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Bundesarbeitsgericht lässt zulässige Dauer von Leiharbeit offen

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend. So steht es bereits seit 2011 gleich am Anfang des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), das die Leiharbeit regelt. Wann aus vorübergehend dauerhaft wird, hat der Gesetzgeber jedoch nicht festgelegt. Der Koalitionsvertrag sieht nun immerhin einen Zeitraum von anderthalb Jahren vor. Ob es dazu kommt, ist jedoch nicht sicher.

Unwirksame Arbeitnehmerüberlassung begründet Arbeitsverhältnis mit Entleihbetrieb

So wurde eine Klärung der Frage durch das Bundesarbeitsgericht erwartet, dem ein entsprechender Fall vorlag. Da es zuletzt im Juli 2013 Betriebsräten ein Vetorecht bei der nicht nur vorübergehenden Beschäftigung von Leiharbeitern zubilligte, gingen einige Beobachter von einer weiteren restriktiven Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts aus.

Doch was vorübergehend bedeutet, bleibt weiter offen, weil das BAG dieses Merkmal - anders als von vielen erwartet - für nicht entscheidungsrelevant hielt. Im zugrunde liegenden Fall ging es dabei um die Frage, ob bei einer nicht nur vorübergehenden Beschäftigung ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Leiharbeiter und seinem Entleihbetrieb entstanden war. Eine in diese Richtung gehende Folge sieht § 10 Abs. 1 AÜG vor, wenn eine unwirksame Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.

Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung entscheidend für Unwirksamkeit

Als einschlägigen Unwirksamkeitsgrund verweist die Vorschrift dabei auf § 9 Nr. 1 AÜG, der auf das Vorliegen der erforderlichen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung abstellt. Der Kläger erhoffte sich, dass sich aus der dem AÜG zugrunde liegenden EU-Richtlinie zur Leiharbeit noch weitere Sanktionsgründe ergeben. Schließlich fordere die Leiharbeitsrichtlinie effektive Sanktionen und untersage eine dauerhafte Überlassung.

Die nicht nur vorübergehende Beschäftigung sah das BAG jedoch als keinen konkreten von der dem AÜG zugrunde liegenden EU-Richtlinie vorgesehenen Grund für eine Sanktion an. Vielmehr überlasse die Richtlinie die Wahl von Sanktionsgründen den Mitgliedstaaten.

Und von dieser Möglichkeit habe der deutsche Gesetzgeber zwar bei der fehlenden Erlaubnis Gebrauch gemacht, nicht aber bei der nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung. Für den Kläger, der über dreieinhalb Jahre lang im selben Entleihbetrieb tätig war, bedeutet das, dass trotz der langen Dauer kein Arbeitsverhältnis mit diesem entstanden war. Einen entsprechenden Rechtsanspruch auf Festanstellung in solchen Fällen müsse der Gesetzgeber schaffen, so das BAG.

Dreieinhalb Jahre beim selben Entleihbetrieb beschäftigt

Der IT-Sachbearbeiter war dabei in Einrichtungen eines Krankenhausbetreibers tätig. Angestellt war er allerdings über ein Tochterunternehmen des Krankenhausbetreibers. Dieses überließ ihn wie andere dort angestellte Leiharbeiter allein dem Betreiber dreier Kliniken sowie mit ihm verbundener Heime. Der Arbeitsvertrag des Mannes mit dem Leiharbeitsbetrieb bestand dabei bereits seit Februar 2008. Bis zur Kündigung dieses Vertrags im September 2011 war er ausschließlich in Einrichtungen des Krankenhausbetreibers tätig.

Der Kündigungsgrund nach dreieinhalb Jahren lautete, dass für seine Tätigkeit kein Bedarf mehr bestehe. Andererseits schaltete der Krankenhausbetreiber im selben Zeitraum Stellenanzeigen für IT-Mitarbeiter im Internet. Auf die über das Leiharbeitsunternehmen erfolgende Einstellung wurde darin hingewiesen.

Der entlassene Mitarbeiter klagte daraufhin gegen den Betreiber und die ihm zugehörige Leiharbeitsfirma. Mit dem Krankenhausbetreiber sei ein Arbeitsverhältnis entstanden und die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung erfolge nur zum Schein. Außerdem verlangte er die Zahlung der Lohndifferenz seit Beginn seiner dortigen Tätigkeit im März 2008, weil er als Zeitarbeiter weniger verdiente. Während das Arbeitsgericht seine Klage noch abwies, erhielt der Mann vom Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg teilweise Recht (Urteil v. 22.11.2012, Az.: 11 Sa 84/12).

Entscheidung der Vorinstanz in der Revision aufgehoben

Dabei hatte die Vorinstanz noch entschieden, dass bei einer vorübergehenden Überlassung von Anfang an feststehen müsse, dass ein Einsatz in fremden Unternehmen nur befristet erfolge, die Leiharbeit also ende, weil es für die entsprechende Stelle keinen dauerhaften Bedarf gebe. Auf die genaue Kenntnis, wann das der Fall sei, komme es beim Antritt der Leiharbeitsstelle nicht an. Da das beim Kläger nicht der Fall gewesen sei, wie insbesondere der durch die Stellenanzeige erkennbare Bedarf gezeigt habe, sei die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur vorübergehend und damit unwirksam gewesen.

Anders als das BAG entnahm das LAG dabei der Richtlinie, dass diese eine Sanktion in Form eines nunmehr mit dem Klinikbetreiber entstandenen Arbeitsverhältnisses vorsehe. Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage von den Richtern zugelassene Revision brachte jedoch ein anderes Ergebnis.

Die Erfurter Richter entschieden wie folgt: Weil das Tochterunternehmen die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitze, liege keine unwirksame Arbeitnehmerüberlassung vor. Denn aufgrund der entsprechenden Regelung im AÜG habe der Gesetzgeber das ebenso als Sanktionsgrund infrage kommende Kriterium der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung bewusst außen vor gelassen.

(BAG, Urteil v. 10.12.2013, Az.: 9 AZR 51/13)

(GUE)

 

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