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Anspruch auf ein „wohlwollendes Zeugnis“?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Ein Arbeitnehmer kann keine bestimmten Zeugnisformulierungen verlangen, auch wenn er laut einem gerichtlichen Vergleich Anspruch auf ein „wohlwollendes Arbeitszeugnis“ hat.

Nach § 794 I Nr. 1 ZPO (Zivilprozessordnung) stellt auch ein gerichtlicher Vergleich einen Vollstreckungstitel dar. Damit ein Vergleich aber vollstreckungsfähig ist, muss er sehr genau formuliert sein, damit z. B. der Gerichtsvollzieher ohne Nachfrage genau weiß, was er machen muss. Ist allerdings unklar, was der Vergleich beinhaltet, kann aus ihm auch nicht vollstreckt werden.

Arbeitnehmer ist mit Zeugnis unzufrieden

Vor Gericht schlossen ein Arbeitnehmer und sein früherer Chef einen Vergleich. Danach verpflichtete sich Letzterer unter anderem dazu, seinem ehemaligen Mitarbeiter ein „wohlwollendes Zeugnis" auszustellen, das „seiner weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist". Das später erstellte Arbeitszeugnis entsprach aber nicht den Vorstellungen des Angestellten; er meinte, sein früherer Chef habe ihn in schädigender Weise falsch bewertet. Er zog daraufhin vor Gericht und forderte ein wohlwollendes Zeugnis. Schließlich habe sich sein Gegner in einem Vergleich zu dessen Erteilung verpflichtet.

Begriff „wohlwollendes Zeugnis" ist zu unklar

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen war aber der Ansicht, dass der Arbeitgeber ein wohlwollendes Zeugnis erteilt hat, da es den formalen Anforderungen des § 109 I 3 GewO (Gewerbeordnung) genügte. Danach müssen Angaben gemacht werden

1. zu Art und Dauer der Tätigkeit und

2. zur Leistung und zum Verhalten des früheren Mitarbeiters

im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Außerdem muss das Zeugnis den Aussteller erkennen lassen, von diesem unterschrieben werden und ein Ausstellungsdatum enthalten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend vom Arbeitgeber berücksichtigt worden.

Dagegen genügen die Begriffe „wohlwollendes Zeugnis" sowie „der weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist" in einem gerichtlichen Vergleich nicht, um dem früheren Arbeitgeber die gewünschten Formulierungen „aufzuzwingen". Es bleibt vielmehr unklar, welche Formulierungen verwendet werden müssten, damit das Zeugnis wohlwollend ist. Da ein bestimmter Wortlaut auch nicht im Vergleich festgehalten wurde und ein schädigendes Verhalten des Chefs nicht ersichtlich war, konnte der frühere Mitarbeiter somit sein „Wunschzeugnis" nicht aus dem Vergleich vollstrecken.

(LAG Sachsen, Urteil v. 06.08.2012, Az.: 4 Ta 170/12)

(VOI)

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