Die „Coaching-Falle“ Teil 26: Die Marketing-Maschen der Coaching-Agenturen - wie Coaches an ihre Kunden kommen

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Coachings existieren mittlerweile zu nahezu jedem denkbaren Thema – über Gesundheit & Fitness über Finanzen & Business bis hin zum garantierten Erfolg beim Dating. In manchen Fällen mögen diese Coachings tatsächlich hilfreich sein und selbstverständlich existiert eine Vielzahl von seriösen Coaches und Coaching-Agenturen zu all diesen Fragen.

Doch seit einiger Zeit mehren sich die Fälle, in denen Kunden von unseriösen Vertriebsmaschen und Verträgen berichten, die teils nur noch als Abzocke bezeichnet werden können. Ausgenutzt wird dabei, dass der Begriff „Coach“ nicht gesetzlich reglementiert oder geschützt ist. Es kann sich also jeder als Coach bezeichnen, ohne hierfür irgendwelche Qualifikationen vorweisen zu müssen. Und immer mehr Marktteilnehmer wollen von diesem Trend profitieren – zum Leid ihrer Kunden und zu Lasten seriöser Coaches, bei denen das Wohl der Coachees und nicht der eigene Umsatz im Mittelpunkt steht.

Oft wird dabei insbesondere im Bereich des Business-Coaching aggressives Marketing betrieben, um auf Kundenfang zu gehen. Daher befassen wir uns heute damit, nach welchem Muster die entsprechenden Marketing-Kampagnen aufgebaut sind.


Die Versprechen der Coaches


Versprochen werden im Finanz- und Businessbereich in aller Regel schneller unternehmerischer Erfolg, finanzielle Freiheit und ein Leben im Luxus. Dies für Arbeitnehmer und Angestellte meist binnen kürzester Zeit, ohne Vorkenntnisse und vom heimischen Sofa aus – etwa durch Dropshipping, Affiliate-Marketing oder den Aufbau eines eigenen Coachings. 

Gern werden auch Kunden akquiriert, die bereits kleinere oder mittlere Unternehmen führen, da diese zahlungskräftiger sind – hier wird dann gern versprochen, das Business zu „skalieren“ und „auf die nächste Ebene zu bringen“. Die meisten Coaches haben dazu mehrere Programme in verschiedenen Preiskategorien im Angebot.


Die Marketingmaschen


Potentielle Kunden werden meist über Social-Media das erste Mal auf derartige Coachings aufmerksam. Hier wird in aller Regel mit erheblichem Aufwand und Geldeinsatz aggressives Marketing betrieben – gängigste Plattformen dabei sind Facebook, Instagram, TikTok, YouTube und teils LinkedIn.

Die Standard-Erzählung lautet dabei in aller Regel: "Ich war selbst in einem Job gefangen, der mich nicht weitergebracht hat und mit dem ich kaum etwas verdient habe" – oder andere (vermeintliche) Schicksalsschläge. Durch „Methode X“ habe ich es aber binnen kürzester Zeit zu finanzieller Unabhängigkeit gebracht und lebe heute im Luxus – gern gepaart mit repräsentativen Fotos und Videos von teuren Villen, Autos und Uhren. Kernelement ist dabei immer der zur Schau gestellte eigene wirtschaftliche Erfolg des Coaches – denn nur wer selbst erfolgreich ist (oder dies entsprechend simuliert) – wird anderen beibringen können, wie Sie dies (vermeintlich) auch selbst erreichen können.

Gern werden Kunden auch mit „kostenlosen“ Erstgesprächen, einer Anleitung zum Download für ein Geschäftsmodell oder anderen kostenfreien Leistungen angelockt. Ziel ist es dabei immer, die Kontaktdaten der Kunden zu erhalten, um diese per E-Mail und am besten telefonisch weiter zu bearbeiten.


Die Homepage des Coaches


Haben potentielle Kunden also einmal den Weg auf die Website des Coaches gefunden, folgt die nächste Stufe des Anwerbungsprozesses. Die entsprechenden Internetseiten folgen dabei meist demselben Muster: Große Versprechen gepaart mit vermeintlichen Erfolgsgeschichten anderer Kunden (sog. Testimonials). Die Echtheit dieser Geschichten lässt sich in aller Regel nicht überprüfen.

Dazu kommen meist Verweise auf Bewertungsportale wie Trustpilot, Provenexpert oder Google, um letzte Ungewissheiten der Kunden auszuräumen. Oft sind die dort teils massenhaft abgegebenen Bewertungen aber offensichtlich gefälscht – achten Sie auf eine Vielzahl von „Jubel-Bewertungen“, die am selben Tag abgegeben wurden, sowie gelöschte oder ausgeblendete Bewertungen.

Gern wird von Coaches auch behauptet, man sei in bekannten Online-Magazinen veröffentlicht worden, um weiter Vertrauen aufzubauen. Oft handelt es sich dabei aber nicht um redaktionelle Inhalte – also Artikel von Journalisten – sondern um vom Coach bezahlte Inhalte, in denen stets nur positives berichtet wird. Es existieren teils sogar eigene Plattformen und Magazine, die eigens zu diesem Zweck betrieben werden.

