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Arbeitszeugnis mit Silbentrennung: unerlaubte Geheimzeichen?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Auch über kleine Dinge kann großer Streit entstehen – bei Arbeitszeugnissen kommt das immer wieder vor. Da wird jede Formulierung und Formatierung hinterfragt, ob sich nicht „Geheimzeichen“ dahinter verbergen, die das ansonsten gut klingende Zeugnis letztlich entwerten. Im Zweifel entscheidet dann das Gericht, ob ein Zeugnis den rechtlichen Vorgaben entspricht.

Aufforderung zur Zeugnisberichtigung

Eine 1969 geborene Verwaltungsangestellte war rund zehn Jahre als Schulsekretärin beschäftigt, als sie ihre Kündigung erhielt. In dem folgenden Kündigungsschutzprozess hatte man sich per gerichtlichen Vergleich auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses geeinigt.

Der Arbeitgeber erteilte ihr daraufhin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mit dessen Inhalt war die Dame jedoch nicht einverstanden und forderte über ihren Anwalt den alten Arbeitgeber zur Berichtigung des Zeugnisses auf. Ein entsprechend veränderter Zeugnistext (ohne Silbentrennungen) war schon beigefügt.

Getrennte Silben im Arbeitszeugnis

Allein um weiteren Streit zu vermeiden, so jedenfalls erklärte es der Arbeitgeber, änderte er das Zeugnis entsprechend der vorgeschlagenen Formulierung ab. Allerdings war das abschließende Zeugnisdokument so formatiert, dass darin einige Silbentrennungen enthalten waren.

Das so korrigierte Zeugnis ließ die ehemalige Beschäftigte erneut beanstanden, diesmal nicht mehr wegen des Inhalts, sondern wegen der Silbentrennung. Weil der Arbeitgeber aber nicht erneut nachgab, sondern sich weigerte, das Zeugnis noch einmal abzuändern, kam es schließlich zu einer Zeugnisberichtigungsklage vor dem Arbeitsgericht.

Wohlwollende und wahre Formulierung

Sowohl über Formulierung als auch Formatierung entscheidet grundsätzlich der Arbeitgeber als Zeugnisaussteller. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf ihr persönliches Wunschzeugnis.

Allerdings sind auch die Freiheiten des Ausstellers nicht grenzenlos. So muss ein Arbeitszeugnis „wohlwollend und wahr“ formuliert sein. Geheimsprache oder Geheimzeichen, die dem offen sichtbar Geschriebenen widersprechen, sind nicht zugelassen.

Auch die äußere Formatierung darf nicht im Widerspruch zum Inhalt stehen und muss vielmehr den im Unternehmen üblichen Formalien entsprechen.

Inhalt durch Formatierung entwertet?

Diese Grundsätze sah die Verwaltungsangestellte hier verletzt. Das Zeugnis bescheinigte ihr einerseits, dass sie Texte jederzeit sicher, fehlerfrei und mit entsprechendem Schriftbild erstellt hatte. Die automatische Silbentrennung der Textverwaltungssoftware in ihrem Zeugnis würde das aber letztlich entwerten.

Insbesondere mehrere Worttrennungen in einem Absatz und eine Trennung über das Seitenende würden mangelnde germanistische Qualität signalisieren. Lektoren würden derartige Formatierungen beanstanden.

Der Arbeitgeber sah das anders: Er habe den gewünschten Zeugnistext übernommen und diesen – seiner Verpflichtung entsprechend – auf seinen Briefkopf mit seinem üblichen Schriftbild übertragen.

Entscheidung zugunsten des Arbeitgebers

Das Zeugnis umfasste 59 Zeilen, wobei am Ende von 14 Zeilen eine – nach der Rechtschreibung korrekte – Silbentrennung erfolgte. Weder das noch die Trennung über den Seitenwechsel hinweg war aber laut erstinstanzlicher Entscheidung des Arbeitsgerichts zu bemängeln.

Im Gegenteil seien Silbentrennungen auch bei Arbeitszeugnissen absolut üblich. Ohne würden sich größere unschöne Lücken ergeben oder bei Verwendung des Blocksatzes unnatürlich große Buchstaben- und Wortabstände.

Anders hätte die Entscheidung dann ausfallen können, wenn nahezu jede Zeile eine Trennung aufweisen würde und damit der Eindruck entstehe, dass die Vielzahl an Trennungen absichtlich herbeigeführt wurde. Solche Auffälligkeiten gab es im vorliegenden Fall aber nicht.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg wies auch die Berufung der Klägerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurück. Die Vorinstanz habe richtig entschieden: Auch eine Schulsekretärin hat grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ohne Silbentrennung.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.11.2014, Az.: 3 Sa 21/14)

(ADS)

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