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Revisionsentscheidung in Strafsachen ohne mündliche Verhandlung und Begründung

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Der Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren sind Grundprinzipien unseres Rechtsstaates. Trotzdem ist es möglich, dass Revisionen in Strafverfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung verworfen werden. Die Richter müssen ihre Entscheidung noch nicht einmal begründen. Wie kann das sein?

Verwerfung der Revision durch einstimmigen Beschluss

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ein solches Vorgehen jedenfalls in einer aktuellen Entscheidung ausdrücklich gebilligt. Gesetzlich normiert ist dies in § 349 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO). Voraussetzung ist danach, dass die Richter die Revision für offensichtlich unbegründet halten und den Zurückweisungsbeschluss einstimmig fassen.

Im konkreten Fall war die Revision des Beschwerdeführers in seiner Strafsache vom zuständigen Gericht auf diese Weise als unzulässig verworfen worden. Gegen diese Entscheidung legte er Verfassungsbeschwerde ein. Zur Begründung führte er an, dass keine Revisionshauptverhandlung durchgeführt wurde und der ablehnende Beschluss keine Begründung enthielt.

Rechtliches Gehör ohne erneute mündliche Verhandlung

Nach Ansicht des BVerfG begegnet die Zurückweisung durch Beschluss nach § 349 Ab. 2 StPO keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar bestimmt § 103 Grundgesetz (GG) wörtlich: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“ Dazu ist aber nicht zwingend eine mündliche Hauptverhandlung notwendig.

Der Beschwerdeführer hat nach Ansicht der Verfassungsrichter in seiner Revisionsbegründung ausreichend Gelegenheit, seine Sicht der Angelegenheit zu schildern. Dazu hat ja regelmäßig bereits in erster Instanz eine mündliche Hauptverhandlung stattgefunden. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör soll das genügen.

Mehrfache Gelegenheit zur Äußerung im Verfahren

In einer Gegenerklärung zum Antrag des Generalbundesanwaltes hatte der Betroffene erneut Gelegenheit, sich umfassend zu äußern. Warum schriftliche Angaben nicht ausreichend sein sollten, ergab sich aus seinem Vorbringen wohl nicht. Die Richter am Revisionsgericht sahen jedenfalls keinen Grund, erneut mündlich zu verhandeln.

Das ist laut BVerfG auch nicht zu beanstanden. Dabei gesteht man zwar ein, dass Revisionen der Staatsanwaltschaft seltener durch Beschluss verworfen werden als Revisionen der Angeklagten. Inwieweit das zu einem verminderten Rechtsschutz führt, hat der Betroffene aber anscheinend weder allgemein noch für seinen konkreten Fall erklären können.

Revision beschränkt auf Prüfung von Rechtsfragen

Die Verwerfung durch Beschluss widerspricht laut BVerfG auch nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Der Grundsatz einer öffentlichen und mündlichen Verhandlung ist dort in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK festgelegt. Insbesondere in Rechtsmittelverfahren kann davon allerdings abgewichen werden. So sieht es zumindest der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Rechtsprechungspraxis.

Dabei wird berücksichtigt, dass die Revision, anders als die Berufung, grundsätzlich auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt ist. Die allerdings lassen sich regelmäßig allein nach Aktenlage entschieden. Zudem ist die Verwerfung durch Beschluss nur einstimmig und bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit möglich. Das dient wiederum dem ebenfalls in der EMRK festgeschriebenen Beschleunigungsgrundsatz.

Keine explizite Begründung der Revisionsentscheidung

Auch die fehlende Begründung des Beschlusses stellt laut BVerfG keinen Verstoß gegen die Verfassung dar. Danach müssen letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen, die mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr angegriffen werden können, nicht ausdrücklich begründet werden.

Voraussetzung der Revisionsverwerfung nach § 349 Ab. 2 StPO ist allerdings, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag stellt, der tatsächlich begründet werden muss. Folgen die Richter dem Antrag, ist davon auszugehen, dass die Antragsbegründung auch die Grundlage für den rechtlichen Beschluss darstellt.

Ist das ausnahmsweise nicht der Fall und halten die Revisionsrichter andere Gründe für wesentlich, wird in den Beschluss regelmäßig ein entsprechender Zusatz aufgenommen. Der Beschwerdeführer weiß demensprechend, auch ohne dass der Beschluss selbst unmittelbar eine Begründung enthält, warum die Revision verworfen wurde.

(BVerfG, Beschluss v. 30.06.2014, Az.: 2 BvR 792/11)

(ADS)

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