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Rente: Aktuelles zur Erwerbsminderungsrente

  • 5 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Am 14. August hat das Bundessozialgericht in vier Entscheidungen seine bisherige Rechtsprechung zur Erwerbsminderungsrente geändert. Die Redaktion von anwalt.de informiert, welche verschiedenen Arten der Erwerbsminderungsrente es gibt, wie sich die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auswirkt, welche steuerlichen Belastungen auf Erwerbsminderungsrentner zukommen und welche Hinzuverdienstgrenzen für die Rentenbezieher bestehen.

[image]Arten der Erwerbsminderungsrente

Im Zuge der Reform 2001 wurde die Berufsunfähigkeitsrente von einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente abgelöst. Die bisherige Berufsunfähigkeitsrente kann nur noch von Bestandsrentnern bezogen werden. Im Gegensatz zur früheren Berufsunfähigkeitsrente ist über die Erwerbsminderungsrente nun nur noch ein Basisschutz gewährleistet. Die Höhe richtet sich nach dem Bruttoeinkommen, aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Tipp: Um genau zu wissen, mit wie viel Erwerbsminderungsrente man rechnen kann, gibt der Rentenversicherungsträger Auskunft und berechnet die genaue Rentenhöhe.

Medizinische Voraussetzungen und Wartezeiten

Für die neue Erwerbsminderungsrente gilt: Je nach dem Grad der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit wird entweder eine volle oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente gewährt. Kann der Betroffene nur noch unter drei Stunden pro Tag arbeiten, erhält er eine volle Erwerbsminderungsrente. Ist er zwischen drei und sechs Stunden pro Tag leistungsfähig, kann er die halbe, teilweise Erwerbsminderungsrente beanspruchen. Wer noch mehr als sechs Stunden pro Tag arbeitsfähig ist, hat keinen Anspruch.

Neben den medizinischen Voraussetzungen fordert das Rentenversicherungsrecht auch, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre vor Eintritt der Beanspruchung der Erwerbsminderungsrente in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen sein und davon mindestens drei Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben muss. Hinweis: Die Wartezeit gilt jedoch nicht, wenn die Erwerbsminderung auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen ist.

Änderungen durch die Rentenreform

In der Regel wird die Erwerbsminderungsrente zeitlich befristet bewilligt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund überprüft also regelmäßig, ob die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderung weiterhin vorliegen. Gemäß der Rentenreform werden die Altersgrenzen schrittweise auf das 67. Lebensjahr angehoben. Damit ändern sich auch die Altersgrenzen bei der Erwerbsminderungsrente, denn sie kann nur bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogen werden, also gemäß der Rentenreform derzeit bis zum 65. Lebensjahr, ab 2029 bis zum 67. Lebensjahr und wird dann durch die Altersrente abgelöst. Für Versicherte, die 35 Pflichtbeitragsjahre vorweisen können, ändert sich jedoch kaum etwas. Ab 2024 wird die Grenze für die Pflichtbeitragsjahre auf 40 Jahre angehoben. Die nach einer Erwerbsminderungsrente zu beziehende Altersrente darf aber auf keinen Fall weniger sein, als die bis dahin bezogene Erwerbsminderungsrente.

Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme

Bisher hat das Bundessozialgericht die Ansicht vertreten, dass Bezieher einer Erwerbsminderungsrente keine Kürzungen hinnehmen müssen, wenn sie vor dem 60. Lebensjahr (derzeit vor dem 62. Lebensjahr) in Anspruch genommen wird (Az.: B 4 RA 22/05 R). Nur Frührentner ab dem 60. Lebensjahr mussten bislang eine Rentenkürzung hinnehmen. Denn gemäß § 77 Absatz 2 Satz 3 SGB VI gilt die Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente vor dem 62. Lebensjahr (vormals: 60. Lebensjahr) ausdrücklich nicht als „vorzeitige Inanspruchnahme" einer Rente, bei der eine Kürzung erfolgen darf. Die Rentenversicherungsträger haben das Urteil des Bundessozialgerichts als Einzelfallentscheidung bisher ignoriert und Anträge auf Neuberechnung weiterhin abgelehnt.

