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Erteilung eines Zeugnisses mit der Note „gut“ erzwingbar?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird oft vor Gericht insbesondere über eine Weiterbeschäftigung, Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung, Abfindung oder die Erteilung eines Arbeitszeugnisses gestritten. Ist das Verfahren abgeschlossen, etwa durch Vergleich, sieht die Realität aber häufig so aus, dass der ehemalige Arbeitgeber z. B. kein oder nicht das verlangte Zeugnis erstellt. Welche Möglichkeiten stehen dem früheren Beschäftigten dann offen, um an das gewünschte Schriftstück zu kommen?

Arbeitgeber erteilt Zeugnis – aber nicht mit der Note „gut“

Vor Gericht einigten sich frühere Arbeitsvertragsparteien in einem Vergleich darauf, dass der Arbeitgeber seinem ehemaligen Beschäftigten ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis mit der Note „gut“ erteilt. Formulierungswünsche des Angestellten sollten dabei berücksichtigt werden.

In der Folgezeit blieb der Arbeitgeber jedoch untätig. Erst knapp drei Monate nach dem Vergleich sandte er dem Beschäftigten ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu – allerdings nicht mit der Gesamtnote „gut“. Noch am selben Tag beantragte der Angestellte daher gerichtlich, den Arbeitgeber durch Verhängung eines Zwangsgeldes bzw. einer Zwangshaft zur Zeugniserteilung zu bewegen. Das zuständige Gericht erließ wunschgemäß einen Zwangsgeldbeschluss. Dieses Vorgehen hielt der Arbeitgeber jedoch für unzulässig – schließlich habe er den Zeugniserteilungsanspruch des früheren Angestellten bereits erfüllt.

Vergleich war zu unbestimmt

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg gab dem Arbeitgeber Recht.

Gerichtlicher Vergleich ist Vollstreckungstitel

Grundsätzlich gilt: Will man eine unvertretbare Handlung – also ein „Tun“, das nur von einer bestimmten Person vorgenommen werden kann – vollstrecken bzw. erzwingen, so benötigt man hierzu einen Titel. Ein gerichtlicher Vergleich stellt gemäß § 794 I Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) einen solchen Vollstreckungstitel dar. Mit ihm kann der Gerichtsvollzieher die gewünschte Handlung von der bestimmten Person aber nur erzwingen, wenn der Titel klar und konkret genug formuliert ist. Der Gerichtsvollzieher muss also genau wissen, welche Handlung verlangt wird. Ist der Titel dagegen zu unbestimmt, kann daraus nicht vollstreckt werden.

Vergleich hätte konkrete Zeugnisformulierung enthalten müssen

Vorliegend ist im gerichtlichen Vergleich nur geregelt worden, dass der Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit der Gesamtnote „gut“ zu erteilen hat. Bestimmt genug und damit vollstreckbar war hier jedoch lediglich die Vorgabe, ein qualifiziertes Zeugnis zu erstellen. Wann ein solches vorliegt, hat der Gesetzgeber nämlich in § 109 I 3 Gewerbeordnung (GewO) explizit geregelt.

Was jedoch unter einem „guten“ Zeugnis zu verstehen ist, wurde bislang weder gesetzlich geregelt noch genau im Vergleich erläutert, weshalb die „gute Bewertung“ auch nicht vollstreckt werden konnte. In einem solchen Fall bleibt einem Beschäftigten nun wohl nur die Möglichkeit, den Arbeitgeber unter Vorlage einer konkreten Formulierung und innerhalb einer bestimmten Frist zur Erteilung des Schriftstücks aufzufordern und nach erfolglosem Ablauf dieser Frist zu klagen.

Ein anderes Ergebnis wäre dagegen möglich gewesen, wenn bereits im Vergleich eine bestimmte Formulierung aufgenommen worden wäre. Schließlich hätte der Gerichtsvollzieher dann genau gewusst, was der Arbeitgeber ins Zeugnis schreiben muss.

Fazit: Erteilt der Arbeitgeber kein Zeugnis, obwohl er sich hierzu in einem Vergleich verpflichtet hat, kann die Zeugniserstellung unter Umständen vollstreckt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Inhalt des Titels, z. B. der Vergleich, konkret darlegt, was vom Arbeitgeber verlangt wird. Daher sollte bereits bei den Vergleichsverhandlungen auf die Aufnahme einer konkreten Zeugnisformulierung geachtet werden.

(LAG Nürnberg, Beschluss v. 03.05.2016, Az.: 2 Sa 50/16)

(VOI)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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