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Nebenkostenabrechnung - erst Guthaben, dann nachzahlen?

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Seit Jahren steigen die Nebenkosten. Flattert die Abrechnung ins Haus, heißt es meist nachzahlen. Umso erfreulicher daher, wenn die Nebenkostenabrechnung stattdessen ein Guthaben aufweist. Dessen vorbehaltlose Auszahlung setzt jedoch keinen Schlussstrich unter die Rechnung. Mieter müssen neben der Rückforderung des Guthabens sogar Nachzahlungen befürchten. Vermietern drohen umgekehrt aber auch Nachforderungen durch Mieter. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, nennt aber auch Grenzen dafür in seinem Urteil.

Frühere Rechtsprechung aufgegeben

Vor der Mietrechtsreform des Jahres 2001 vertraten die Gerichte noch überwiegend folgende Linie: Guthaben, das ein Vermieter vorbehaltlos seinem Mieter ausgezahlt hat, konnte er später nicht zurückfordern. Abrechnungsfehler gingen zu Lasten des Vermieters. Allerdings konnten Vermieter sich damals auch wesentlich länger für die Abrechnung Zeit lassen. Währenddessen auflaufende Nebenkosten rissen bei betroffenen Mietern so nicht selten auf einen Schlag ein tiefes Loch in den Geldbeutel.

Ausschlussfristen bei der Wohnungsmiete

Dieses Szenario versuchte die bereits erwähnte Mietrechtsreform mittels sogenannter Ausschlussfristen zumindest bei der Wohnungsmiete zu verhindern. Vermieter, die selbst verschuldet einem Mieter die Abrechnung erst mehr als zwölf Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen, können nun nichts mehr nachfordern. Das gilt auch, wenn Vermieter erst nach Ablauf der Frist Abrechnungsfehler bemerken. Zahlt der Mieter doch, kann er das Gezahlte zurückfordern.

Allerdings müssen auch Mieter eine Ausschlussfrist beachten. Einwendungen gegen die Abrechnung sind dem Vermieter innerhalb von zwölf Monaten nach deren Erhalt mitzuteilen. Ein für den Mieter nachteiliges Abweichen von diesen Abrechnungs- und Einwendungsfristen ist im Übrigen unzulässig. All das soll für einen möglichst zeitnahen Abschluss der Abrechnung sorgen.

Fristen geben Mietparteien Zeit für Korrekturen

Die Fristen sorgen nach Ansicht der Gerichte aber auch für mehr Klarheit bei der Abrechnung. Vermieter und Mieter hätten nun einen zeitlichen Rahmen, der ihnen Zeit für Korrekturen gebe. Diesen müssten sie daher auch nutzen können. Die starre Ansicht, mit einer Zahlung sei alles vorbei, lehnt die Rechtsprechung daher für die Wohnraummiete, bei der die Ausschlussfristen gelten, inzwischen ab. Ein vom Vermieter ausgezahltes Guthaben ist im Rahmen der Frist noch nicht endgültig, sofern er sich mit dem Mieter noch nicht darüber geeinigt hat und er den Fehler noch vor Ablauf der Ausschlussfrist korrigiert.

Auch bei der Gewerbemiete möglich

Da die Ausschlussfristen laut BGB nur für die Wohnungsmiete gelten, sah die Rechtsprechung dies bei der Gewerbemiete jedoch anders. Einen vergleichbaren Schwebezustand lasse die dort länger dauernde Verjährung nicht zu. Sonst drohten im Bereich der Gewerbemiete noch Jahre später Nachforderungen. Ein Vermieter von Geschäftsräumen unterlag daher zunächst zweimal vor Gericht, bevor ihm der BGH in der Revision jedoch Recht gab.

Mit seiner Klage wollte der Vermieter knapp 425 Euro von seinem Mieter - 50 Euro Guthaben, die er dem Mieter bereits ohne Vorbehalt aufgrund einer ersten fehlerhaften Betriebskostenabrechnung ausgezahlt hatte, sowie 375 Euro als Nachzahlung, weil der Vermieter eine Grundsteuerzahlung bei der ersten Abrechnung vergessen hatte. Der Mieter verweigerte die Rückzahlung.

Für den BGH reichte die vorbehaltlose Auszahlung des Guthabens jedoch nicht aus. Der Vermieter habe damit noch keine Schuld anerkannt. Die bloße Zahlung einer Rechnung stelle auch außerhalb des Mietrechts noch kein Schuldanerkenntnis dar. Denn dafür ist auch ein Verhalten der Gegenseite nötig, die auf dessen rechtsverbindliche Annahme schließen lässt. So kann ein Mieter mit der Erstattung auch unzufrieden sein, weil sie etwa zu gering ausfällt. Da dies grundsätzlich auch umgekehrt gilt, ist auch die Rückforderung vorbehaltloser Nachzahlungen vonseiten eines Mieters möglich.

Ohne weitere Anzeichen bleiben Zahlungen unverbindlich

Dieser Schwebezustand hat jedoch Grenzen. Der BGH fordert dafür Anzeichen, die auf ein gegenseitiges Einverständnis schließen lassen. Diese können sich beispielsweise aufgrund eines zuvor beigelegten Streits zwischen den Mietparteien über die Abrechnung ergeben, nach dem erst die Zahlung erfolgte. Auch die vorherige Verständigung über eine Ratenzahlung oder Stundung sprechen für eine Zahlung mit Rechtsbindungswillen aller Beteiligten. Nach erfolgter Zahlung kann das Gegenüber nicht zuletzt ausdrücklich den Verzicht auf eventuelle Einwände erklären. Solange aber nur die Zahlung vorliegt, schließt diese mangels Rechtsverbindlichkeit das Erheben von Einwendungen nicht aus.

Im Übrigen soll aber auch bei der Gewerbemiete eine zeitnahe Abrechnung erfolgen. So verlangt der BGH auch bei der Gewerbemiete, dass Vermieter ihren Mietern innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung mitteilen. Da anders als bei der Wohnraummiete hierfür kein Verbot besteht, können die Mietvertragsparteien allerdings längere Zeiträume vereinbaren. Im Übrigen droht der Ausschluss gegenseitiger Nachforderungen hier aber erst gemäß der im Gewerbemietrecht geltenden Verjährung. Auch eine Verwirkung durch entsprechendes Verhalten des Gegenübers ist möglich. Dies schließt jedoch spätere Korrekturen nicht generell aus, solange jedenfalls noch keine rechtsverbindliche Einigung der Mietvertragsparteien über die Betriebskostenabrechnung besteht.

 

(BGH, Urteil v. 10.07.13, Az.: XII ZR 62/12)

(GUE)

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