In vier aktuellen Entscheidungen vom 14. August 2008 hat der 5a. Senat des Bundessozialgerichts jetzt entschieden, dass auch für Bezieher einer Erwerbsminderungsrente unter 60/62 Jahren Rentenabschläge in Höhe von 10,8 Prozent rechtens sind. Argument: Der Abschlag für Erwerbsminderungsrenten sei verfassungsgemäß, weil auch Altersrentner wegen der längeren Bezugszeit bei vorzeitigem Renteneintritt Kürzungen hinnehmen müssen. (Az.: B 5 R 32/07 R, B 5 R 88/07 R, B 5 R 98/07 R, B 5 R 140/07 R)

Steuern auf Erwerbsminderungsrenten

Früher wurde die Erwerbsminderungsrente nur mit ihrem Ertragsteil besteuert. Doch seit dem Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) werden Renten nachgelagert versteuert, wenn sie den gesetzlichen Grundfreibetrag (§ 32a EStG) überschreiten. Um wie viel Prozent die Rente zu versteuern ist, richtet sich nach dem Renteneintritt. Rentner, die eine Erwerbsminderungsrente vor 2006 erstmals bezogen haben, müssen ihre Rente jeweils zur Hälfte versteuern. Mit einem erstmaligen Renteneintritt ab 2006 wird diese zu versteuernde Grenze schrittweise auf 100 Prozent angehoben, so dass die Rentnergeneration im Jahr 2040 für ihre gesamte Rente Steuern zahlen muss. Neben der Rente werden steuerrechtlich auch alle anderen Einkünfte berücksichtigt, wie beispielsweise aus Vermietung, Kapitalanlagen etc. Übersteigen die Einnahmen den Grundfreibetrag von 7.664 Euro bzw. 15.328 Euro für Ehepaare (Ehegatten-Splitting), so müssen für sie Steuern entrichtet werden.

Volle Rente bei Mini-Job

Alle Rentner, die eine Alters- oder Erwerbsminderungsrente beziehen und über 65 Jahre sind, dürfen unbegrenzt hinzuverdienen. Rentner unter 65 Jahren müssen die gesetzliche Hinzuverdienstgrenze von monatlich maximal 400 Euro brutto beachten, wenn sie ihre Rente in voller Höhe erhalten wollen. Innerhalb eines Kalenderjahres dürfen darüber hinaus auch in zwei Monaten zusätzlich 800 Euro als Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld etc.) hinzuverdient werden. Hinweis: Hierbei ist die stufenweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters in den nächsten Jahren ebenfalls zu berücksichtigen.

Vorsicht: Dabei sollte beachtet werden, dass man im Monat vor dem Mehrverdienst die übliche Hinzuverdienstgrenze eingehalten hat.

Hinzuverdienstgrenzen über 400 Euro brutto

Wer mehr als 400 Euro verdient, erhält eine Teilrente, deren Höhe vom Hinzuverdienst abhängt. Je mehr man dazuverdient, umso weniger Teilrente erhält man.

Seit 1. Juli sind die Hinzuverdienstgrenzen für Ostdeutschland leicht gekürzt worden. Welche Hinzuverdienstgrenze gilt, richtet sich danach, in welchem Bundesland die Tätigkeit ausgeübt wird. Im Bereich der Hinzuverdienstgrenzen hat sich auch der gesetzliche Anpassungszeitpunkt geändert.

Formel alte Bundesländer:

Faktor der Teilrente x monatliche Bezugsgröße (2.485 Euro für 2008) x Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der Erwerbsminderung, mindestens 1,5 Entgeltpunkte.

Formel neue Bundesländer:

Faktor der Teilrente x monatliche Bezugsgröße (2.485 Euro für 2008) x aktueller Rentenwert (23.34) dividiert aktueller Rentenwert (26,56) x Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der Erwerbsminderung, mindestens 1,5 Entgeltpunkte.

Anmerkung: Bei einer vollen Erwerbsminderung beträgt der Faktor bei einer Teilrente von 3/4 0,17, bei halber Rente 0,23 und bei 1/4-Teilrente 0,28. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt der Faktor bei 0,23, bei halber Teilrente bei 0,28.

Beispiel: Unter Berücksichtigung der Bezugsgrenze für das Jahr 2008 in Höhe von 2.485 Euro ergeben sich also folgende Hinzuverdienstgrenzen: Bei einer vollen Erwerbsminderung und einem Rentenbeginn ab dem 1.1.2001 kann eine Teilrente in Höhe von 3/4 bei einem Hinzuverdienst von 633,68 West (Ost: 556,97 bzw. seit 1.Juli 556,85) Euro, 1/2 bei 857,33 (Ost: 753,55 bzw. 753,39 seit 1. Juli) oder 1/4 der Vollrente bei einem Hinzuverdienst von 1.043,70 Euro (Ost: 917,36 bzw. 917,17 Euro) bezogen werden.

Für Rentner, die in den letzten drei Kalenderjahren mehr verdienten als den Durchschnittsverdienst aller Versicherten und deshalb mehr als 1,5 Entgeltpunkte haben, gilt eine individuelle Hinzuverdienstgrenze. Die Entgeltpunkte sind im Rentenbescheid angegeben. Bei mehr als 1,5 Entgeltpunkten erhöhen sich die oben genannten Hinzuverdienstgrenzen bis auf das Doppelte. Die genaue Hinzuverdienstgrenze kann man vom Rentenversicherungsträger berechnen lassen.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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