Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Verwirkung von Mobbingansprüchen möglich?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]

Mobbing oder auch Bossing am Arbeitsplatz hat grundsätzlich ein Ziel: Der Beschäftigte soll so lange schikaniert werden, bis er freiwillig geht. Dabei ist es eigentlich Aufgabe des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter vor Schaden - physischer und psychischer Natur - zu schützen. Ignoriert er oder einer seiner Mitarbeiter diese Pflicht nachweislich, kann das „Opfer" unter Umständen Schmerzensgeld verlangen. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg muss der betroffene Arbeitnehmer seine Ansprüche aber zeitnah geltend machen, um ihre Verwirkung zu verhindern.

Arbeitnehmer fühlt sich gemobbt

Ein Beschäftigter, der das Erste Juristische Staatsexamen erfolgreich abgelegt hatte, war als „Personalfachberater/Fachberater Arbeitsrecht in Vollzeit" in einem Unternehmen angestellt. Aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung im Jahr 2006 wurde die Abteilung, in welcher der Diplomjurist tätig war, mit einer weiteren Abteilung zusammengefasst. Außerdem wurde beschlossen, dass nur noch Volljuristen - also Juristen, die sowohl das Erste als auch das Zweite Juristische Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen haben - als Fachberater tätig werden sollten.

Dem Diplomjuristen wurde daraufhin von seinem neuen Vorgesetzten nahegelegt, sich eine andere Arbeit zu suchen. Anderenfalls, so der Beschäftigte, habe er mit Mobbing zu rechen. Die Drohung des Vorgesetzten habe sich später dadurch realisiert, dass der Mitarbeiter in ein Einzelbüro umziehen musste, keinen Zugriff auf bestimmte Datenbestände mehr hatte, zu verschiedenen Treffen der neuen Abteilung nicht mehr eingeladen wurde und sein Vorgesetzter für ihn die bereits gebuchte Teilnahme an Fachseminaren stornierte. Des Weiteren habe sein Chef ihm so viel Arbeit „aufgehalst", dass er sie unmöglich erledigen konnte und ihn daraufhin abgemahnt. Wegen Überlastung und Depressionen sei er ab 2007 regelmäßig, im Jahr 2009 bis August dauerhaft krankgeschrieben worden, weshalb sein Arbeitgeber im August 2009 das Arbeitsverhältnis kündigte. Ende 2010 verklagte der Diplomjurist seinen ehemaligen Vorgesetzten auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Mobbings. Der frühere Chef verneinte Mobbing. Er habe vielmehr von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht und die Arbeitsbedingungen des Juristen geändert. Die Seminar-Stornierung sei erfolgt, weil der Beschäftigte für die betreffende Zeit keinen Urlaub einreichen wollte.

Ansprüche wurden zu spät geltend gemacht

Das LAG sah einen etwaigen Schmerzensgeldanspruch zwar nicht als verjährt, sehr wohl aber als verwirkt an. Seit der letzten angeblichen Mobbinghandlung sind bis zur Klageerhebung immerhin fast zwei Jahre vergangen. Nach so langer Zeit durfte der frühere Vorgesetzte deswegen darauf vertrauen, auch in Zukunft nicht mehr von seinem ehemaligen Mitarbeiter verklagt zu werden. Schließlich wird er sich nach dieser Zeit auch nicht mehr an einzelne Äußerungen oder Handlungen erinnern können. Daher müssen etwa Entschädigungsansprüche wegen einer Diskriminierung nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) gemäß § 15 IV innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis der Benachteiligung geltend gemacht werden. Eine derart zeitnahe Klärung des Rechtsstreits ist für die Parteien auch in Bezug auf Mobbingansprüche von Vorteil. Außerdem wäre es widersprüchlich, wenn diese Frist nicht für eine Benachteiligung wegen Mobbings, sondern nur für Diskriminierungshandlungen nach dem AGG - wie etwa Ablehnung eines Bewerbers wegen seiner Religion - gelten würde. Das Verhalten des Diplomjuristen war somit treuwidrig. Er hätte nicht so lange mit der Schmerzensgeldklage warten dürfen.

(LAG Nürnberg, Urteil v. 25.07.2013, Az.: 5 Sa 525/11)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: