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Aufzug für einzelne Wohnungseigentümer – ist das zulässig?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wird heutzutage ein Mehrparteienhaus mit etlichen Etagen gebaut, schreiben die verschiedenen Landes-Bauordnungen regelmäßig den Einbau von Personenaufzügen vor. Damit soll erreicht werden, dass sämtliche Wohnungen im Haus barrierefrei erreichbar sind. Doch ältere Gebäude verfügen eher selten über Personenaufzüge. So mancher Wohnungseigentümer möchte daher nachträglich einen Fahrstuhl einbauen lassen. Doch darf er das einfach so oder muss er einige Anforderungen beachten?

Rentner kämpft um eigenen Personenaufzug

Ein Rentner lebte zusammen mit seiner Frau in seiner Eigentumswohnung, die sich im 5. Obergeschoss eines Mehrparteienhauses befand, das nur über das Treppenhaus erreichbar war. Weil die Eheleute bereits betagter waren und zeitweise ihre 1982 geborene, schwerbehinderte Enkeltochter betreuten, beantragte der Rentner in der Eigentümerversammlung den Einbau eines Personenaufzugs in den offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses. Die Kosten dafür wollte er selbst tragen. Die anderen Wohnungseigentümer sollten den Aufzug ebenfalls nutzen können, sofern sie sich an den Kosten für Einbau und Unterhaltung beteiligen.

Der Antrag des Rentners wurde jedoch aus verschiedenen Gründen abgelehnt, z. B. weil der betreffende Schacht im unteren Bereich zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt wurde. Der Rentner war jedoch der Ansicht, dass die anderen Wohnungseigentümer den Einbau und Betrieb des Fahrstuhls aufgrund seiner „misslichen“ Lage dulden müssten und ein Rückbau schließlich möglich sei. Er zog daher vor Gericht.

Treppenlift statt Personenaufzug?

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass der Personenaufzug nur eingebaut werden darf, wenn alle Wohnungseigentümer dieser Maßnahme zustimmen. An einer solchen einstimmigen Entscheidung fehlte es vorliegend jedoch, weshalb der Rentner auch keinen Fahrstuhl ins Treppenhaus einbauen durfte.

Treppenhaus ist Gemeinschaftseigentum

Das Treppenhaus gehört keinem Wohnungseigentümer allein – vielmehr stellt es gemeinschaftliches Eigentum aller Wohnungseigentümer dar. Sollen hier bauliche Veränderungen vorgenommen werden, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung hinausgehen, müssen somit auch alle betroffenen Wohnungseigentümer, denen aus dem Vorhaben ein Nachteil erwachsen kann, der Maßnahme zustimmen, vgl. § 22 I Wohnungseigentumsgesetz (WEG).

Einbau eines Aufzugs als bauliche Veränderung?

Der Einbau eines Fahrstuhls ist eine bauliche Veränderung, die nicht nur eine ordnungsgemäße Instandhaltung – wie z. B. das Anbringen einer neuen Haustür – darstellt. Vielmehr ist er mit einem erheblichen Eingriff in die bauliche Substanz verbunden. Auch müssen hierbei bauordnungs- und brandschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden und der im Treppenhaus zur Verfügung stehende Platz wird verringert. Des Weiteren müssten alle Wohnungseigentümer haften, wenn sich Dritte am oder im Aufzug verletzen – selbst wenn sie sich an den „Aufzugkosten“ nicht beteiligt haben und den Fahrstuhl sowie einen Teil des Gemeinschaftseigentums daher auch nicht nutzen dürften. Letztlich wäre ein etwaiger Rückbau erneut mit einem erheblichen Eingriff in den Baukörper sowie hohen Kosten verbunden und damit unrealistisch.

Einbau eines Aufzugs gegen den Willen der Wohnungseigentümer?

Selbst wenn eigentlich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer nötig ist, um eine bauliche Veränderung nach § 22 WEG vorzunehmen, gibt es Fälle, in denen den Wohnungseigentümern die Duldung einer bestimmten Maßnahme zugemutet werden kann. Denn es ist z. B. unzulässig, einen Wohnungseigentümer wegen einer Behinderung zu benachteiligen. Daher kann es durchaus möglich sein, dass einem gehbehinderten Wohnungseigentümer bzw. seinem gehbehinderten Angehörigen das Recht zugestanden wird, einen Treppenlift oder eine Rollstuhlrampe im Treppenhaus anzubringen, wenn er nur so Zugang zu seiner Wohnung bekommt.

Vorliegend wies das Gericht allerdings darauf hin, dass der betagte Wohnungseigentümer einst bewusst die Wohnung im 5. Obergeschoss erworben hatte, die selbst mit einem Treppenlift nur schwer zugänglich ist. Das könnte zwar unter anderem zu Problemen bei der Veräußerbarkeit der Wohnung führen – ist jedoch ein „Problem“ des betroffenen Wohnungseigentümers, dessen Beseitigung nicht zulasten der anderen Wohnungseigentümer vorgenommen werden darf. Für die wäre der Einbau eines Aufzugs schließlich mit zu vielen Nachteilen verbunden, z. B. wegen erhöhten Haftungsrisiken und eines teilweisen Ausschlusses von der bisherigen Treppenhausnutzung.

Fazit: Gerade ältere Menschen wünschen sich häufig einen Aufzug, um nicht die vielen Stufen zu ihrer Wohnung in einem höheren Stockwerk laufen zu müssen. Doch selbst wenn ihnen eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus gehört, dürfen sie nicht eigenmächtig einen Aufzug ins Treppenhaus einbauen lassen – vielmehr ist dafür die Zustimmung aller Wohnungseigentümer nötig.

(BGH, Urteil v. 13.01.2017, Az.: V ZR 96/16)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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