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Ich kann meine Schulden nicht mehr bezahlen – was tun?

  • 5 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion

Fast jeder Zehnte soll in Deutschland überschuldet sein. Der Gesetzgeber hat Schuldnern, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, die Möglichkeit eröffnet, sich durch das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren zu entschulden. Dabei kann es bis zur Restschuldbefreiung in Deutschland zwischen 3 und 6 Jahren dauern. Aber es gibt auch Möglichkeiten, schneller seine Schulden loszuwerden. Hierzu im Folgenden ein Leitfaden.

Wo bekomme ich Hilfe?

Es gibt eine Reihe gemeinnütziger Organisationen, an die sich Überschuldete wenden können. Auch bieten staatliche Einrichtungen, wie die Sozialämter, eine Schuldnerberatung an. Es gibt aber auch spezialisierte Kanzleien. Diese bieten in der Regel eine Schuldnerberatung nicht kostenlos an. Es besteht aber die Möglichkeit, einen Beratungsschein zu bekommen, wenn Sie ein niedriges Einkommen haben und die Schuldnerberatung durch staatliche Einrichtungen mit langen Warteizeiten verbunden ist. Wird ein Beratungsschein erteilt, rechnet der Anwalt nach einer Zuzahlung von 15 € mit der Staatskasse ab.

P-Konto einrichten

Wenn gegen Sie bereits die Zwangsvollstreckung betrieben wird, sollten Sie sich das sogenannte Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einrichten.

Vorteile eines P-Kontos

Das P-Konto sichert bei einem regelmäßigen Einkommen einen monatlichen Grundbetrag, auf den Gläubiger auch durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht zugreifen können. Der Grundfreibetrag beträgt 1073,88 €. Wird dieser nicht ganz verbraucht, kann der Rest auf den Folgemonat übertragen werden. So kann das P-Konto zugleich als kleines Sparbuch dienen, wobei allerdings maximal der doppelte Grundfreibetrag Pfändungsschutz genießen kann.

Wie richte ich ein P-Konto ein?

Banken und Sparkassen sind auf Antrag verpflichtet, ein solches Konto kostenlos einzurichten oder ein bestehendes Konto kostenlos in ein P-Konto umzuwandeln. Anträge können Sie bei der jeweiligen Bank oder bei den Schuldnerberatungen erfragen oder auch online erhalten. Die Kontoführungsgebühren eines P-Kontos dürfen nicht höher liegen als bei einem vergleichbaren Girokonto.

Wie werde ich schuldenfrei?

Wer den Weg eines Verbraucherinsolvenzverfahrens beschreitet, muss zuvor eine Einigung mit den Gläubigern versucht haben. In der Regel wird sämtlichen Gläubigern des Schuldners ein schriftliches Angebot zur Abgeltung sämtlicher Schulden unterbreitet – der sogenannte Schuldenbereinigungsplan. Stimmt ein Gläubiger nicht zu, gilt der Einigungsversuch als gescheitert und es wird üblicherweise das Verfahren eingeleitet.

Eine Einigung mit den Gläubigern nicht vorschnell aufgeben

Dabei wird aber eine große Chance vergeben. So sollte auf alle Fälle mit den nicht vergleichsbereiten Gläubigern nachverhandelt werden. Mehrere Telefonanrufe und Schreiben sind angesichts eines langjährigen kostspieligen Gerichtsverfahrens ein geringer Preis. Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachverhandlung sollte zumindest das Angebot sein, dass Dritte bereit sind, zumindest einen Bruchteil der Schulden zu zahlen. Auch sollte vor Augen geführt werden, was im Falle einer Nichteinigung zu erwarten ist, wenn Dritte für diesen Fall nichts zahlen wollen. In der Regel werden dann gar keine oder geringere Zahlungen zu erwarten sein. Ein weiteres Argument ist, aufzuzeigen, dass ein Insolvenzverfahren in einem Mitgliedstaat der EU möglich ist, das sehr kurze Fristen zur Restschuldbefreiung vorsieht.

