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Haribo gegen Lindt – Kann es nur einen Goldbären geben?

  • 5 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Der eine ist aus Fruchtgummi, der andere aus Schokolade. Der eine durchsichtig und in verschiedenen Farben erhältlich, der andere braun und in Goldfolie gekleidet. Der eine ist voll und flexibel, der andere bricht leicht und ist hohl. Der eine ist klein, der andere wesentlich größer. Rein äußerlich und geschmacklich betrachtet haben Gummibärchen und der Lindt-Teddy außer ihrer Eigenschaft als Süßwaren wenig gemein. Der Bonner Haribo-Konzern befürchtete dennoch, Verbraucher könnten bei „Goldbär“ auch an das Konkurrenzprodukt aus dem schweizerischen Kilchberg denken. Als Inhaber von Wort- wie Bildmarken an „Goldbär“ und „Goldbären“ klagte Haribo daher wegen Annahme einer Markenrechtsverletzung. Und so kam es zum Schlagabtausch zwischen den beiden Riesen im Süßwarengeschäft.

Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung

Die Schweizer Lindt & Sprüngli AG sollte es unterlassen, ihren goldenen Schokobären mit der roten Schleife in den Verkehr zu bringen und ihn zu bewerben. Des Weiteren verlangte Haribo Auskunft über Art, Umfang und Häufigkeit der vorgenannten Aktivitäten als Vorbereitung für die Feststellung einer entsprechenden Schadensersatzpflicht. Außerdem sollte Lindt seine Bären aus dem Handel zurückrufen und zusammen mit noch im Besitz befindlichen Exemplaren samt Werbematerialien vernichten.

Auch gedanklich soll es nur einen Bären geben dürfen

Dass es überhaupt so weit gekommen ist, folgt vor allem aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz (MarkenG). Demnach kann ein Markeninhaber beanspruchen, dass andere es unterlassen, ein Zeichen zu benutzen, wenn für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Hinzukommend berief sich Haribo auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Demzufolge dürfen Dritte kein mit der Marke identisches Zeichen benutzen, auch wenn sie nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Hier führte Haribo vor allem ins Feld, dass sein Goldbär bereits 1922 das Licht der Welt erblickte. Dieser sei nicht nur bekannt, sondern berühmt. Auf dieser Bekanntheitswelle versuche der erst 2011 eingeführte Lindt-Teddy zu reiten.

Erste Instanz gewonnen, zweite Instanz verloren

Nachdem Haribo in der ersten Instanz vor dem Landgericht Köln diese Klage gewann, sie in der darauffolgenden Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln jedoch verlor, stand es quasi eins zu eins. Lindt meinte dabei unter anderem, es produziere hochwertige Schokoladenprodukte im gehobenen Preissegment, die sich nicht mit der „niedrigpreisigen Naschware im Beutel“ austauschen ließen. Soweit lägen die Produkte laut OLG zwar nicht auseinander. Der überragende Bekanntheitsgrad genüge jedoch nicht für einen erhöhten Markenrechtsschutz. Außerdem trage der Goldbär deutlich die Aufschrift „Lindt“ und stehe in einer Linie mit dem bekannten Goldhasen desselben Herstellers. Auch die bloße Farbähnlichkeit genüge nicht, da die Farbe Gold bei Verbrauchern für sich genommen noch keine Assoziationen zu Gummibärchen wecke. Das zeige bereits die untergeordnete Bedeutung auf der Verpackung. Der dort abgebildete Goldbär weise zudem außer der Schleife keine Ähnlichkeit mit dem Lindt-Teddy auf. Trotz der eingehenden Begründung wird mit Spannung die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) erwartet (BGH, Az.: I ZR 105/14). Nach der heutigen mündlichen Verhandlung will der BGH diese am 23. September verkünden.

