Sportunfall in der Freizeit! Folgen fürs Arbeitsverhältnis?
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Sportarten wie Fußball, Joggen, Schwimmen und Radfahren zählen zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten. Das freut auch Arbeitgeber. Sind sportliche Mitarbeiter doch meist leistungsfähiger bei der Arbeit. Bei häufigen und schweren Verletzungen infolge sportlicher Betätigung verkehrt sich dieses Bild allerdings schnell ins Gegenteil. Können Arbeitgeber dann gegebenenfalls die Lohnfortzahlung verweigern? Und berechtigen Fehlzeiten aufgrund häufiger Sportverletzungen gar zur Kündigung?
Keine Entgeltfortzahlung bei Verschulden
Arbeitnehmer, die unverschuldet krank werden und an ihrer Arbeitsleistung verhindert sind, haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das bedeutet: Verschuldet ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit, entfällt der Anspruch. Der Arbeitgeber muss keinen Lohn fortzahlen. Doch wann ist ein Sportunfall selbst verschuldet? Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ist Folgendes entscheidend:
Eigene Selbstüberschätzung
Schuldhaft handelt, wer sich deutlich über seine Kräfte und Fähigkeiten hinaus sportlich betätigt und dadurch gesundheitliche Schäden erleidet. Ein Selbstverschulden liegt damit nahe, wenn untrainierte bzw. unerfahrene Menschen eine für sie anspruchsvolle Sportart betreiben – etwa an einem Marathon oder an hochalpinem Bergsteigen teilnehmen. Will ein Arbeitgeber deshalb die Lohnfortzahlung verweigern, muss er die persönliche Überschätzung seines Arbeitnehmers im Streitfall darlegen und beweisen. Bei verbreiteten Sportarten wie Fußball und Skifahren lehnen Gerichte das, sofern keine grobe Selbstüberschätzung vorliegt, regelmäßig ab. Zum Fingerhakeln entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg, dass ein Selbstverschulden nur bei besonders schwachen und verletzungsanfälligen Fingerknochen anzunehmen ist (LAG Baden-Württemberg, Az.: 4 Sa 53/86).
Erhebliche Regelverstöße
Ein Verschulden trifft Arbeitnehmer auch dann, wenn sie in besonders grober Weise und leichtsinnig gegen anerkannte Regeln der von ihnen ausgeübten Sportart verstoßen. Im Einzelfall können beispielsweise Verletzungen beim Skifahren abseits der Piste oder das Spielen ohne Helm beim Eishockey zulasten des Entgeltfortzahlungsanspruchs gehen.
Gefährliche Sportarten
Darüber hinaus gilt eine Sportverletzung als verschuldet, die sich ein Arbeitnehmer bei einer besonders gefährlichen Sportart zuzieht. Dabei ist es nicht entscheidend, dass auch die Umstände der Verletzung gefährlich waren. Die bloße Ausübung der gefährlichen Sportart genügt. Kennzeichnend für die Gefährlichkeit ist dabei ein Verletzungsrisiko, das objektiv betrachtet so groß ist, dass auch ein gut ausgebildeter Sportler, der alle Regeln sorgfältig beachtet, Verletzungen nicht vermeiden kann. Das ist der Fall, wenn der Sportler das Geschehen nicht mehr beherrschen kann und sich unbeherrschbaren Gefahren aussetzt.
Die Gefährlichkeit einer Sportart muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Dafür genügt es allerdings nicht, lediglich auf hohe Sportunfallzahlen einer Sportart zu verweisen oder auf die Bezeichnung als sogenannte Extremsportart. Vielmehr kommt es auf deren Inhalt an. So machte das Arbeitsgericht Hagen die Gefährlichkeit von Kickboxen an den vielen gefährlichen und erlaubten Techniken, wie gesprungene Fußtreffer zum Kopf, fest (ArbG Hagen, Az.: 4 Ca 648/87). Demgegenüber wird Amateurboxen als keine besonders gefährliche Sportart angesehen, wenn es unter ständiger Trainerbetreuung ausgeübt wird (BAG, Az.: 5 AZR 601/75). Auch Drachenfliegen gilt als nicht besonders gefährlich, wenn die bekannten Sicherheitsvorkehrungen und Regeln beachtet werden (BAG, Az.: 5 AZR 338/79). Selbst Motorsport sehen Gerichte bei regelkonformer Ausübung und sicheren Strecken als nicht gefährlich an (LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 5 Sa 823/98). Dem Arbeitgeber half in diesem Fall auch nicht, dass sein in der Freizeit an Motorradrennen teilnehmender Arbeitnehmer auf Lohnfortzahlung wegen damit verbundener Verletzungen verzichtete. Denn solche Vereinbarungen sind dem Entgeltfortzahlungsgesetz zufolge unwirksam.
Kündigung bei häufigen Sportverletzungen
Arbeitnehmern droht bei häufigen Sportverletzungen auch die Kündigung. Dazu müssen die Fehlzeiten ein unzumutbares Ausmaß erreichen. Statt einer bestimmten Anzahl an Fehltagen muss eine Prognose ergeben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten künftig nicht mehr erfüllen kann bzw. wird. Bei regelmäßigen Sportverletzungen entscheidet darüber vor allem, ob der Arbeitnehmer ernsthaft vom Sport Abstand nimmt, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Des Weiteren muss feststehen, dass die bisherigen und zukünftig zu erwartenden Sportunfälle das Unternehmen entweder erheblich wirtschaftlich belasten oder betriebliche Abläufe erheblich beeinträchtigen. Für den Arbeitnehmer darf sich zudem keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Betrieb ergeben. Abschließend muss eine Interessenabwägung erfolgen. Was den Arbeitnehmer betrifft, sind hier insbesondere Dauer, bisheriges Verhalten und soziale Situation zu berücksichtigen.
(GUE)
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