Ziel ist es dabei immer, letzte Zweifel an der Wirksamkeit des Coachings auszuräumen und potentielle Kunden zur Buchung eines Termins zu veranlassen. Gern als „Strategiegespräch“ oder gar „Bewerbungsgespräch“ bezeichnet, da hiermit vermeintliche Angebotsknappheit suggeriert wird. In Wahrheit handelt es sich dabei in aller Regel aber um ein reines Verkaufsgespräch.


Das Verkaufsgespräch


Wurden einmal Kontaktdaten angeben, folgt meist eine schnelle Kontaktaufnahme – per Mail, Messenger oder telefonisch. Gelegentlich durch den Coach selbst, meist aber durch Vertriebsmitarbeiter, sogenannte „Closer“, die mit verkaufspsychologischen Tricks erheblichen Druck zum Abschluss des Vertrags aufbauen. 


Diese Verkäufer haben auf jede Frage und jeden Einwand des potentiellen Kunden eine schlagfertige Antwort. Gern wird dabei behauptet, dass es dieses Angebot „nur heute“ gebe, die Plätze im Kurs begrenzt seien oder der Kunde nicht entscheidungsfreudig genug sei, um Unternehmer zu sein. Das Landgericht Stuttgart fasste dies in seinem Urteil in einem Verfahren gegen den Bestseller Verlag von Dirk Kreuter treffend als Teil einer „manipulativen Verkaufsstrategie, einer sog. Ja-Straße“ zusammen.


Das Ergebnis


Viele Kunden – und hierzu zählen teils gestandene Unternehmerinnen und Unternehmer – stimmen ob der vermeintlich überwältigenden Aussichten des Coachings mündlich dem Vertrag zu oder werden auf Seiten von Zahlungsdienstleistern wie CopeCart weitergeleitet und schließen den Vertrag dort ab. Oft folgt in der Praxis jedoch dann schnell die Ernüchterung, weil die vollmundigen Versprechen der Coaches sich in der Praxis nicht bewahrheiten. Meist wurden dann auch die teils fünfstelligen Kosten für das Coaching bereits gezahlt oder eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen, aus der man nicht ohne Weiteres wieder herauskommt.


Möglichkeiten zum Ausstieg


In den meisten Fällen ist schnelles Handeln geboten, denn mit jeder weiteren Zahlung an den Coach steigt das Risiko, sein Geld vielleicht erst nach einem Rechtsstreit zurückzubekommen.

Wie so oft im juristischen Bereich gibt es auf die Frage, welche rechtlichen Argumente hierbei durchgreifen, keine allgemeingültige Antwort, da die Fälle und Verträge zu unterschiedlich sind. Es muss also jeder Sachverhalt individuell betrachtet werden. In aller Regel kommen aber die folgenden Ansatzpunkte in Betracht:

  • Widerruf: Ein Widerrufsrecht besteht in vielen Fällen - auch für Unternehmer.
  • Anfechtung: Wurde der Kunde vom Coach mit falschen Versprechungen zum Vertragsschluss gebracht, kann der Vertrag ggfs. wegen Irrtum oder vorsätzlicher Täuschung angefochten werden.                
  • Sittenwidrigkeit: Von der Rechtsprechung werden vermehrt Coaching-Verträge als sittenwidrig eingestuft, weil die Kosten für das Coaching in keinem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Ist der Vertrag sittenwidrig, kann der Kunde sein Geld zurückfordern.
  • Fehlende Zertifizierung für Fernunterricht: Viele Coaching-Programme fallen nach der Rechtsprechung unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). In solchen Fällen muss eine Zulassung für den Kurs vorliegen, über die kaum ein Coach verfügt. Fehlt die Zulassung, ist der Vertrag nichtig.

Hierzu existiert mittlerweile eine Vielzahl von Urteilen, auch wenn Coaches die gerichtliche Auseinandersetzung nach unserer Erfahrung gern vermeiden.


Die Urteile der Gerichte


- Das Landgericht Stade hat einen Coaching-Vertrag für sittenwidrig erklärt 

- Das Oberlandesgericht Celle hat dann in der Folge entschieden, dass Unternehmer ebenfalls ein Widerrufsrecht haben, wenn das Fernunterrichtsschutzgesetz Anwendung findet 

- Das Landgericht Leipzig, das Landgericht Hamburg, das Landgericht Hannover, das Landgericht Nürnberg-Fürth und jüngst das Landgericht Ulm haben das Fernunterrichtsschutzgesetz für anwendbar erklärt und gegen die Coachingunternehmen entschieden - auch wenn das OLG Hamburg dies anders sieht

- Zudem hat das Landgericht Stuttgart die Sittenwidrigkeit eines Coaching-Vertrags des Bestsellerverlags von Dirk Kreuter festgestellt


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Als Kanzlei mit Spezialisierung im Vertragsrecht vertreten wir bereits zahlreiche Mandanten im Coaching-Bereich. Wir beraten Sie gern dazu, welche Möglichkeiten in Ihrem konkreten Fall bestehen, aus einem Coaching-Vertrag auszusteigen und unrechtmäßig gezahlte Coaching-Gebühren erstattet zu bekommen. Dies vorzugsweise schnell und kostenschonend auf dem außergerichtlichen Wege, notfalls aber auch konsequent vor Gericht.  


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Foto(s): adobe stock photos


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