Auch der Goldhase war schon vor Gericht

Die Goldbären-Entscheidung reiht sich ein in viele weitere „tierische“ Auseinandersetzungen um gewerbliche Schutzrechte. So stand auch schon der große Bruder des Lindt-Teddy, der seit 1950 produzierte Lindt-Goldhase, vor Gericht – hier allerdings in der Klägerrolle. Lindt wollte andere in Goldfolie verpackte Schokohasen vom Markt verbannen und nahm insbesondere einen ähnlich lange existierenden Hasen der fränkischen Confiserie Riegelein und einen weiteren der österreichischen Konditorei Hauswirth ins Visier. Gleich zweimal bekam es der BGH dabei mit dem deutschen Schokohasen zu tun, da er den Streit an die Vorinstanz mangels einer unzureichenden Beschäftigung mit dem Fall zunächst zurückverwies. Unter anderem war dabei auch ein zur Beurteilung dienendes Originalexemplar aus den Akten verschwunden. Ob jemand den Schokohasen vernascht hatte, blieb unklar. Klar machte der BGH dabei, dass es bei einer dreidimensionalen Marke, wie Lindt sie für den Goldhasen hatte eintragen lassen, auf den Gesamteindruck ankomme. Form, Farbe und Gestaltung ließen sich bei den Hasen insofern ausreichend unterscheiden (Beschluss vom 28.03.2013, Az. I ZR 72/12). Insgesamt zwölf Jahre dauerte dabei der Hasenstreit, in dem auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) beteiligt war. Dem anderen vor österreichischen Gerichten verhandelten Hasenkampf konnte Lindt aufgrund anderer rechtlicher Grundlagen allerdings für sich gewinnen.

Paula vs. Flecki – Flecken sind nicht gleich Flecken

Mit „Paula“ und „Flecki“ begegneten sich auch zwei Kühe vor Gericht, deren Zeichnungen vorwiegend für Kinder gedachte Schoko-Vanille-Puddings schmücken. Dr. Oetker, der hinter Paula stehende Konzern und Inhaber eines entsprechenden Geschmacksmusters, was Verpackung und eine an Flecken erinnernde Schokopuddingverteilung im Vanillepudding angeht, sah in Flecki eine dreiste Nachahmerin. Das Landgericht Düsseldorf entschied jedoch unter anderem: „Als Zeichnung eines Kuhfells ist die Verstrudelung in „Flecki“ in der Seitenansicht naturgetreuer und diejenige im Produkt „Paula“ mit der nahezu schachbrettartigen Optik von Flecken, die überwiegend eher regelmäßigen, leicht verzerrten Quadraten ähneln, stilisierter.“ Auch die auf den Verpackungen abgebildeten Kühe, um Kinder anzusprechen, seien nicht vergleichbar. Die kräftigere Paula trage Sonnenbrille und dominiere die Verpackung. Die dünnere Flecki falle umringt von Bauernhoftieren dagegen weniger auf. Dr. Oetker gab daraufhin den Kampf auf und „Paula“ und „Flecki“ leben seitdem in ihren jeweiligen Regalen wieder in friedlicher Ko-Konkurrenz auf dem Puddingmarkt (Urteil vom 01.03.2012, Az. 14c O 302/11).

Puma vs. Pudel – Parodie darf nicht alles

Bei Puma vs. Pudel besiegte dagegen die wilde Katze den beliebten Rassehund. Ein Designer aus Hamburg hatte auf T-Shirts die bekannte springende Raubkatze mit einem springenden Pudel ersetzt und dies als Marke eintragen lassen. Dem Sportartikelhersteller gefiel das gar nicht und er verlangte daher deren Löschung. Am Ende entschied der BGH, dass zwar keine Verwechslungsgefahr bestehe. Der Designer nutze mit dem Pudel aber die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Marke Puma im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus. Die Marke sei daher zu löschen. Der beklagte Designer berief sich dabei in Hinblick auf die von ihm als Parodie gedachte Darstellung erfolglos auf die Meinungsäußerung, da sie hier laut BGH vom Markenrecht überwogen werde (Urteil v. 02.04.2015, Az. I ZR 59/13).

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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