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Kein Geld für Beweismittel – Staatsanwälte erpresst man nicht

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anwalt.de-Redaktion

Wer der Staatsanwaltschaft Beweismittel nur gegen Geld überlassen will, macht sich wohl nicht wegen Erpressung strafbar. In einem vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschiedenen Fall befand sich jemand im Besitz von umfangreichen Akten. Mit deren Inhalt ließen sich Umweltstraftaten von einem Unternehmen nachweisen. Diese Unterlagen wollte die Person aber nicht einfach der Staatsanwaltschaft übergeben, sondern lieber etwas Geld damit verdienen.

Um unerkannt zu bleiben, beauftragte er einen Dritten, den Kontakt mit den Ermittlungsbehörden herzustellen und einen Preis auszuhandeln. Anderenfalls wollte er die Akten nicht herausgeben. Die Staatsanwaltschaft lehnte jedoch ab, für die Unterlagen zu bezahlen. Das widerspreche dem Grundsatz, dass der Staat für Beweismittel kein Geld zahlen solle. Immerhin sieht die Strafprozessordnung (StPO) stattdessen andere Möglichkeiten zur Auffindung und Sicherstellung von Beweismitteln vor. So können beispielsweise durch die Befragung von Zeugen oder andere Ermittlungsmaßnahmen Beweise entdeckt und dann in Form der Beschlagnahme sichergestellt werden.

Kein Geld für Beweismittel

In der Folge erließ das Amtsgericht (AG) gegen den „Vermittler" auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Beihilfe zu versuchter Erpressung. Die Geldstrafte sollte 120 Tagessätze zu je 10 Euro, insgesamt also 1200 Euro betragen. Dagegen legte der Betroffene Einspruch ein und wurde in dem Verfahren vom Amtsgericht schließlich freigesprochen. Das Landgericht (LG) bestätigte den Freispruch und auch das Oberlandesgericht (OLG) geht jedenfalls davon aus, dass keine strafbare Beihilfe zur Erpressung vorliegt.

Voraussetzung einer Erpressung ist gemäß § 253 Strafgesetzbuch (StGB) die Drohung mit einem empfindlichen Übel. Wenn aber von dem Bedrohten erwartet werden kann, dass er der Drohung widersteht, dann entfällt die Strafbarkeit. So ist es nach Ansicht des Gerichts bei einem Staatsanwalt, wenn ihm mit dem Übel gedroht wird, Unterlagen ohne Zahlung einer Geldsumme gegebenenfalls nicht zu erhalten.

Von einem Amtsträger kann erwartet werden, dass er einer solchen Drohung standhält. Schließlich ist dem Staatsanwalt auch bekannt, dass ihm die StPO umfangreiche andere Möglichkeiten einräumt, Beweise zu finden und sicherzustellen. Hier lag auch kein Fall vor, in dem schwerwiegende Schäden für die Allgemeinheit gedroht hätten, für den Fall, dass die Straftaten nicht aufgeklärt werden würden. Außerdem hatte der Staatsanwalt ohnehin schon einen Verdacht, wer hinter der Sache steckt und wie er die Akten nach gesetzlichen Grundlagen beschaffen könnte.

Strafbarkeit eventuell wegen Begünstigung

Wer allerdings meint, er könne jetzt zum eigenen finanziellen Vorteil beliebig mit dem Staatsanwalt über die Bezahlung von Beweismitteln feilschen, der irrt sich. Die vorher mit der Sache befassten Gerichte hatten sich nämlich nur auf die Erpressung konzentriert und dabei andere Straftatbestände offenbar vergessen.

Auch wenn nach dem Urteil keine Erpressung vorliegt, kommt nach Ansicht des OLG trotzdem eine Strafbarkeit beispielsweise wegen Begünstigung infrage. Darauf steht ebenfalls Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe. Schließlich war der Zeuge im vorliegenden Fall wohl rechtswidrig in den Besitz der Aktenordner gekommen, nämlich durch eine Unterschlagung. Die Hilfe des Angeklagten beim Verkauf dieser Tatbeute kann entsprechend als Begünstigung strafbar sein. Über eine Verurteilung muss in diesem Fall aber wiederum das Landgericht entscheiden.

(OLG Hamm, Urteil v. 21.05.2013, Az.: 3 RVs 20/13)

(ADS)

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