroffene Beamte tun?

1. Rechtliches Vorgehen gegen die Untersuchungsanordnung

Bei der Untersuchungsanordnung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 35 S. 1 (L)VwVfG, sondern um einen Realakt. Dennoch kann der betroffene Beamte rechtlich gegen diese mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO vorgehen:

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (siehe Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5.18), der die Untersuchungsanordnung als bloße Verfahrenshandlung einordnete, die mit Rechtsmitteln nicht angreifbar sei, wurde durch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.01.2022 – 2 BvR1528/21 zu Gunsten der Beamten korrigiert:

Da die Untersuchungsanordnung einen Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG darstellt, ist ihm hiergegen ein Rechtsweg zu eröffnen. Ansonsten verbleibe dem Beamten keine Möglichkeit, gegen diese vorzugehen.

Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass der Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung nur Folge zu leisten ist, wenn

  • ein hinreichender Anlass besteht und
  • wenn diese in ihrem Umfang nicht über das zur Feststellung der Dienstfähigkeit erforderliche Maß hinausgeht
  • Sowohl Anlass als auch Art und Umfang der durchzuführenden Untersuchung sind - insbesondere, um dem Beamten effektiven Rechtsschutz noch vor dem Untersuchungstermin zu ermöglichen - in der Untersuchungsanordnung zu benennen

(vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.01.2022 – 2 BvR1528/21, Rn. 25 m.w.N).

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann der Beamte unmittelbar gegen die Untersuchungsanordnung vorgehen. Somit muss nicht mehr, wie zuvor, die Zurruhesetzungsverfügung abgewartet und damit erst nachträglich gerichtlich vorgegangen werden.

Daher kann der betroffene Beamte beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO stellen.

2. Keine grundlose Verweigerung der Untersuchung empfehlenswert

Sollte (aus verschiedenen Gründen) auf einen solchen Eilantrag verzichtet werden, ist zu beachten, dass eine grundsätzliche Pflicht besteht, einer rechtmäßigen Untersuchungsanordnung nachzukommen (vgl. § 62 Abs. 1 S. 2 BBG, § 53 Abs. 1 S. 1 LBG).

So entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, dass bereits die unberechtigte Weigerung der Untersuchung ein wertendes, negatives Indiz für die Annahme der Dienstunfähigkeit sein kann. Auf diese könne geschlossen werden, wenn die Feststellung seines Gesundheitszustands bewusst verhindert werde (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. Januar 2024 – 5 ME 115/23 –, Rn. 45, juris m.w.N.).

Dies steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 S. 2 LBG BW, wonach die Dienstunfähigkeit als amtsärztlich festgestellt angenommen werden kann, wenn sich der/die Beamte/Beamtin der schriftlichen Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung ohne nachzuweisenden hinreichenden Grund entzieht.

Zusammenfassend

Bei der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung befinden sich betroffene Beamte in einem Zwiespalt, insbesondere wenn sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung hegen oder eine Versetzung in den Ruhestand befürchten. Sie sollten daher nicht untätig bleiben.

Dabei kommt es auf den konkreten Einzelfall (bspw. bisherige Krankengeschichte, Art und Dauer der Erkrankungen, konkreter Anlass der Untersuchungsanordnung, bisherige Korrespondenz mit dem Dienstherrn, ...) zu welcher Handlung gegenüber dem Dienstherrn zu raten ist.


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