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Nackte Tatsachen – wie viel Haut ist wo erlaubt?

  • 6 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion
  • Generell ist nacktes Sonnen oder Baden auf dem eigenen Grundstück erlaubt. 
  • Ist der Balkon oder Garten allerdings gut einsehbar, kann es eine Ordnungswidrigkeit darstellen. 
  • Eine eindeutige Rechtslage, wer wie viel Haut zeigen darf, gibt es nicht.
  • Dennoch spricht üblicherweise nichts dagegen, sich an heißen Tagen freizügig im eigenen Garten oder auf dem Balkon aufzuhalten.
  • Auf ein Gerichtsverfahren sollte man es aber nicht ankommen lassen.

Nackte Haut und Sommer gehören einfach zusammen. Doch rechtlich gesehen stellen sich viele Fragen: Wo darf man nackt baden und wo nicht? Darf man unbekleidet durch den Garten in die Sauna gehen und danach noch einen Nacktspaziergang im Garten machen? Was darf der Nachbar? Was hat es mit dem Weltnacktradeltag auf sich? Darf man wirklich ohne Kleidung Rad fahren? 

Freiheitsinteresse und Privatsphäre vs. Belästigung der Allgemeinheit

Alle Rechtsfragen rund um das Nacktsein haben gemeinsam, dass sich normalerweise zwei Interessen gegenüberstehen. Einerseits beruft sich oft der Sonnenanbeter darauf, zu Hause tun und lassen zu können, was er oder sie möchte. Andererseits fühlen sich vor allem Nachbarn schnell in ihrer Privatsphäre gestört und berufen sich auf den moralischen oder sittlichen Anstand. 

Was die einen für unzumutbar halten, empfinden andere allerdings als ihr gutes Recht, das eigene Leben frei zu gestalten. Muss der Nacktbader also Rücksicht auf den Nachbarn nehmen oder der Nachbar den Anblick seines nackten Nachbarn hinnehmen? 

Sonnenbad im Garten und auf dem Balkon

Grundsätzlich ist das nackte Sonnenbad im eigenen Garten und auf dem Balkon erlaubt. Wenn es heiß wird, darf man also in der Regel die Hüllen fallen lassen. Dementsprechend eindeutig ist die Rechtslage aber nicht, denn Nachbarn müssen das nackte Sonnenbad nicht immer akzeptieren. Daher kann das Nacktbaden im Einzelfall doch ungewünschte Konsequenzen haben. 

Strafrechtliche Folgen beim Nacktbaden

Einerseits ist nacktes Sonnen im eigenen Garten grundsätzlich erlaubt. Andererseits kann es im Einzelfall eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Entscheidend dafür ist die Lage des Gartens oder Balkons. 

Liegt der Balkon oder Garten so, dass er für andere Mieter, Nachbarn oder Spaziergänger gut einsehbar ist, können diese sich durch das freizügige Sonnenbad berechtigt gestört fühlen. In diesem Fall liegt dann beim nackten Sonnenbad doch eine Ordnungswidrigkeit nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) wegen Belästigung der Allgemeinheit vor. 

Kündigung Mietvertrag: Mietrechtliche Folgen beim Nacktbaden

Neben einem Ordnungsgeld kann beim nackten Sonnen auch eine mietrechtliche Kündigung drohen. Eine Kündigung droht vor allem dann, wenn mit dem freizügigen Sonnenbad gegen die Hausordnung verstoßen oder der Hausfrieden gestört wird. 

Wann genau die ordentliche oder außerordentliche Kündigung des Mietvertrags droht, lässt sich aber nicht eindeutig feststellen. Auch hier fehlt es an einer eindeutigen Rechtsprechung. 

Kündigung des Mietverhältnisses wegen zu viel nackter Haut?

Einzig das Amtsgericht Merzig (AG Merzig) hat sich einmal mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Vermieter das Mietverhältnis kündigen kann, wenn sich andere Nachbarn über einen Sonnenanbeter beschweren. 

Das Gericht lehnte die Kündigung ab, weil die Beschwerden von Nachbarn kamen, die nicht im Mietshaus wohnen. Andere Mieter aus dem Mietshaus selbst hatten sich nicht beschwert. 

Daher war der Hausfrieden in diesem Fall nicht gestört. Wegen Sonnenbadens die Wohnung gekündigt zu bekommen, ist daher zwar unwahrscheinlich, aber unter Umständen trotzdem möglich. 

Neugierige Blicke der Nachbarn

Wer sich mit viel nackter Haut zeigt, muss grundsätzlich mit den Blicken der Nachbarn leben. Nachbarn müssen deshalb nicht gezielt wegschauen oder mit geducktem Kopf durch ihren Garten gehen, wenn die Nachbarin mal wieder unbekleidet die Sonne genießt. 

