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Bundestag beschließt Änderungen für Leiharbeit und Werkverträge

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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951.000 Menschen waren 2015 in Deutschland als Leiharbeiter beschäftigt. Die meisten von ihnen sind in den Branchen Verkehr, Logistik, Sicherheit, Reinigung sowie Metall und Elektro tätig. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Beschäftigten auf Werkvertragsbasis. Kritiker bemängeln niedrige und ungleiche Bezahlung und Verdrängung regulärer Beschäftigungsverhältnisse. Befürwortern zufolge tragen diese zur Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit bei und sicherten so Arbeitsplätze.

Änderungen gelten ab April 2017

Nun hat der Bundestag Änderungen beschlossen, die vor allem die Dauer der Leiharbeit und den Missbrauch von Werkverträgen beschränken sollen. Betroffen ist insbesondere das der Leiharbeit zugrunde liegende Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Die Änderungen treten erst ab April 2017 in Kraft und nicht wie ursprünglich geplant schon ab Anfang 2017. Folgendes gilt dann.

Höchstentleihdauer von 18 Monaten

Bisher trifft das AÜG zur Entleihdauer keine konkrete Aussage. Dort steht nur „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend“. Künftig dürfen Leiharbeiter nur noch bis zu 18 Monate im selben Betrieb tätig sein. Danach müssen sie wechseln. Andernfalls muss sie das Unternehmen übernehmen. Das vorrangig damit verfolgte Ziel: Dauerhafter Leiharbeitereinsatz soll die Stammbelegschaft nicht verdrängen.

Wird die Beschäftigung eines Leiharbeiters im selben Betrieb weniger als drei Monate unterbrochen, werden die Einsatzzeiten zusammengezählt. Das verhindert jedoch keine Modelle, Leiharbeiter zwischen Betrieben z. B. im jährlichen Wechsel einzusetzen, sodass es zu keiner Übernahme kommt. Abweichungen von der Überlassungshöchstdauer sind zudem durch Tarifvertrag der Einsatzbranche, nicht aber der Zeitarbeitsbranche, möglich. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber sollen diese durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung, nicht aber mittels Arbeitsvertrag übernehmen dürfen.

Gleiche Bezahlung nach 9 Monaten

Leiharbeiter haben künftig einen Anspruch auf gleiches Entgelt (equal pay) und gleiche Arbeitsbedingungen (equal treatment) nach neun Monaten. Auch hier sind allerdings Abweichungen durch Tarifvertrag möglich, vom Grundsatz gleicher Bezahlung aber nur unter folgenden Einschränkungen: Für bis zu 15 Monate darf eine ungleiche Bezahlung erfolgen, wenn ein Leiharbeiter dann das tarifliche Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in seiner Einsatzbranche erhält. Nach der sechswöchigen Einarbeitungsphase eines Leiharbeiters muss dessen Bezahlung ab der 7. Woche im Betrieb stufenweise auf diesen Betrag steigen. Auch hier werden Einsatzzeiten bei Unterbrechungen von weniger als drei Monaten addiert. In der Praxis scheiden viele Leiharbeiter jedoch bereits vor Ablauf von 9 Monaten wieder aus einem Betrieb aus.

Keine Leiharbeiter als Streikbrecher

Es ist künftig verboten, Leiharbeiter als Streikbrecher auf bestreikten Arbeitsplätzen einzusetzen. Verstöße dagegen sind mit Geldbußen bis zu 500.000 Euro bedroht.

Wege gegen Missbrauch von Werkverträgen

Werkverträge werden immer wieder als Leiharbeit kaschiert. Diese verdeckte Leiharbeit und den Missbrauch sollen folgende Änderungen weiter einschränken. Fehlt die zur Arbeitnehmerüberlassung notwendige Erlaubnis, entsteht bereits jetzt ein Arbeitsverhältnis des Leiharbeiters zum Entleiher. Künftig kommt es dazu auch, wenn die Arbeitnehmerüberlassung bereits nicht als solche bezeichnet wird. Das Arbeitsverhältnis zum Verleiher ist bei Verstoß gegen diese Offenlegungspflicht dann unwirksam. Dem können Leiharbeiter künftig widersprechen, sodass das Arbeitsverhältnis wirksam bleibt, wenn für sie das Arbeitsverhältnis zum Entleiher keinen Sinn macht.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert künftig, wer Arbeitnehmer ist. Der Inhalt des neuen § 611a BGB orientiert sich dabei an der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Betriebsräte erhalten stärkere Informationsrechte bezüglich des Einsatzes von Werkverträgen im Unternehmen.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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