Hausvertrag – Kündigung, Rücktritt, Widerruf und Schadenersatz

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Auf der Suche nach einem Eigenheim lassen sich junge Familien häufig dazu hinreißen, einen sog. „Hausvertrag“ über Bauleistungen von EUR 300.000,00 oder mehr zu unterzeichnen, ohne zuvor eine Zusage für die notwendige Baufinanzierung eingeholt oder ein geeignetes Baugrundstück erworben zu haben. Wenn das Bauvorhaben dann doch nicht umgesetzt werden kann, wird man bei Anbietern wie z. B. OKAL, massa haus oder allkauf (DFH Haus GmbH aus Simmern) im Falle einer Kündigung nach den Vertragsbedingungen schnell mit einer Schadenersatzforderung zur Kasse gebeten, die 10 % der vereinbarten Baukosten entspricht. Bei einem Hausvertrag mit Baukosten von TEUR 300,0 macht dies bei einer Kündigung immerhin einen Betrag von EUR 30.000,00 aus, der als Schadensersatz zu zahlen und für den Verbraucher verloren ist.

Wirksame Belehrung über das Widerrufsrecht?

Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover rät betroffenen Verbrauchern in Fällen dieser Art immer zu einer sofortigen Überprüfung des Sachverhalts. Mit Wirkung vom 01.01.2018 wurden nämlich spezielle Regelungen über den „Verbraucherbauvertrag“ in das BGB aufgenommen, die dem Verbraucher nach § 650l Satz 1 BGB ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB zubilligen. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung über das Widerrufsrecht zu belehren.

Nicht selten sind entsprechende Widerrufsbelehrungen falsch oder irreführend formuliert und klären deshalb nicht richtig über das Widerrufsrecht auf. Fehlt eine Widerrufsbelehrung oder ist sie fehlerhaft, so wird die Frist von 14 Tagen ab dem Tag des Vertragsabschlusses nicht in Lauf gesetzt. Ein Widerruf ist also ggf. sogar noch nach Ablauf der Frist von 14 Tagen ab Vertragsschluss möglich, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner auf den Abschluss des Bau- oder „Hausvertrages“ gerichteten Vertragserklärung nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist. „Im Falle eines wirksamen Widerrufs hat der Bauunternehmer dann natürlich auch keinen Anspruch auf Schadenersatz“, erklärt Rechtsanwalt Keunecke. Ob eine wirksame Widerrufsbelehrung erteilt wurde, ist dabei in jedem Einzelfall zu überprüfen.

Widerrufsrecht beim Hausvertrag gilt nicht ewig!

Wer gar keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung zu seinem Hausvertrag („Verbraucherbauvertrag“) erhalten hat, kann sich allerdings nicht einfach zurücklehnen und abwarten, bis z. B. die DFH Haus GmbH den Hausvertrag kündigt. Schadenersatzforderungen aus einem Hausvertrag werden häufig erst viele Monate nach Abschluss geltend gemacht. „Für einen wirksamen Widerruf kann es dann bereits zu spät sein, selbst wenn der Verbraucher fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist“, warnt Rechtsanwalt Matthias Keunecke aus Hannover. Der Gesetzgeber hat für den Hausvertrag („Verbraucherbauvertrag“) nämlich in § 356e BGB vorgesehen, dass ein Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss erlischt.

War der Hausvertrag beurkundungspflichtig?

Erfolgreich gegen Forderungen der DFH Haus GmbH gewehrt hat sich auch eine junge Familie vor dem Landgericht Hannover, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Im Urteil vom 24.04.2017 ist das Gericht der von Rechtsanwalt Matthias Keunecke dargelegten Argumentation gefolgt, dass der dort streitige Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses („Hausvertrag“) wegen fehlender Beurkundung als unwirksam anzusehen war. Nach Beweisaufnahme und Würdigung der Umstände des Vertragsschlusses kam das Landgericht Hannover zu dem Ergebnis, dass die Trennung des Hausvertrages vom Grundstückskaufvertrag eine Umgehung der nach § 311b BGB vorgeschriebenen Beurkundung des vollständigen Geschäftes darstellt. Weil der „Hausvertrag“ nur privatschriftlich geschlossen worden war, genügte er der vom Gesetzgeber geforderten Form (Beurkundung) nicht und wurde deshalb zutreffend als nichtig eingestuft (§ 125 BGB). Die Klage wurde abgewiesen und die von Rechtsanwalt Keunecke vertretene Familie brauchte die unberechtigte Forderung nicht zu bezahlen. Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24.04.2017 (Az. 14 O 184/16) ist rechtskräftig.

Aufklärungspflicht über Tragweite des Hausvertrages

Schon mit Urteil vom 06.09.2001 in dem Verfahren 14 U 257/00 hatte im Übrigen das OLG Celle die Klage eines Bauunternehmens abgewiesen, weil der Forderung nach Auffassung des Gerichts ein Schadensersatzanspruch des Kunden aus Verschulden bei Vertragsschluss in gleicher Höhe entgegenstand. Dadurch, dass der Provisionsvertreter (Verkaufsberater) des Anbieters nicht darüber aufgeklärt hatte, dass der Hausbauvertrag unabhängig vom Erwerb eines Grundstücks und von der Finanzierbarkeit des gesamten Bauvorhabens wirksam sein würde, stand der beklagten Familie ein Schadensersatzanspruch zu. Das Bauunternehmen war demgemäß nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, den Vergütungsanspruch Erfolg durchzusetzen. Nach Ansicht des OLG Celle hätte der Verkaufsberater des Bauunternehmens vor Abschluss des Hausvertrages darauf hinweisen müssen, dass dieser Vertrag auch unabhängig vom Erwerb eines Grundstücks und unabhängig von der Finanzierbarkeit des gesamten Bauvorhabens Wirksamkeit erlangen würde. Dies hatte der Verkaufsberater im dort entschiedenen Fall jedoch nicht getan, obwohl ihm bei Abschluss des Hausvertrages am 16./17.07.1998 bekannt war, dass seine Kunden noch gar kein Grundstück, auf dem das ausgesuchte Haus hätte errichtet werden können, in Aussicht hatten, geschweige denn, über ein solches Grundstück bereits ein Grundstückskaufvertrag abgeschlossen worden war.

Unberechtigte Forderungen nicht akzeptieren!

Wurde also nicht richtig über ein Widerrufsrecht beim Hausvertrag (Verbraucherbauvertrag) belehrt, eine Pflicht zur Beurkundung umgangen oder nicht darüber aufgeklärt, dass der Hausvertrag unabhängig von der Finanzierbarkeit und dem Erwerb eines geeigneten Baugrundstücks gelten soll, so bestehen durchaus gute Aussichten, sich gegen Forderungen der Bauunternehmern nach Kündigung eines Hausvertrages erfolgreich zu wehren.



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