Das gerichtliche Verfahren zur Restschuldbefreiung

Scheitert dennoch eine Einigung mit den Gläubigern, ist das Verbraucherinsolvenzverfahren bei Gericht zu beantragen. Nach einem gerichtlichen Einigungsversuch erfolgt das sogenannte vereinfachte Insolvenzverfahren. In diesem wird etwaig vorhandenes Vermögen des Schuldners von einem Treuhänder verwaltet und verteilt. In diesen Verfahren stellt der Schuldner parallel den Antrag auf Restschuldbefreiung. Diese wird nach Ablauf der sechsjährigen Wohlverhaltensphase erteilt. Allerdings kann die Frist auf fünf Jahre verkürzt werden, wenn der Schuldner zwischenzeitlich die Verfahrenskosten von ca. 1500 € bis 3000 € bezahlt hat. Die Frist kann auch auf drei Jahre verkürzt werden, wenn neben den gesamten Verfahrenskosten auch mindestens 35 % der Gesamtschulden bezahlt wurden.

Insolvenzverfahren in Frankreich oder England?

Heutzutage ist es möglich, durch Wohnsitzwechsel in einen anderen EU-Mitgliedstaat das Insolvenzverfahren nach der Rechtsordnung anderer EU-Mitgliedstaaten durchzuführen. So bieten Frankreich und England im Vergleich zu Deutschland schnellere Verfahren an.

So kann eine Restschuldbefreiung in England bereits nach 18 Monaten eintreten: Das Verfahren dauert nur zwölf Monate, allerdings ist Voraussetzung, dass der Schuldner bereits seit sechs Monaten in England seinen Wohnsitz hat. Die Verlegung des Wohnsitzes sollte nicht vorgetäuscht werden, da dies von den zuständigen Behörden überprüft wird.

In Frankreich dauert das Verfahren zwischen neun und fünfzehn Monaten, allerdings nur, wenn kein pfändbares Vermögen vorhanden ist. Ist pfändbares Vermögen vorhanden, muss dieses verwertet und verteilt werden, was zu einer Verlängerung des Verfahrens führt.

Allerdings sollte ein Verfahren im Ausland von einem spezialisierten Anwalt begleitet werden, da diese Verfahren viele Hürden und Fallstricke haben, die es zu beachten gilt.

Was tun, wenn bereits ein Gläubiger ein Insolvenzverfahren in Deutschland beantragt hat?

Hat ein Gläubiger einen Insolvenzantrag in Deutschland gestellt, ist das aus zweierlei Gründen ärgerlich. Folgt das Gericht dem Antrag, wird zunächst ein Gutachter und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und es fallen neben den Verfahrenskosten auch noch hohe Gutachter- bzw. Insolvenzverwalterkosten an. Auch blockiert ein in Deutschland anhängiges Insolvenzverfahren die Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren in England oder Frankreich zu beantragen. In diesen Fall sollte mit dem Gläubiger eine Einigung erzielt werden. Dabei gibt es ein hilfreiches Argument, weshalb auch der Gläubiger an einer Einigung interessiert sein sollte:

Der Trick mit der Erledigterklärung

Kommt keine Einigung zustande und besteht eine Überschuldung, ist der Insolvenzantrag des Gläubigers begründet. Dann hat auch der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen. Besteht aber – wie in der Regel – kein Vermögen, mit dem die Verfahrenskosten bezahlt werden können, wird es mangels Masse abgelehnt und der Gläubiger, der den Insolvenzantrag gestellt hat, muss die Verfahrenskosten tragen. Es gibt aber bei dieser Kostenfolge eine Gesetzeslücke, wenn das Verfahren für erledigt erklärt wird. Dann trägt nämlich die Staatskasse die Verfahrenskosten. Hierzu bedarf es eines Erledigungsgrundes, und dieser kann eine Einigung sein. Nur wenn der Gläubiger sich mit dem Schuldner einigt, kann er die Gefahr, die Kosten selbst tragen zu müssen, abwenden.

Fazit: Wer wegen Überschuldung einen Neuanfang machen will und den Weg der Verbraucherinsolvenz gehen möchte, sollte nicht vorschnell eine Einigung mit den Gläubigern aufgeben. Mit einer Einigung kann ein langes und kostspieliges Verfahren vermieden werden. Wenn eine Einigung ausscheidet, sollten die Möglichkeiten der Verkürzung der Frist zur Restschuldbefreiung oder die Durchführung des Privatinsolvenzverfahrens in Frankreich oder England geprüft werden.

(FMA)

Foto(s): ©Fotolia.com

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