Opferentschädigung: Wann haben Sie darauf Anspruch?
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Inhaltsverzeichnis
- Opferentschädigung bei posttraumatischer Belastungsstörung
- Opferentschädigung: Tabelle zur Höhe der monatlichen Leistungen
- Wie hoch ist die Abfindung oder Einmalzahlung bei der Opferentschädigung?
- Wo wird der Antrag auf Opferentschädigung gestellt?
- Kann ein Antrag auf Opferentschädigung abgelehnt werden?
- Wird die Opferentschädigung auf die Grundsicherung oder andere Leistungen angerechnet?
Experten-Autor dieses Themas
Wer gesundheitliche Folgeschäden durch Ereignisse wie Gewalttaten erleidet, vor denen der deutsche Staat nicht schützen konnte, hat Anspruch auf Leistungen der Sozialen Entschädigung. Der Staat trägt hier eine besondere fürsorgliche Verantwortung, weil Betroffene meist nicht nur gesundheitlich, sondern in der Folge auch wirtschaftlich geschädigt sind.
Bis zum 01. Januar 2024 gab es verschiedene Gesetze, die Leistungen zur Sozialen Entschädigung von Opfern geregelt haben. So gab es beispielsweise das Opferentschädigungsgesetz, das Zivildienstgesetz, das Bundesversorgungsgesetz oder das Infektionsschutzgesetz. Sehr viele Opfer wussten nicht, wo sie überhaupt welche Leistungen beantragen können.
Zum 01. Januar 2024 wurde es transparenter, denn es gibt seitdem nur noch ein Gesetz, das das Soziale Entschädigungsrecht regelt: Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV). Dadurch erhalten Betroffene schneller Hilfe, die Ämter helfen beim Ausfüllen der Antragsformulare. Auch die Entschädigung für Folgeschäden aufgrund psychischer Gewalt für Ereignisse wie zum Beispiel Stalking – das aufdringliche Nachstellen oder Belästigen einer Person – oder Geiselnahme wurden in das Vierzehnte Sozialgesetzbuch (SGB XIV) aufgenommen.
Opferentschädigung bei posttraumatischer Belastungsstörung
Erschütternde Erfahrungen mit Spätfolgen können auch indirekte Opfer, sogenannte Schockschadensopfer machen. Nicht selten kommt es nach dem Ereignis bei solchen Schockschadensopfern zu psychischen Beeinträchtigungen wie einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Es treten Symptome wie Angst, Albträume, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Flashbacks (Wiedererleben des traumatischen Erlebnisses), Schuldgefühle und emotionale Taubheit auf.
Beispiele für traumatische Erfahrungen sind das Miterleben einer Tat oder auch das Auffinden eines Opfers. Durch solche und andere Ereignisse erleiden viele Opfer einen so großen Schock, dass dieser in der Folge einen Gesundheitsschaden mit sich bringt. Auch für diese Personen ist der Anspruch auf Opferentschädigung (Leistungen der Sozialen Entschädigung) möglich. Es wurde bei Schockschäden eine Gleichstellung von physischen und psychischen Beeinträchtigungen erreicht. So stellte der Bundesgerichtshof mit Urteil v. 06.12.22 (Az.: VI 168/21) fest:
„Bei Schockschäden stellt eine psychische Störung eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, auch wenn sie bei dem Geschädigten mittelbar durch die Verletzung des Rechtsguts eines Dritten verursacht wurde. Soweit die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar ist, hat sie Krankheitswert. Für die Bejahung einer Gesundheitsverletzung ist nicht länger erforderlich, dass die Störung dazu auch noch ein außergewöhnliches Ausmaß aufweist.“ Auch Angehörigen, Hinterbliebenen oder Personen, die mit dem Opfer emotional eng verbunden waren und durch die Nachricht vom Tod oder schwerster Verletzung des Opfers einen daraus folgenden gesundheitlichen Schaden erfahren, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Opferentschädigung zu.
Opferentschädigung: Tabelle zur Höhe der monatlichen Leistungen
Zum 01. Juli 2024 wurde die Höhe der monatlichen Entschädigungszahlungen (auch Rente oder Opferrente genannt) in SGB XIV zur sozialen Absicherung der Betroffenen angehoben (Bundesgesetzblatt 2024 I Nr. 195). Die monatlichen Leistungen richten sich dabei nach dem Grad der Schädigungsfolgen (GdS). Dieser Grad stellt das Ausmaß der Schädigungsfolgen dar. Eine monatliche Grundrente aufgrund einer Schädigungsfolge erhalten Betroffene ab einem GdS von 30. Gemäß § 83 SGB XIV erhalten Betroffene folgende monatliche Entschädigungszahlungen:
Grad der Schädigungsfolgen (GdS) | monatliche Entschädigungszahlung |
---|---|
30 und 40 | 418 Euro |
50 und 60 | 837 Euro |
70 und 80 | 1255 Euro |
90 | 1673 Euro |
100 | 2091 Euro |
Je nachdem, wie schwer die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind und welche Probleme dadurch verursacht werden, gibt es neben den Geldleistungen zur sozialen Entschädigung gemäß § 26 Vierzehntes Sozialgesetzbuch (SGB XIV) aber auch noch andere Hilfeleistungen:
„(1) Leistungen der Sozialen Entschädigung werden erbracht in Form von Dienstleistungen, Sachleistungen und Geldleistungen.
