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Auch eine Villa kann zu klein sein

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Es gibt Probleme, die treffen gut betuchte Personen genauso wie Normalverdiener, beispielsweise, wenn ein Mietobjekt kleiner ist als im Mietvertrag angegeben. Ob bei einer repräsentativen Villa die gleichen Voraussetzungen vorliegen müssen wie bei einer kleinen Mietwohnung, musste in einem aktuellen Urteil das Amtsgericht (AG) Hamburg entscheiden.

Alte Villa mit großem Grundstück gemietet

Mit Mietvertrag vom 19.04.2009 bzw. 30.04.2009 mietete ein Ehepaar in Hamburg ein Einfamilienhaus ab dem 15.08.2009. Das Haus hatte 8,5 Zimmer, zusätzlich einen Keller und einen Garten und verfügte laut Mietvertrag über eine Wohnfläche von 330 Quadratmetern. Die monatliche Kaltmiete betrug 3750 Euro, die Nebenkosten 100 Euro pro Monat. Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass das Haus wie besehen übernommen wird und aus diesem Grund Mietkürzungen aufgrund des Alters des Hauses nicht vorgenommen werden können. Außerdem erklärten die Vermieter ausdrücklich, dass es im Keller keinerlei Feuchtigkeit gibt.

Miete gemindert – Kündigung erhalten

Nachdem im Keller der Villa extreme Feuchtigkeitswerte gemessen wurden, die Vermieter aber keinerlei Abhilfe schafften, minderten die Mieter die monatliche Miete ab Oktober 2012 um jeweils 770 Euro. Daraufhin kündigten die Vermieter das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß, und schließlich wegen Eigenbedarfs. Schlussendlich wurde das Haus durch die Mieter aber am 30.09.2015 geräumt.

Klage auf Zahlung der einbehaltenen Miete

Nach dem Auszug der Mieter reichten die Vermieter Klage beim AG Hamburg ein und forderten insgesamt 37.730 Euro wegen zu wenig bezahlter Miete. Die Mieter erhoben Widerklage und forderten ihrerseits, dass die Mietminderung sowohl wegen des Feuchtigkeitsschadens als auch wegen der wesentlich geringeren Wohnfläche von 262 Quadratmetern, die durch einen gerichtlichen Sachverständigen festgestellt wurde, gerechtfertigt ist.

Richter gaben Mietern recht

In ihrem Urteil stellten die Richter fest, dass die Mieter den Vermietern überhaupt keine Zahlungen schulden, denn aufgrund des Sachverständigengutachtens konnte die Miete wegen der Feuchtigkeit im Keller um 10 %, also um 385 Euro monatlich, wegen der Abweichung der Wohnfläche um 20,6 %, sogar um 793,10 Euro pro Monat gemindert werden.

Starre Grenze bei der Flächenabweichung

Die Angabe der Wohnfläche stellt in einem Mietvertrag über Wohnraum eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Beträgt die Flächenabweichung mehr als 10 % – dies ist eine starre Grenze –, so wird eine Gebrauchsbeeinträchtigung unwiderleglich vermutet. Liegt die Wohnfläche mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche, so stellt dies einen Mangel der Mietsache nach § 536 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und der Mieter hat das Recht den Mietzins zu mindern.
Auch im vorliegenden Fall, wenn ein Einfamilienhaus mit großem Garten vermietet wurde, stellt eine Wohnflächenabweichung von mehr als 10 % einen Mangel dar, der zur Minderung berechtigt – eine Anhebung des Grenzwertes wegen des mitvermieteten Gartens kommt nicht in Betracht. Da die Wohnfläche der Villa 20,6 % kleiner war als im Mietvertrag vereinbart, hatten die Mieter das Recht die Miete um 10 % der Brutto-Miete, also der Warm-Miete, zu mindern. Das sind bei 3850 Euro Monatsmiete 385 Euro pro Monat.

Keine Verjährung

Die klagenden Vermieter können sich nicht drauf berufen, dass die Forderungen der Mieter verjährt sind. Für die Verjährung von Rückforderungsansprüchen ist auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Mieter Kenntnis von der Wohnflächenabweichung erhält. Eine solche Kenntnis erlangt der Mieter weder durch die bloße Benutzung der Mieträume noch trifft ihn eine Pflicht, die Mietsache bei Vertragsschluss bzw. bei Mietbeginn auszumessen.
Im vorliegenden Fall waren die Richter der Meinung, dass die Abweichung der Wohnfläche aufgrund der Gesamtwohnfläche, der Menge an Zimmern und der Anzahl der Geschosse nicht so offensichtlich war, dass sie sich den Mietern hätte aufdrängen müssen. Kenntnis der erheblichen Abweichung der Wohnfläche erlangten die Mieter erst mit Beauftragung des Sachverständigen im vorliegenden Gerichtsverfahren.

Vermieter müssen Geld zurückzahlen

Aufgrund der Feuchtigkeit im Keller entschieden die Richter, dass die Vermieter 13.059,90 Euro an die Mieter zurückzahlen müssen. Wegen der erheblichen Wohnflächenabweichung erhalten die Mieter 29.741,25 Euro von den Vermietern zurück. Daher können die Mieter nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB die Herausgabe der zu viel bezahlten Miete von den Vermietern fordern – im vorliegenden Fall ergibt sich eine Gesamtsumme von 36.347,85 Euro.

Fazit: Die starre Grenze, ab der eine Wohnflächenabweichung erheblich ist, zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führt und einen Mangel der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, liegt immer bei 10 %, egal ob es sich um eine 1-Zimmer-Wohnung oder eine Villa handelt.

(AG Hamburg, Urteil v. 02.03.2016, Az.: 49 C 91/13)

(WEI)

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