Gezielt beobachten dürfen sie ihre Nachbarin oder Nachbarn aber nicht. Erst recht nicht erlaubt ist es, das nackte Sonnenbad der Nachbarn zu fotografieren oder zu filmen. Wer seinen Körper im freizügigen Sonnenbad zur Schau stellt, muss zwar mit neugieren Blicken rechnen. Videoaufnahmen gehen jedoch zu weit und verletzen die Intimsphäre. 

Der Saunabesuch

Nicht nur die Finnen lieben ihre Sauna, sie erfreut sich auch in Deutschland großer Beliebtheit. Manch einer lässt sich sein eigenes Dampfbad in den Garten bauen. So auch ein Dortmunder Familienvater, der nicht nur den Saunagang liebte, sondern auch den anschließenden Nacktsparziergang im Garten. 

Dem ohnehin sehr streitlustigen Nachbarn missfiel das und er wollte sich nicht mit dem Anblick seines nackten Nachbarn abfinden. Deshalb versuchte er, dem Nachbarn gerichtlich verbieten zu lassen, sich nach dem Saunagang nackt in seinem Garten abzukühlen.

Amtsgericht verhängte Totalverbot

Das Amtsgericht gab dem Nachbarn recht. Dieser konnte durch seine detaillierte Beschreibung der Intimfrisur nachweisen, dass er den Nachbarn tatsächlich nackt in seinem Garten sehen konnte. Das Amtsgericht verbot dem Nachbarn nicht nur die nackte Abkühlung nach dem Saunagang, sondern legte ihm auf, dafür Sorge zu tragen, dass auch andere Personen sich nicht nackt in seinem Garten aufhielten. 

Durch dieses Totalverbot durften nicht einmal mehr seine Kinder unbekleidet im Garten spielen. Rechtskräftig wurde das Urteil aber nicht, denn der Familienvater ging in die zweite Instanz. Im dortigen Verfahren zog der Nachbar seine Klage wegen geringer Erfolgsaussichten zurück. 

Landgericht erlaubt das Nacktsein im Garten

Das Landgericht Dortmund (LG Dortmund) signalisierte dem Nachbarn mit sehr klaren Worten, dass es die Ansicht des Amtsgerichts nicht teile, denn der Anblick eines nackten Mannes nebenan sei aus Sicht der Berufungsrichter absolut hinnehmbar. 

Da der Garten in diesem Fall auch kein öffentlicher Raum sei, weil er von einer zwei Meter hohen Hecke umschlossen war, war es nicht gerechtfertigt, das Recht des Mannes einzuschränken. Im Ergebnis steht das Landgericht Dortmund wohl auch auf dem Standpunkt, dass Sonnenanbeter sich im eigenen Garten nackt aufhalten dürfen. 

Sport ohne Hüllen – Nacktradeln erlaubt? 

Für viel Ärger sorgen aber nicht nur Sonnenbad und Saunagänge, sondern auch der nackte Sport. Unglaublich, aber wahr: London, Mexico City, L.A, Lima, Santiago de Chile oder Kapstadt – in vielen Städten ist Nacktradeln oder FKK-Radeln ein beliebter Sport.

Seinen Ursprung hat dieser ungewöhnliche Sport unter anderem im heißen Spanien. Im Juni herrscht zum Internationalen Weltnacktradeltag aber in zahlreichen Metropolen Nackt-Alarm. Dieser kuriose Tag wird seit Jahren zelebriert und ist zu einer Mischung aus Körperertüchtigung und Protest geworden. 

Der Weltnacktradeltag am 9. Juni stößt nicht überall auf Gegenliebe

Die nackten Fahrradfahrer protestieren hauptsächlich für mehr Rechte der Radfahrer, mehr Fahrradfahrer oder den Umweltschutz. Die nackte Haut sorgt aber nicht überall für Begeisterung. Gerade in deutschen Städten benötigt die Aktion entweder eine gesonderte Genehmigung oder ist sogar ganz verboten. 

So sorgte 2005 die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (VG Karlsruhe) für Aufsehen – denn die Richter verboten das FKK-Radeln am Weltnacktradlertag wegen grober Ungehörigkeit. Auch immer mehr Ordnungsämter verbieten die Aktion, da sie gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. 

Unabhängig von diesem Event, gibt es zum Thema Nacktradeln keine Vorschrift. Nach den deutschen Gesetzen ist diese Form des Sports weder explizit verboten noch ausdrücklich erlaubt. 

Nackt Rad fahren kann generell problematisch sein

Außerhalb von speziell gekennzeichneten FKK-Gebieten oder speziellen Aktionen wie dem Weltnacktradlertag kann man sich mit dieser speziellen Variante des Fahrradfahrens aber schnell eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses oder Belästigung der Allgemeinheit einhandeln. 

Ersteres ist eine Straftat für, die allerdings sexuelle Motive voraussetzt. Letzteres eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld sanktioniert werden kann. 

(JSC)

Foto(s): Shutterstock.com

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