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Länger krank: Anspruch auf Urlaubsabgeltung?

  • 2 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Seit Jahren sind Arbeitnehmer im Schnitt neun Tage im Jahr arbeitsunfähig erkrankt. Neben diesen eher wenigen Krankheitstagen gibt es auch Arbeitnehmer, die längere Zeit krankgeschrieben sind. Für diese Personen stellt sich oftmals die Frage, was mit ihren Urlaubsansprüchen passiert, die während der Krankheit entstehen. Können diese Ansprüche in Geld ausbezahlt werden? Diese Frage hat vor Kurzem das Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg in einem aktuellen Urteil entschieden.

Erst krank, dann Frührente

Ein Mann war seit 16.06.1994 bei einer Reederei angestellt, nachdem er dort als Seemann – im wahrsten Sinne des Wortes – angeheuert hatte. Er war seit dem 24.10.2012 arbeitsunfähig erkrankt und daher krankgeschrieben. Seit dem 01.05.2013 bezog er eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit. Zum 31.05.2015 wurde das Arbeitsverhältnis beendet und er erhielt eine dauerhafte Erwerbsminderungsrente.

Offener Urlaubsanspruch

Mit einem Schreiben wandte sich der Mann am 18.08.2015 an seinen ehemaligen Arbeitgeber mit der Bitte die Urlaubsabrechnungen zu überprüfen, da während seiner Krankheit Urlaubstage aufgelaufen sein müssen, die jedoch bisher nicht abgegolten wurden. Die Reederei antwortete mit Schreiben vom 17.09.2015, dass er keinen offenen Urlaubsanspruch hat, der abgegolten werden muss.

Klage auf Urlaubsabgeltung

Dies wollte der Mann nicht akzeptieren und reichte Klage beim ArbG Hamburg ein – mit Erfolg. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass der Kläger gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 34 Tage i. H. v. 5233,28 Euro hat.

Anspruch entsteht, ohne zu arbeiten

Für das Bestehen eines Urlaubsanspruchs ist nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Bedingungen, insbesondere dass tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht wird, existieren nicht. So entsteht ein Urlaubsanspruch auch, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist oder wenn er eine Erwerbsminderungsrente bezieht.

Urlaubsanspruch nicht verfallen

Der Urlaubsanspruch ist auch nicht verfallen. Nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden, außer es sprechen dringende Gründe in der Person des Arbeitnehmers dagegen. Da der Mann aber arbeitsunfähig erkrankt war, wäre der Anspruch erst am 31.03.2016 erloschen. Somit war der Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt der Klage nicht verfallen.

Zur Zahlung verurteilt

Die Richter entschieden zugunsten des Klägers und sprachen ihm einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 34 Urlaubstage i. H. v. 5233,28 Euro zu, die ihm sein ehemaliger Arbeitgeber auszahlen muss.

Fazit: Kann man wegen Krankheit nicht arbeiten, so entstehen trotzdem Urlaubsansprüche.

(ArbG Hamburg, Urteil v. 10.05.2016, Az.: S 1 Ca 272/15)

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.com

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