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Aufzug eingebaut – muss Mieterhöhung bezahlt werden?

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Viele Mietshäuser bzw. Mietwohnungen werden modernisiert – aus den unterschiedlichsten Gründen und durch verschiedenste Maßnahmen. Die Kosten dieser Modernisierungsmaßnahmen darf der Vermieter zum Teil auf seine Mieter umlegen. Was allerdings passiert, wenn ein Mieter zwar seine monatliche Miete bezahlen kann, nicht aber die Zusatzkosten einer Modernisierungsmaßnahme, musste in einem aktuellen Urteil das Landgericht (LG) Berlin entscheiden.

Außenaufzug angebracht

Im vorliegenden Fall hat der Vermieter als Modernisierungsmaßnahme einen Außenaufzug an dem Mietshaus anbauen lassen, ohne die Maßnahme vorher wirksam anzukündigen. Die Kosten legte er anteilig auf seine Mieter um, sodass die spätere Klägerin aus diesem Grund statt ursprünglich 204,58 Euro eine monatliche Miete von 384,24 Euro bezahlen sollte – 71,66 Euro mehr Nettokaltmiete und 108 Euro zusätzlich für Betriebskostenvorschüsse –, insgesamt also 179,66 Euro mehr.

Miete unter Vorbehalt gezahlt

Die Frau überwies die erhöhte Miete zunächst unter Vorbehalt, später stellte sie die Zusatzzahlungen ein. Dies wollte sich der Vermieter aber nicht gefallen lassen und klagte gegen seine Mieterin – jedoch ohne Erfolg. Sowohl das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte als auch das LG Berlin stellten fest, dass die Frau die erhöhte Miete aufgrund ihres niedrigen Einkommens nicht zahlen kann und muss.

Härtefall liegt vor

Nach Ansicht der Richter der beiden Gerichte liegt bei der Frau eine nicht zu rechtfertigende Härte vor: Die Mieterhöhung um 179,66 Euro ist selbst unter Berücksichtigung der berechtigten Vermieterinteressen nicht zu rechtfertigen.

Bei der Beurteilung, ob eine nicht zu rechtfertigende finanzielle Härte vorliegt, gibt es keine schematische Betrachtung und auch keine bestimmte Quote zwischen Haushaltseinkommen und erhöhter Miete – es kommt wie so oft auf den Einzelfall an. Es müssen sowohl die modernisierungsbedingten finanziellen Belastungen als auch das Maß der durch die Modernisierung geschaffenen Komfortverbesserung berücksichtigt werden.

Mieterhöhung nicht zumutbar

Die Frau hat monatlich einen Betrag von 846,65 Euro zur Verfügung. Davon gehen bisher 204,58 Euro für die Wohnungsmiete ab. Folglich bleiben ihr zur Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts noch 642,07 Euro. Dieser Betrag liegt bereits deutlich unter dem gem. § 32a Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei zu stellenden Existenzminimum i. H. v. derzeit monatlich 721 Euro. Die Mieterhöhung würde dazu führen, dass ihr nur noch 462,41 Euro verbleiben. Hier liegt definitiv eine nicht zu rechtfertigende Härte vor.

Kein deutlicher Komfortgewinn

Zusätzlich muss die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter einen nachhaltigen und deutlichen Komfortzuwachs bringen. Im hier vorliegenden Fall befindet sich die Wohnung der Frau im 2. Obergeschoss und der neu angebrachte Außenaufzug hält nur in den Zwischengeschossen. Bei derartigen örtlichen Gegebenheiten kann bezweifelt werden, ob eine solche, nicht völlig barrierefrei errichtete Aufzugsanlage, für Mieter niedergeschossiger Wohnungen überhaupt einen Komfortzuwachs bzw. eine Modernisierung darstellt.

Mieterhöhung nicht zu zahlen

Schließlich kamen die Richter auch noch zu der Erkenntnis, dass die Wohnung für eine einzelne Person weder zu groß ist noch zu teuer. Im Zusammenhang mit der nicht zu rechtfertigenden Härte durch die Mietpreiserhöhung und dem kaum vorhandenen Komfortzuwachs wurde der Vermieter auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der Erhöhungsbeträge i. H. v. 1074,30 Euro an die Frau verurteilt. Außerdem muss die Mieterin die Mieterhöhung zukünftig nicht bezahlen.

Fazit: Sind Mieter nicht in der Lage, eine Mieterhöhung zu bezahlen, so kann ein Härtefall vorliegen – dies ist aber immer im Einzelfall zu prüfen.

(LG Berlin, Beschluss v. 26.04.2016, Az.: 67 S 78/16)

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.com

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