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Häusliche Pflege: die 5 wichtigsten Rechte für pflegende Angehörige

  • 6 Minuten Lesezeit

Die liebevolle Betreuung und Pflege naher Angehöriger macht es möglich, den Herzenswunsch vieler Menschen zu erfüllen und diese in den eigenen vier Wänden alt werden zu lassen. So werden in Deutschland rund zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen zu Hause von der Familie betreut und gepflegt. Die Pflege eines Menschen ist aber für die meisten nicht nur eine selbstverständliche Herzensangelegenheit, sondern bringt auch große Herausforderungen mit sich. Sie stellt das Leben der pflegenden Angehörigen auf den Kopf, denn vieles muss für die Pflege vorbereitet und neu organisiert werden.

Damit pflegende Angehörige nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden, gibt es zahlreiche Gesetze zur Entlastung von pflegenden Angehörigen, die ihnen staatliche Hilfen gewähren, finanzielle Unterstützung bieten, helfen, mit den physischen und psychischen Belastungen der Pflege umzugehen, und sicherstellen, dass Angehörige trotz der Pflege ihrer Eltern oder Großeltern den Anschluss im Berufsleben nicht verlieren. Menschen, die einen nahen Angehörigen zu Hause pflegen, haben daher eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansprüchen und Rechten – angefangen von simplen Beratungsleistungen über finanzielle Hilfen und Unterstützung im Pflegealltag bis hin zum Recht auf Erholung.

Pflegeberatung und Schulungskurse

Zu den Leistungen der Pflegkassen gehören nicht nur reine Sachleistungen oder die Übernahme bestimmter Pflegekosten, sondern die Pflegekassen sind auch verpflichtet ihren pflegebedürftigen Versicherten sowie deren Angehörigen oder nahestehenden Personen eine individuelle Pflegeberatung anzubieten. Pflegende Angehörige haben daher neben zahlreichen finanziellen Ansprüchen zunächst einen Anspruch auf intensive Beratung durch die Pflegekasse. Für diese Pflegeberatung gibt es eigens ausgebildete und qualifizierte Pflegeberater und Pflegeberaterinnen. Zu ihren Beratungsleistungen gehört z. B. die Beratung zu Leistungen und Leistungsansprüchen (auf Wunsch zu Hause), die gemeinsame Erstellung eines individuellen Versorgungsplans, die Hilfe bei seiner Umsetzung und Fortschreibung, Unterstützung bei den bürokratischen Hürden (z. B. Ausfüllen von Anträgen) oder Hinweise auf sinnvolle Angebote und Leistungen der Pflegeversicherung zur Unterstützung und Entlastung der Angehörigen.

Neben der Pflegeberatung sollen die Pflegekassen seit Januar 2016 unentgeltliche Schulungskurse anbieten. Solche Kurse gab es auch vor der Gesetzesänderung im Januar, jedoch waren diese absolut freiwillige Leistungsangebote der Pflegeversicherung. Das hat sich nun geändert, sodass Schulungskurse im Regelfall auch zu den Pflichtleistungen der Pflegeversicherungen gehören. Angeboten werden diese Schulungskurse von verschiedenen Vereinen und Institutionen. Angehörige lernen bei solchen Schulungen verschiedene Mobilisierungs- und Lagerungsmethoden sowie rückenschonende Transfermethoden kennen und erhalten wichtige Hintergrundinformationen zu Ernährung, Vorbeugung, Hilfsmitteln, Rehabilitationsmaßnahmen, Pflegeversicherung und Recht.

Finanzielle Hilfen und Sachleistungen

Die Pflege von Angehörigen ist nicht nur sehr zeitintensiv, sondern kostet auch sehr viel Geld. So muss z. B. die Wohnung teilweise umgebaut werden, verschiedene Hilfsmittel für die Pflege angeschafft werden (z. B. Pflegebett, Badehilfen etc.) oder eine zusätzliche Pflegefachkraft beschäftigt werden. Pflegebedürftige haben daher eine Vielzahl unterschiedlicher Ansprüche.

Pflegegeld

Das Pflegegeld ist eine der bekanntesten finanziellen Leistungen der Pflegekassen, das gezahlt wird, wenn sich die pflegebedürftigen Versicherten selbst um ihre Pflege kümmern, indem sie sich etwa von Angehörigen pflegen lassen. Das Pflegegeld wird an den Pflegebedürftigen selbst ausgezahlt, der es dann als Anerkennung an seine pflegenden Angehörigen weitergeben kann. Wie hoch das Pflegegeld ist, hängt vom Schweregrad der Pflegebedürftigkeit ab. So unterscheidet man derzeit drei Pflegestufen, für die es zwischen rund 250 Euro und 730 Euro Pflegegeld gibt. Ab 2017 wird diese Differenzierung durch die Unterscheidung in fünf Pflegegrade ersetzt, wobei das Pflegegeld steigt und zwischen gut 300 Euro und knapp 900 Euro liegt.

Zuschuss für Umbauten

Häufig müssen in der Wohnung verschiedene Umbauten vorgenommen werden, damit der pflegebedürftige Angehörige zu Hause gepflegt werden kann. Hierzu gehören z. B. der Einbau eines Treppenlifts, die Verbreiterung einer Türbreite auf Rollstuhlmaß oder Badumbauten. Diese Umbauten werden von der Pflegekasse als Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds finanziell bezuschusst, wenn sie erforderlich sind, um die häusliche Pflege zu ermöglichen oder durch sie eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Notwendige Umbauten werden daher von der Pflegekasse mit bis zu 4000 Euro bezuschusst.

Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel

Krankenkasse und Pflegekasse übernehmen auch die Kosten für zahlreiche Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel. Hierzu gehören z. B. Pflegebetten, Bettpfannen, Waschsysteme, Rollstühle, Gehwagen, Halterungen in der Wohnung und vieles mehr. Ganz allgemein sind Pflegehilfsmittel Mittel, die den Alltag entlasten und nötig sind, um der Pflege einer bedürftigen Person nachzugehen. Für sie gibt es gesonderte Kataloge, die festlegen, was als Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel angesehen wird. Die Kosten für Pflegehilfsmittel übernimmt in der Regel die Pflegeversicherung, wobei aber eine Zuzahlungspflicht besteht. Zugezahlt werden müssen in der Regel zehn Prozent der Kosten, maximal aber 25 Euro. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist aber – wie so oft im Pflegebereich – ein entsprechender Antrag!

 Rente für Pflegepersonen

Um Angehörige zu Hause pflegen zu können, müssen der oder die Pflegenden häufig ihren Beruf aufgeben oder zumindest beruflich kürzer treten. Damit sich das nicht negativ auf ihre eigene Alterssicherung auswirkt, übernimmt die Pflegeversicherung des pflegebedürftigen Menschen teilweise die Beiträge zur Rentenversicherung. Voraussetzung dafür ist aber, dass man als Pflegeperson zählt. Das ist immer dann der Fall, wenn für die Pflege mindestens 14 Stunden wöchentlich aufgewendet werden. Ab 2017 wird die soziale Absicherung von Pflegepersonen in der Arbeitslosenversicherung, der Unfallversicherung und der Rentenversicherung weiter verbessert, sodass sich die Ansprüche der pflegenden Angehörigen deutlich ausweiten.

Unterstützung im Pflegealltag

 Um den Pflegealltag bewältigen zu können und die Pflege mit Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten. So kann man z. B. einen ambulanten Pflegedienst beauftragen oder den Angehörigen tageweise in eine Einrichtung geben. Bei der sog. Tagespflege kann der Angehörige z. B. morgens vom Pflegedienst abgeholt und abends wieder zurückgebracht werden. Je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für den Fahrdienst und die tageweise Unterbringung. Auch bei der Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst übernimmt die Pflegeversicherung abhängig von der Pflegestufe bzw. dem Pflegegrad einen Teil der Kosten.

Arbeitsrechtliche Freistellung und Reduzierung der Arbeitszeit

Um die Pflege eines nahen Angehörigen mit dem Beruf vereinbaren zu können, gibt es auch im Arbeitsrecht einige Regelungen für die Pflegebedürftigkeit von nahen Angehörigen eines Arbeitnehmers. So können Arbeitnehmer seit 2015 z. B. kurzfristig zehn Tage frei nehmen, um eine gute Pflege zu organisieren bzw. die pflegerische Versorgung in dieser Zeit zu gewährleisten. Es handelt sich hierbei aber nicht um einen bezahlten Urlaubsanspruch, sondern Arbeitnehmer werden lediglich für diese zehn Tage von ihrer Pflicht zur Arbeitserbringung befreit. Der Lohnausfall wird aber mit einem Pflegeunterstützungsgeld kompensiert, sodass der Lohnausfall für den betroffenen Arbeitnehmer nicht allzu schwer ins Gewicht fällt. Die Höhe dieser Entgeltersatzleistung beträgt wie beim sogenannten Kinderkrankengeld 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Dadurch erhalten Angehörige die Möglichkeit kurzfristig eine Pflege zu organisieren und sich um die notwendigen bürokratischen Schritte zu kümmern. Zu diesen Schritten gehört aber auch die Beantragung des Pflegeunterstützungsgelds.

Darüber hinaus haben pflegende Angehörige auch das Recht längerfristig in Pflegezeit zu gehen. So können sie sich z. B. für bis zu sechs Monate von der Arbeit freistellen lassen. Dabei handelt es sich um eine Freistellung, in der weiterhin Beiträge zur Sozialversicherung, aber kein Lohn mehr gezahlt wird. Alternativ besteht auch die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten (Pflegeteilzeit). Hierzu müssen die Arbeitsvertragsparteien aber eine Vereinbarung über die Reduzierung der Arbeitszeit treffen, wobei der Arbeitgeber die Pflegeteilzeit nur verweigern darf, wenn ihr dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

Recht auf Erholung

Ebenso wichtig wie die finanziellen Zuschüsse, Beratungen, Schulungen und die Hilfen im Alltag ist gerade für pflegende Angehörige der Anspruch auf Erholung. Die Pflege naher Angehöriger kostet viel Kraft und ist sowohl physisch als auch psychisch mit starken Belastungen verbunden. Pflegende Angehörige haben deshalb auch einen Urlaubsanspruch, um sich ein paar Tage entspannen zu können und neue Energie zu tanken. Insgesamt stehen pflegenden Angehörigen 28 Erholungstage zu. In dieser Zeit übernimmt eine hauptberufliche Pflegekraft die Pflege des Angehörigen. Die Kosten für diese in der Fachsprache Verhinderungspflege genannte Pflegeart übernimmt ebenfalls die Pflegekasse.

Foto(s): ©Fotolia.com/ Robert Kneschke

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