Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zum Thema Ausbildungsbetrieb wechseln!

Ausbildungsbetrieb wechseln: So gehen Sie vor

  • 6 Minuten Lesezeit
Ausbildungsbetrieb wechseln: So gehen Sie vor

Experten-Autor dieses Themas

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“: Ein Körnchen Wahrheit steckt in den meisten Redewendungen, denn nicht immer sind Auszubildende mit ihrer Tätigkeit zufrieden und gerade am Anfang ihrer Ausbildung sind sie möglicherweise verärgert darüber, Kaffee zu kochen, Botengänge zu erledigen oder stundenlang kopieren zu müssen.  

Die gute Nachricht ist: So geht es den allermeisten Azubis. Doch gerade anfangs, wenn noch keine Fachkenntnisse vorhanden sind, sind diese manchmal gefühlt sinnlosen Tätigkeiten eine große Hilfe für das ganze Team. Und spätestens, wenn man sich eingearbeitet und seinen Platz in der Firma gefunden hat, oder auch, wenn die neuen Azubis ihre Ausbildung beginnen, bemerkt man, dass tatsächlich nicht alles so „heiß gegessen wird, wie es gekocht wird“. 

Unzufriedenheit als Grund für Ausbildungswechsel? 

Manchmal gehen Frust und Ärger über den Ausbildungsbetrieb aber auch über das normale Maß hinaus und es wird immer öfter über den Wechsel des Ausbildungsbetriebes nachgedacht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat eine Studie veröffentlicht. Darin kommt die Unzufriedenheit der Azubis sehr deutlich zum Ausdruck. Im Fokus der Befragungen standen Themen wie die fachliche Qualität der Ausbildung. Hier ging es beispielsweise um das Einhalten des Ausbildungsplanes, um die Anleitung und Betreuung durch die jeweiligen Ausbilder und um das regelmäßige Ableisten von Überstunden. Das Fazit der Studie war, dass 30 Prozent der deutschen Lehrlinge mit ihrer Ausbildung nicht zufrieden waren – der Höchstwert seit 2006.* 

Was kann man also tun, wenn man den Ausbildungsbetrieb oder Ausbildungsplatz wechseln möchte? Neben vielen anderen Gesetzen wie dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) oder dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) speziell die Rechte und Pflichten von Auszubildenden und Ausbildern für die Zeit der Berufsausbildung. 

* Deutscher Gewerkschaftsbund. DGB-Jugend: Ausbildungsreport 2019. 

Wechsel des Ausbildungsberufes 

Nicht immer sind die Tätigkeiten des angestrebten Ausbildungsberufes auch das, was man sich darunter vorgestellt hat. Deshalb entschließen sich einige Auszubildende dazu, die bestehende Ausbildung aufzugeben und einen ganz neuen Ausbildungsberuf zu wählen. Das ist grundsätzlich auch gar kein Problem, denn es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, wie viele Ausbildungen man machen darf. Im Gegenteil – in Deutschland gibt es ein Grundrecht auf freie Berufswahl.  

Aber bei einem Wechsel des Ausbildungsberufs sollte bestenfalls schon vorher ein neuer Ausbildungsplatz in Aussicht stehen. Auch hier muss ordnungsgemäß gekündigt werden.  

Ob bei einem Wechsel des Berufsbildes die Zeiten der bereits absolvierten Ausbildungsdauer vom neuen Ausbildungsbetrieb anerkannt und angerechnet werden, hängt unter anderem stark davon ab, ob sich beide Berufsfelder ähneln oder ob sie völlig unterschiedlich zueinander sind. Möchte beispielsweise ein Azubi, der seine Ausbildung bei einem Friseur angefangen hat, ins Hotelfach wechseln, dürfte eine Anrechnung der bisherigen Ausbildungsdauer schwierig werden, da beide Ausbildungen nicht artverwandt sind.  

Wichtig: Bei Aufgabe oder Wechsel des Berufsbildes gibt es die zusätzliche ordentliche Kündigungsmöglichkeit. Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG gibt es auch nach Ablauf der Probezeit die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn die Auszubildenden „die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen“. 

Wechsel des Ausbildungsbetriebes 

Grundsätzlich ist es zwar nicht vorgesehen, während seiner Ausbildung in einen anderen Ausbildungsbetrieb zu wechseln, denn es wurde ein Vertrag mit dem bestehenden Ausbildungsbetrieb geschlossen. Jedoch gibt es Umstände, die einen Wechsel erfordern können.  

Im ersten Schritt sollte bestenfalls schon ein neuer Ausbildungsbetrieb vorhanden sein, der den Azubi nahtlos übernehmen wird. Es ist wichtig, vorab zu klären, ob die Zeiten der bereits absolvierten Ausbildungsdauer vom neuen Ausbildungsbetrieb anerkannt und angerechnet werden. Auch die Berufsschule muss über den angestrebten Wechsel des Ausbildungsbetriebes informiert werden, um abzuklären, ob die Berufsschulzeit trotz des Wechsels weiterläuft. Bei einem Wechsel im gleichen Berufsfeld stellt dies grundsätzlich keine Probleme dar. 

Nun kann der noch bestehende Vertrag mit dem aktuellen Ausbildungsbetrieb aufgelöst werden. Dies kann durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag erfolgen. Erst jetzt kann der neue Ausbildungsvertrag – mit erneuter Probezeit – mit dem neuen Ausbildungsbetrieb geschlossen werden. 

Macht es einen Unterschied, ob der Ausbildungsbetrieb im ersten, zweiten oder dritten Lehrjahr gewechselt wird? 

Nein, rein rechtlich macht es keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt der Ausbildung ein Wechsel des Ausbildungsbetriebes erfolgt, die Vorgehensweise ist die gleiche. 

Ausbildungsbetriebe in der Probezeit wechseln (§ 22 Abs. 1 BBiG) 

Gemäß § 20 BBiG soll die Probezeit zwischen einem Monat und vier Monaten liegen. In dieser Zeit können sowohl der Ausbildungsbetrieb als auch der Azubi jederzeit und ohne die Einhaltung einer Frist kündigen.  Gründe für die Kündigung in der Probezeit müssen nicht genannt werden.  

Zwingend erforderlich ist hingegen die Schriftform. Es reicht nicht, dem Ausbildungsbetrieb mündlich mitzuteilen, dass man die Ausbildung nicht fortsetzen möchte. Um rechtlich abgesichert zu sein, empfiehlt es sich, eine Kündigung immer mit Nachweis abzusenden.  

Ist der Azubi noch minderjährig, so müssen auch seine Erziehungsberechtigten die Kündigung unterschreiben. Ebenso muss bei einer Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb diese an die Erziehungsberechtigten gerichtet sein. 

Ausbildungsbetrieb wechseln wegen Kündigung (§ 22 BBiG) 

Die Berufsausbildung beginnt mit der Probezeit und endet mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder der Wiederholungsprüfung. Neben den vorgenannten Möglichkeiten der Kündigung in der Probezeit und der ordentlichen Kündigung – bei Wechsel des Ausbildungsberufes – sind zudem folgende Optionen möglich:  

  • fristlose Kündigung 
  • Aufhebungsvertrag 

Fristlose Kündigung bei Wechsel des Ausbildungsbetriebes 

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG kann das Berufsverhältnis nach Ablauf der Probezeit aus einem wichtigen Grund außerordentlich und ohne die Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Im Folgenden nenne ich Ihnen ein paar Beispiele für solche Verstöße oder Pflichtverletzungen, wobei es jedoch immer auch auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt. 

Beispiel-Gründe für die fristlose Kündigung durch den Auszubildenden 

  • Häufiges Arbeiten nach 20.00 Uhr oder fehlende Ruhezeiten (Verstoß des Ausbildungsbetriebes gegen JArbSchG) 
  • Unzureichende Vermittlung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten 
  • Unregelmäßige oder fehlende Zahlungen der Ausbildungsvergütung 
  • Mobbing, seelische oder körperliche Gewalt, Beleidigungen, Diskriminierung 

Beispiel-Gründe für die fristlose Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb 

Vorab: Vor einer fristlosen Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb muss grundsätzlich eine Abmahnung erfolgen, damit der Auszubildende die Chance erhält, sein Fehlverhalten zu ändern. Nur bei besonders schwerwiegendem Fehlverhalten wie beispielsweise Diebstahl oder Körperverletzung ist dies nicht notwendig. Folgende Gründe kann der Ausbildungsbetrieb beispielsweise bei einer fristlosen Kündigung angeben: 

  • Mehrfaches unentschuldigtes Fehlen im Ausbildungsbetrieb oder in der Berufsschule 
  • Mehrfache Störung des Betriebsfriedens, zum Beispiel durch Beleidigungen oder Androhung von Gewalt 
  • Mehrfach wiederholte Arbeitsverweigerung 
  • Mehrfache grobe Verstöße gegen die Ausbildungsordnung 

Folgendes ist dabei zu beachten: 

  • Form: Auch bei der fristlosen Kündigung ist die Schriftform zwingend vorgeschrieben (§ 623 BGB). 
  • Frist: Sobald ein Verstoß, der zur fristlosen Kündigung führt, auffällt, muss diese Kündigung innerhalb von zwei Wochen erfolgen, um wirksam zu sein (§ 22 Abs. 4 BBiG). 
  • Begründung: Genau diejenigen Verstöße oder Pflichtverletzungen, die zur Kündigung geführt haben, müssen aufgeführt und begründet werden. 
  • Unterschrift: Bei minderjährigen Auszubildenden müssen beide Erziehungsberechtigte zusammen mit dem Auszubildenden die Kündigung unterschreiben. 

Ausbildungsbetrieb wechseln mit Aufhebungsvertrag 

Stellen sowohl Ausbildungsbetrieb als auch Auszubildender – aus welchen Gründen auch immer – fest, dass sie nicht zueinander passen, so gibt es die Möglichkeit, sich einvernehmlich und mit sofortiger Wirkung oder zu einem gemeinsam bestimmten Zeitpunkt zu trennen: durch den Aufhebungsvertrag. Gründe für die Aufhebung des Vertrages müssen nicht angegeben werden, jedoch ist auch hierbei die Schriftform vorgeschrieben.  

Bei minderjährigen Auszubildenden müssen die gesetzlichen Vertreter dem Aufhebungsvertrag zustimmen. Wichtig: Sollte noch kein neuer Ausbildungsplatz vorhanden sein, so entfällt durch einen Aufhebungsvertrag für eine bestimmte Zeit – die sogenannte Sperrfrist – die Zahlung von Arbeitslosengeld. 

Foto(s): ©Adobe Stock/industrieblick

Artikel teilen:


Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Ausbildungsbetrieb wechseln?

Rechtstipps zu "Ausbildungsbetrieb wechseln"