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Schlecker-Prozess beginnt fünf Jahre nach der Insolvenz der Drogeriekette

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Seit heute Vormittag muss sich die Familie Schlecker und zwei weitere Personen im Sitzungssaal 18 des Stuttgarter Landgerichts verantworten. Im Januar 2012 musste der Drogerie-Riese Insolvenz anmelden. 9000 Schlecker-Filialen, 5500 davon in Deutschland, mussten schließen. 25.000 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Im Juli 2012 leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren ein. Im April 2016 folgte die Anklage, die nun die 11. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart verhandelt. Es geht im Kern um die Straftaten Bankrott und Insolvenzverschleppung sowie Untreue und falsche eidesstattliche Versicherung.

26 Verhandlungstage angesetzt mit offenem Ausgang

Ob das Gericht am Ende Strafen verhängt oder ein Freispruch folgt, ist offen. Bis die Urteile fallen, wird es dauern. 26 Verhandlungstage sind angesetzt. Letzter Termin ist am 9. Oktober. Ob es dabei bleibt, ist bereits jetzt fraglich. Das lange Ermittlungsverfahren. Rund 200 Ordner Ermittlungsakten. Eine Anklageschrift mit 270 Seiten. Es ist ein Mammutprozess. Hinzukommend wies die Verteidigung Anton Schleckers die enthaltenen Vorwürfe nach Verlesung der Anklageschrift als unzutreffend zurück. Bis zuletzt habe sich der Hauptangeklagte eine Insolvenz nicht vorstellen können. Den weiteren Angeklagten, Schleckers Frau und seinen beiden Kindern Meike und Lars sowie zwei Wirtschaftsprüfen, wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe vor.

Bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe für besonders schweren Bankrott

Anton Schlecker habe rund 20 Millionen Euro Vermögen an Familienmitglieder verschoben, um sie dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Deren Forderungen sollen sich zuletzt auf über 1 Milliarde Euro belaufen haben. Durch die Übertragungen soll sich der 72 Jahre alte Schlecker arm gemacht und der Insolvenzmasse Vermögen entzogen haben. Denn Anton Schlecker haftete auch mit seinem Privatvermögen, da er sein Unternehmen bis zuletzt als eingetragener Kaufmann (e. K.) führte. Anders als bei einer GmbH ist die Haftung bei dieser Gesellschaftsform nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.

Inwiefern sich der Drogerie-Unternehmer durch die Vermögensverschiebungen des vorsätzlichen Bankrotts – darunter 13-mal in besonders schwerem Fall – strafbar gemacht hat, wird das Gericht besonders beschäftigen. Denn Vermögen floss insbesondere auch aufgrund von Rechnungen für Leistungen und aufgrund Schlecker gewährter Darlehen von Unternehmen, die von seinen beiden Kindern geführt wurden, deren größter Kunde wiederum die Drogeriekette Schlecker war. Andererseits geht es auch um angebliche Geschenke an seine Enkel, um Geld für Urlaubsreisen der Familie und für eine teure Wohnungsrenovierung seines Sohnes. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens kam es zudem bereits zu erfolgreichen Rückforderungen des Insolvenzverwalters.

Bereits seit 2006 schrieb Schlecker rote Zahlen

Viel von seinem Privatvermögen hatte der ehemalige Milliardär zudem bereits zuvor in seine Unternehmen gesteckt. Nachdem Schlecker bereits seit 2006 mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfte, kam die Pleite insofern nicht überraschend. Für die ebenfalls vorgeworfene Insolvenzverschleppung wird es aber nicht nur entscheidend sein, ab wann die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung offensichtlich war. Es kommt auch darauf an, wie die Angeklagten damit in Verbindung zu bringen sind. Denn der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung richtet sich nur an juristische Personen und deren Vertreter. Anton Schlecker stellt jedoch als eingetragener Kaufmann eine natürliche Person dar, ist also nicht direkt als Schlecker-Chef wegen Insolvenzverschleppung strafrechtlich in Verantwortung zu nehmen. Zum Firmenimperium gehörten allerdings auch die als juristische Personen geführten Unternehmen „Ihr Platz“ und „Schlecker XL“, die ebenfalls in Insolvenz gerieten. Auch diese Zusammenhänge sind eher komplex und werden nicht leicht aufzuklären zu sein.

(LG Stuttgart, Az.: 11 KLs 152 Js 53670/12)

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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