(2) Geldleistungen werden erbracht als Einmalzahlung oder als laufende Zahlungen.
(3) Auf Antrag werden bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 29 des Neunten Buches durch ein Persönliches Budget folgende Leistungen erbracht:
1. Krankenbehandlung der Sozialen Entschädigung nach Kapitel 5,
2. Leistungen zur Teilhabe nach Kapitel 6,
3. Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach Kapitel 7 sowie
4. Leistungen zur Weiterführung des Haushalts nach § 95.“
Wie hoch ist die Abfindung oder Einmalzahlung bei der Opferentschädigung?
Betroffene haben auch die Möglichkeit, sich ihre gesamten Entschädigungszahlungen als Abfindung auf einmal, in einem Betrag auszahlen zu lassen (§ 84 Abs. 1 S. 2 SGB XIV). Es kann zwischen monatlichen Entschädigungszahlungen und Abfindungen gewählt werden.
Vor allem Betroffene aus dem Ausland nutzen diese Möglichkeit, wenn sie zurück in ihre Herkunftsländer reisen wollen. Die Höhe dieser Abfindung beziehungsweise Einmalzahlung entspricht: 60 x monatliche Entschädigungszahlung.
Es wird also die monatliche Entschädigungszahlung für fünf Jahre auf einmal ausgezahlt. Bereits geleistete Entschädigungszahlungen werden angerechnet. Mit der Einmalzahlung sind die „Ansprüche auf die monatlichen Entschädigungszahlungen für die Dauer von fünf Jahren abgegolten“ (§ 84 Abs. 1 S. 3 SGB XIV).
Der Antrag auf Abfindung oder Einmalzahlung muss innerhalb eines Jahres nach der Bewilligung der Entschädigungszahlung gestellt werden. Nach Ablauf der fünf Jahre kann erneut ein Antrag auf Entschädigungszahlung gestellt werden, wenn die gesundheitlichen Folgeschäden weiterhin vorliegen.
Wo wird der Antrag auf Opferentschädigung gestellt?
Zuständig für den Antrag auf Opferentschädigung sind die zuständigen Versorgungsbehörden am Wohnsitz des Betroffenen. Eine Übersicht der zuständigen Behörden in den einzelnen Bundesländern (Landesämter, Landratsämter usw.) finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Befindet sich keine entsprechende Behörde in Ihrer Nähe, können Sie den Antrag auch bei anderen Sozialleistungsträgern wie der Krankenkasse oder bei Ihrer Gemeinde abgeben.
Der Antrag kann ganz einfach formlos oder mit einem entsprechenden Antragsformular gestellt werden. Hilfe beim Ausfüllen erhalten Sie bei der entsprechenden Behörde. Es gibt keine Antragsfrist. Leistungen werden jedoch erst ab dem Monat der Antragstellung erbracht.
Strafanzeigen sollten zeitnah gestellt werden, jedoch brauchen Ermittlungs- und Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sein, um den Antrag auf Opferentschädigung stellen zu können. Ausländische Betroffene haben dabei dieselben Ansprüche wie Deutsche.
Kann ein Antrag auf Opferentschädigung abgelehnt werden?
Wenn Geschädigte sich beispielsweise selbst und ohne hinreichenden Grund in Gefahr gebracht haben, kann der Antrag auf Opferentschädigung beziehungsweise Entschädigungsleistungen abgelehnt werden (§§ 16, 17 ff. SGB XIV). Auch wenn die Geschädigten in die organisierte Kriminalität verwickelt waren, besteht kein Anspruch auf Entschädigung.
Zudem müssen die Geschädigten an der Aufklärung des Schadensereignisses mitwirken. Geschädigten mit rechtsfeindlichem oder sozialwidrigem Betätigungsfeld kann ebenfalls die Leistung versagt werden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Geschädigte während der Herrschaft des Nationalsozialismus freiwilliges Mitglied der SS war, vergleiche § 22 Abs. 1 SGB 14.
Wird die Opferentschädigung auf die Grundsicherung oder andere Leistungen angerechnet?
Nein. Gemäß § 28 S. 2 SGB XIV werden die Leistungen anderer Träger „nicht als Einkommen oder Vermögen auf andere Sozialleistungen oder auf Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz angerechnet“.
Die Rente aus der Opferentschädigung, die sogenannte Opferrente, ist nicht steuerpflichtig, weil es sich dabei um die Wiedergutmachung von gesundheitlichen Folgeschäden einer Gewalttat handelt. Deshalb ist § 22 Ziffer 4 Einkommensteuergesetz (EstG) nicht anzuwenden.
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